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„Meilenstein für Kulturgeschichte Kölns“Unesco erklärt Limes zum Welterbe

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Das Praetorium unter dem Rathaus

Das Praetorium unter dem Rathaus als Teil des Limes ist nun Weltkulturerbe.

Köln – Köln hat es ein zweites Mal geschafft: Wir sind Weltkulturerbe. Am Dienstag haben die 21 Mitgliedsstaaten des Unesco-Welterbekomitees auf ihrer Online-Konferenz den Niedergermanischen Limes zum Weltkulturerbe erklärt. Und weil auch und gerade die „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“ ein bedeutender Teil des rund 400 Kilometer langen sogenannten „nassen Limes“ war, darf sich Köln – gemeinsam mit anderen Römerstädten wie Neuss oder Bonn – mit der weltweit begehrten Auszeichnung schmücken. Konkret heißt das: Das römische Praetorium, das Deutzer Römerkastell Divitia und das Flottenlager „Alteburg“ rangieren in derselben Liga wie die Pyramiden von Giseh, das Taj Mahal und die Terrakotta-Armee von Xian.

Ein Grund zur Freude allenthalben: Oberbürgermeisterin Henriette Reker erfüllt es „mit Stolz, denn ich bin mir der herausragenden Bedeutung unseres antiken Erbes entlang des Rheins bewusst.“ Gerade in einer pulsierenden Millionenstadt wie Köln gelte es, die Erinnerung an die römischen Ursprünge aufrecht zu erhalten und deren Zeugnisse dauerhaft zu bewahren. „Dabei wird diese Auszeichnung durch die Unesco helfen.“ Für Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums ist der Titel „zweifellos ein Meilenstein für die Archäologie und Kulturgeschichte Kölns“.

Und für Thomas-Georg Tremblau vom Förderverein Historischer Park Deutz ist es „eine großartige Sache für unser Veedel und für ganz Köln, die wir natürlich feiern sollten“. Barbara Schock- Werner, Vorsitzende des Förderverein Römische Stadtmauer, schien das Unesco-Votum vorausgesehen zu haben: „Schon die Gutachten waren eindeutig positiv. Ich war eigentlich immer davon überzeugt, dass das klappt.“

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„Ein bedeutsamer Tag für Nordrhein-Westfalen“

Die drei Römerstätten werden im Rahmen eines sogenannten „seriellen Welterbes“ ausgezeichnet. Gemeinsam beworben haben sich die Niederlande, Rheinland-Pfalz und NRW. Der Obergermanisch-Raetische Limes ist bereits Welterbe. Für den Donau-Limes stand gestern das Votum noch aus. Mit der Auszeichnung wird vor allem das langjährige Engagement insbesondere der Archäologen des Landschaftsverbandes Rheinland belohnt. Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung , gratuliert und bedankt sich. Es sei ein „bedeutsamer Tag für Nordrhein-Westfalen“. Die Auszeichnung zeige, über welchen historisch-kulturellen Schatz NRW verfüge.

Vor 2000 Jahren war der so genannte Niedergermanische Limes eine der wichtigsten Außengrenzen des gewaltigen Römischen Imperiums. Er führte entlang des ehemaligen Rheinlaufs zwischen der Nordsee bei Katwijk in den Niederlanden und der Einmündung des Vinxtbaches bei Bad Hönningen-Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz. 30 000 Soldaten waren hier stationiert, in Kastellen, Wachttürmen, Legionslagern. Das Praetorium unter dem Kölner Rathaus war Sitz des obersten Militärchefs der Provinz, im Deutzer Römerkastell und im Flottenlager im heutigen Stadtteil Marienburg waren die Legionäre stationiert.

Großteil der Limes-Stätten verbirgt sich tief unter der Erde

Welche Kriterien muss eine Stätte erfüllen, um als Welterbe ausgezeichnet zu werden? Es muss einzigartig, herausragend und von außergewöhnlichem universellem Wert. Der Kölner Dom erfüllte für die Unesco bereits 1996 die Welterbe-Kriterien. Beim Niedergermanischen Limes wird das Unesco-Komitee jedoch nicht wenig Mühe gehabt haben, diese Prädikate zu finden, denn „herausragend“ ist so gut wie keine der Limes-Stätten – im Gegenteil, ein Großteil liegt als Bodendenkmal tief in der Erde.

Von der 142 Meter langen Festungsmauer des Römerkastells Divitia im rechtsrheinischen Deutz, im Jahr 315 in Anwesenheit von Kaiser Konstantin I. eingeweiht, sind nur Reste vorhanden. Die Pflasterung zeichnet auf dem Rheinboulevard den Verlauf der Kastell-Nordmauer nach. Die Grundmauern des spätantiken Osttors sind aufgedeckt. Ein Bronzemodell zeigt die „Porta Praetoria“ neben dem LVR-Haus. Gestiftet wurde es vom Förderverein Historischer Park Deutz, der auch das Modell des Kastells auf dem archäologischen Balkon des Rheinboulevards aufstellen ließ.

Der Verein vermittelt in 90-minütigen Führungen Deutzer Archäologie und Geschichte. Vom römischen Flottenlager „Alteburg“ sind oberirdisch überhaupt keine Reste zu sehen, alles liegt versiegelt unter Gärten und Häusern in Marienburg. Und auch für das Praetorium muss sich der Besucher in den Keller des Rathauses begeben, wo ihn ab 2024 der neue Parcours der Archäologischen Zone erwartet.

Rad- und Wanderweg geplant

Der Unesco-Titel macht jede Stätte zu einem touristischen Hotspot. Die Frage ist nur: Wie soll das neue Limes-Welterbe präsentiert werden, wenn so wenig davon zu sehen ist? Denn neben dem Schutz der Denkmäler verpflichtet der Titel zur öffentlichkeitswirksamen Vermittlung der Welterbestätten.

Konkret sei die Ausarbeitung eines „Limesrad- und Wanderweges“ mit einheitlichen Informationstafeln in Arbeit, erklärt Erich Claßen, Amtsleiter LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland. Der LVR-Archäologische Park in Xanten baue einen neuen Ausstellungspavillon zum Niedergermanischen Limes. Das LVR-Landesmuseum Bonn werde ihn in der neuen Dauerausstellung stärker thematisieren. Und Köln?

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Im Rahmen der neuen Historischen Mitte, der Via Culturalis und der neuen Archäologischen Zone mit der „MiQua“ werden Praetorium und auch das römische Hafentor am Kurt-Hackenberg Platz touristisch aufgewertet. Aber auf das begehbare Erlebnis wird man noch Jahre warten müssen. Für Barbara Schock-Werner, Vorsitzende des Fördervereins Römische Stadtmauer, aber ist auch klar, „dass die Stadt jetzt auch international in der Pflicht steht, die römische Stadtmauer zu sanieren und ansprechend zu präsentieren“. Denn natürlich ist die Römermauer integraler Teil des Limes. Dass sie nicht namentlich Teil der Bewerbung wurde, dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass die Mauer in weiten Teilen in einem für die Unesco völlig inakzeptablen Zustand ist.

Da seien jetzt Stadt und Land umso dringlicher gefordert, so Schock-Werner. Für die Restaurierung des Römerturms und der Mauer am Mühlenbach brauche es mehr Geld, auch vom Land und vom Bund – das sei man einem Unesco-Welterbe mehr denn je schuldig. „Aber ich glaube, das haben alle verstanden.“