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„Musste mir die Kniescheibe wieder reindrücken“Kölner Ordnungsamts-Mitarbeiter nach Angriff wochenlang dienstunfähig

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes erinnern Passanten an die Maskenpflicht.

Mitarbeitende des Ordnungsamtes kontrollieren 2021 die Maskenpflicht.

Städtische Mitarbeitende werden regelmäßig angegriffen. Ein Mitarbeiter erzählt von einem Vorfall, durch den er sieben Wochen lang dienstunfähig war.

27 Übergriffe auf städtische Mitarbeitende (Stand: 10. Mai) hat es in diesem Jahr bereits gegeben. 18 im ersten Quartal, im April und Mai seitdem noch einmal neun. Übergriffe, damit sind keine Beleidigungen oder hitzigen Gespräche gemeint. Die Stadt erfasst darunter Vorfälle ab Stufe 2 des sogenannten Aachener Modells. Es geht also um Bedrohung, Nötigung, Gewalt, Einsatz von Waffen.

2022 hat es insgesamt 75 Übergriffe auf städtische Mitarbeitende gegeben, 2023 entwickeln sich die Zahlen bislang ähnlich. Hinter den abstrakten Zahlen stehen Vorfälle wie der den Danny, 29, Mitarbeiter beim Ordnungsamt, erlebt hat. Wir schreiben hier nicht seinen vollständigen Namen, um Anfeindungen zu vermeiden. Danny ist seit rund drei Jahren beim Ordnungsamt, arbeitete vorher als Konditormeister. Nun ist er Teil der Dienstgruppe 13, die den Bereich Alter Markt und Heumarkt, sowie rund um dem Dom und den Hauptbahnhof abdeckt.

Mitarbeitende des Kölner Ordnungsamts werden häufig angegriffen

So auch am Abend des 6. Januar dieses Jahres, ein Freitag. Danny war mit seinen Kollegen am Breslauer Platz unterwegs, als ihnen gegen 21.30 Uhr eine Gruppe von 15 bis 20 Jugendlichen auffiel. „Sie haben sehr laut Musik aus einer großen Box gehört, was nicht erlaubt ist. Wir sind dann auf die Gruppe zugegangen, wir waren zu fünft. Zwei Kollegen leiteten die Maßnahme, wie es bei uns heißt, und haben den Jugendlichen mit der Box angesprochen. Wir anderen drei haben den Rest der Gruppe vom Geschehen abgeschirmt und uns mit dem Rücken zu den Kollegen gestellt“, sagt Danny.

Während sich der Jugendliche mit der Musikbox kooperativ gezeigt habe, sei einer seiner Freunde allerdings immer wieder auf Danny und seine Kollegen zugelaufen, habe sie als „Staatsdiener“ und „Hurensöhne“ beschimpft. Kurz sei er sogar mit einer Bierflasche in der Hand auf sie zugelaufen, die ihm ein Freund dann aber noch abgenommen habe. Danny und seine Kollegen wollten wegen Störung einer Amtshandlung dann die Personalien aufnehmen, doch den Ausweis habe er nicht dabei, so der Störer.

Sieben Wochen dienstunfähig

„Daraufhin wollten wir ihn untersuchen. Er wollte weglaufen, deshalb haben wir ihn im Hauptbahnhof an die Wand vor einem Geschäft gedrückt. Ich stand links von ihm, mein Standbein war vorn. Er hat um sich geschlagen und getreten, und dabei mein Knie getroffen. Mir ist die Kniescheibe rausgesprungen, die ich mir vor Ort dann selbst wieder reingedrückt habe, weil ich meine Kollegen in dem Moment nicht im Stich lassen wollte“, sagt Danny. Die Bundespolizei schaltete sich ein, nahm den jungen Mann mit auf die mobile Wache am Breslauer Platz und schrieb Anzeigen wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

„Für mich endete der Abend im Krankenhaus“, sagt Danny. Am Montag bekam er beim Orthopäden eine Schiene, der geplante Urlaub fünf Tage später fiel flach. „Ich war sieben Wochen dienstunfähig, hatte immer wieder Arzttermine, kann wegen des Knies bis heute keinen Extremsport ausüben“, so der Ordnungsamtsmitarbeiter. Es sei der siebte Übergriff in drei Jahren auf ihn gewesen. 2022 hat Innenministerin Nancy Faeser eine Studie vorgestellt, die sich mit Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst beschäftigt.

Jeder vierte im öffentlichen Dienst hat schon Gewalt erlebt

Demnach hat jeder vierte Beschäftigte bereits Gewalt erlebt, bei Feuerwehr, Rettungskräften, Justizvollzug und auch dem Ordnungsamt ist es sogar jeder Dritte. Die Stadt spricht davon, dass die Zahlen „steigend bis stagnierend auf einem hohen Niveau“ sind. Deutliche Ausschläge sind jeweils zu Corona-Hochzeiten zu erkennen. „Während der Pandemie war es meinem Gefühl nach am schlimmsten“, sagt auch Danny. Das habe viel mit Verstößen gegen die Maskenpflicht zu tun gehabt.

„Aber jetzt gibt es noch Nachwirkungen. Der Trotz bei vielen Leuten ist geblieben, sie verweigern immer häufiger, ihre Personalien rauszugeben. Und die Hemmschwelle ist gesunken. Mehr Menschen werden immer häufiger körperlich, gerade jüngere Leute. Wir werden auch viel beleidigt“, erzählt er. „Aber das nehme ich nicht mit nach Hause. Ich weiß, dass das gegen meine Uniform, nicht gegen mich geht.“