Köln – Die Stellungnahmen wurden verschickt, alle Fragen der Unesco-Gutachter beantwortet. „Die Bewerbung um Aufnahme der römischen Grenzanlagen am Rhein in das Weltkulturerbe läuft nach Plan“, sagt Steve Bödecker vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege in Bonn. Hieß es im vergangenen Jahr zwischenzeitlich noch, der Antrag werde erst 2022 behandelt, sei längst klar, dass dieses Jahr schon entschieden wird. Auf der 44. Sitzung des Welterbekomitees im chinesischen Fuzhou, die vermutlich im Juli stattfinden wird.
Im vergangenen Jahr war das Treffen wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. „Aber ich bin zuversichtlich, dass es diesmal klappt“, so Bödecker: „China scheint mir sehr gewillt, wieder Normalität zu zeigen. Und zahlreiche der Besprechungen könnten ja auch im Videocall erledigt werden.“ Die Vorbereitungen jedenfalls würden auf Hochtouren laufen.
Römischer Grenzwall hatte 385 Kilometer
Den Antrag auf Eintragung des Niedergermanischen Limes ins Unesco-Register haben die Niederlande sowie die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gemeinsam gestellt. Die Wälle sicherten eine der wichtigsten Grenzen des Römischen Reiches. 385 Kilometer, etwa 220 davon in NRW, reichten sie von Remagen bis Katwijk an der Nordsee und bestanden mehr als 400 Jahre.
An der damaligen Außengrenze des Römischen Reichs zu Germanien waren vor etwa 2000 Jahren bis zu 30.000 Soldaten stationiert. Weil die Anlagen sich am Verlauf des Rheines orientierten, ist auch vom „nassen Limes“ die Rede.
Archäologische Überreste in 19 NRW-Kommunen
Allein in NRW gibt es in 19 Kommunen archäologische Überreste. Beispielsweise in Duisburg, Moers, Neuss, Monheim, Wesel, Krefeld oder Kalkar haben die Römer sichtbare Spuren hinterlassen – etwa in Form von Militäranlagen, Heiligtümern oder Alltagsgegenständen. In Xanten ist eine ganze Siedlung als Bodendenkmal erhalten und kann im Archäologischen Park besichtigt werden.
Mit dem Praetorium am Rathausplatz – Statthalterpalast und Zentrum römischer Herrschaft am Rhein – der spätantiken Festung „Divitia“ in Deutz und dem Flottenkastell „Alteburg“ in Marienburg hat auch die Stadt Köln drei Bodendenkmäler in die Bewerbung um den Welterbestatus eingebracht. Er sei „sehr zuversichtlich“, dass der Antrag erfolgreich sein wird, sagt Professor Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums. „Auch künftige Generationen werden sich der herausragenden Bedeutung unseres antiken Erbes in den Landschaften beiderseits des Rheins bewusst sein.“
Kölner Präetorium war Statthalter-Sitz
Und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker fügt hinzu, die Nominierung für die Unesco-Liste zeuge „von der herausragenden historischen Bedeutung Kölns, die als einzige Millionenstadt auf zwei Jahrtausende Stadtgeschichte zurückblicken kann“.
Das Praetorium in Köln war der Sitz des Statthalters der Provinz Niedergermanien und damit das administrative Zentrum der Region. Es bestand bis zum 5. Jahrhundert, wurde in nachrömischer Zeit Sitz der rheinfränkischen Könige. Es gilt als der archäologisch am besten untersuchte Statthalterpalast im römischen Reich, das in Zeiten seiner größten Ausdehnung mindestens fünf Millionen Quadratkilometer und 40 Provinzen umfasste.
Auch das jüdische Viertel soll Welterbe werden
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) und die Stadt haben außerdem beantragt, auch das mittelalterliche jüdische Viertel unter dem Rathausplatz in die Welterbeliste aufzunehmen – worüber in diesem Jahr aber nicht entschieden wird. Das Praetorium und das jüdische Viertel sind beide Teil der Archäologischen Zone, die so ausgebaut wird, dass dort in Zukunft ein unterirdischer Rundgang möglich sein wird.
Auf dem darüber liegenden Teil des Rathausplatzes entsteht zudem ein Jüdisches Museum, das die Stadt zurzeit bauen lässt und das der LVR betreiben wird.
Das Flottenlager Alteburg im Kölner Stadtteil Marienburg
Das Flottenlager „Alteburg“ im heutigen Köln-Marienburg war die große Marinestation, mit der die Grenze zwischen dem Mittelrhein und der Nordseeküste gesichert wurde. Seit dem 1. Jahrhundert nach Christus waren dort mehrere tausend Marinesoldaten stationiert.
Das Lager bestand bis zum 3. Jahrhundert nach Christus. Große Teile der archäologischen Fundstelle sind in den Gärten und im Straßenbereich des Villen-Vorortes Marienburg erhalten. Das Lager hatte eine Größe von rund 70.000 Quadratmetern und war von einer Wehrmauer umgeben.
1000 Soldaten im Kastell „Divitia Deutz“
Das Brückenkopfkastell Köln-Deutz entstand Anfang des 4. Jahrhunderts im Auftrag von Kaiser Konstantin. Etwa zeitgleich wurde die erste feste Rheinbrücke errichtet. Das mächtige Kastell hatte die Aufgabe, das rechtsrheinische Vorfeld der römischen Stadt zu sichern. In der circa 18.000 Quadratmeter großen Festung waren wohl 500 bis 1.000 Soldaten stationiert.
Das Kastell „Divitia Deutz“ war Bestandteil einer ganzen Kette von Kastellen, die in spätrömischer Zeit zur Sicherung der Rheingrenze errichtet wurden. Die Besonderheit des Geländes am Deutzer Rheinufer beruht auf Funden, die nicht nur die römische Epoche betreffen, sondern auch mittelalterliche Relikte wie Reste der alten Kirche St. Urban oder des ersten Deutzer Pfarrfriedhofs.
Der Kölner Dom ist schon dabei: Bisher fünf Welterbe-Stätten in NRW
46 Welterbe-Stätten gibt es in Deutschland bislang. Nordrhein-Westfalen hat bislang fünf davon: den Aachener und den Kölner Dom, die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl bei Bonn, die Zeche Zollverein in Essen und Schloss Corvey in Höxter.
Ausstellungen: 500 Jahre Römer in NRW
NRW erweckt in einer großen Archäologischen Landesausstellung die römische Geschichte des Landes wieder zum Leben. Von September 2021 bis Oktober 2022 seien Aktionen geplant, teilte das NRW-Heimatministerin mit. Unter dem Titel „Roms fließende Grenzen“ machen sechs Museen in Detmold, Xanten, Bonn, Haltern am See und Köln mit spektakulären Neufunden, Modellen und Aktionen den Alltag in der Provinz Niedergermanien lebendig. „Ob durch Städte, Straßen oder Bauten – knapp 500 Jahre haben die Römer NRW geprägt“, erklärte Heimatministerin Ina Scharrenbach. Infos zu den Ausstellungen unter www.roemer.nrw (det)
Die Aufnahme des Limes in die Liste soll eine Lücke zwischen zwei bereits geschützten Abschnitten schließen - dem Obergermanisch-Raetischen Limes südlich von Bonn sowie dem Hadrianswall und Antoninuswall in Großbritannien, die bereits seit 1987 Teil der anerkannten transnationalen UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches“ sind.