Fünf Monate saß eine Kölnerin offenbar unschuldig in Untersuchungshaft.
„Schlampig geführte Ermittlungen“„Uber“-Kundin nach U-Haft von Raubvorwurf freigesprochen
Der Strafprozess um einen vermeintlichen räuberischen Angriff auf einen „Uber“-Fahrer hat vor dem Landgericht Köln eine 180-Grad-Wende erfahren. Angeklagt war eine 36-jährige Kölnerin, die mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte. Die Verhandlung ergab: Die Vorwürfe haben sich nicht bestätigt, vielmehr war offenbar die Kundin das Opfer. Die Frau wurde freigesprochen.
Anklage sprach von Raubversuch an „Uber“-Fahrer
Die Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagten vorgeworfen, sich während einer Fahrt mit dem Transportvermittler „Uber“ nach Ehrenfeld abgeschnallt und dem Fahrer dann völlig unvermittelt gegen den Kopf getreten zu haben, sodass dieser mit dem Gesicht auf das Lenkrad geprallt sei. Beinahe sei das Auto daraufhin mit einer Gruppe von Fahrradfahrern zusammengestoßen.
„Gib mir die Tasche“, habe die Kundin dann gerufen und dem Fahrer das Handy aus der Hand geschlagen, als dieser die Polizei rufen wollte. Schon beim Prozessauftakt hatte die Frau den Sachverhalt völlig anders geschildert. Vielmehr sei es zum Streit um die Bezahlung der Fahrt gegangen. Die Kundin hatte per App die Option Barzahlung gewählt, hatte aber gar kein Geld dabei.
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Köln: „Uber“-Kundin wurde ebenfalls verletzt
Bereits während der Fahrt soll die Kundin den Fahrer gebeten haben, ihr Geld vorzustrecken, um zwischendurch bei einem Imbiss eine Suppe für einen Bekannten zu kaufen. Der würde ihr das Geld später zahlen, wie auch den Fahrpreis. Offenbar war die Situation im „Uber“-Fahrzeug danach eskaliert. So habe die Frau panisch geschrien, weil sie sich im Auto eingesperrt fühlte und es sei zum Gerangel gekommen.
Dabei soll der Fahrer der Kundin – womöglich versehentlich – auch sein Handy ins Gesicht geschlagen und diese so an der Lippe verletzt haben. In der Anklage tauchte dieses wichtige Detail zur Beurteilung des Gesamtzusammenhangs nicht auf. Die Polizei soll zwar Fotos von den Verletzungen der Beschuldigten gemacht haben, zur Akte gelangten diese aber erst im Laufe des Strafprozesses.
Kölner Anwalt spricht von schlampig geführten Ermittlungsverfahren
Ebenso war untergegangen, dass die Angeklagte am Tattag auch selbst die Polizei gerufen hatte. Verteidiger Marc Donay spricht von einem „schlampig geführten Ermittlungsverfahren“. Der Polizeieinsatz sei zunächst unter dem Stichwort „Zahlungsschwierigkeiten“ gelaufen und dann zum „räuberischen Angriff auf Kraftfahrer“ hochgestuft worden. Darauf stehen mindestens fünf Jahre Haft.
Der Freispruch sei folgerichtig und gerecht, so Donay, allerdings habe seine Mandantin fünf Monate unschuldig in Untersuchungshaft gesessen. Dafür wird sie laut Gericht entschädigt. Von einer möglichen bewussten Falschaussage des „Uber“-Fahrers war bei der Urteilsverkündung keine Rede. So erscheint es möglich, dass dieser die Situation im Fahrzeug wie geschildert wahrgenommen hat.