Köln/Istanbul – Das oberste türkische Gericht hat das Urteil gegen die Kölner Sängerin Hozan Canê aufgehoben. Canê war im November 2018 wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK, die als Terrororganisation gilt, zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Wie aus ihrem Familienkreis zu erfahren war, wird Canês Fall ab dem 6. August neu verhandelt. Vorgeworfen werde ihr jetzt nur noch „Propaganda für eine verbotene Organisation“.
Der 49-Jährigen wird zur Last gelegt, in einem Spielfilm eine Kämpferin einer kurdischen Miliz dargestellt und regimekritische Beiträge im Internet verbreitet zu haben. Festgenommen worden war Canê am 23. Juni 2018, nachdem sie den Wahlkampf der kurdischen HDP unterstützt hatte. Ihre Familie hofft, dass sie bald nach der Verhandlung im August freigelassen wird und nach Deutschland zurückkehren kann. Schon am 16. Juni wird vor einem Istanbuler Gericht Anklage gegen Hozan Canês Tochter Dilan Örs erhoben.
Kölner Bundestagsabgeordnete verfassen Schreiben für Dilan Örs
Örs war am 25. Mai 2019 in die Türkei gereist, um ihre inhaftierte Mutter zu besuchen. Sie wurde am Flughafen festgenommen und einen Tag später gegen Auflagen freigelassen. Momentan steht sie in der Türkei unter Hausarrest. Wie ihre Anwältin Ayse Celik mitteilt, hätten drei türkische Gerichte eine Anklage gegen Örs abgelehnt, bevor ein viertes sie zuließ. Zur Last gelegt wird ihr die Teilnahme an einer prokurdischen Veranstaltung in Köln im Jahr 2012. In Deutschland war ein Ermittlungsverfahren umgehend eingestellt worden.
Für die wie ihre Mutter in Köln wohnhafte Dilan Örs haben Oberbürgermeisterin Henriette Reker und die neun Kölner Bundestagsabgeordneten ein Solidaritätsschreiben verfasst, das Ratsmitglied Jörg Detjen (Die Linke) und Anke Brunn, Staatsministerin a.D., angeregt hatten.
Rolf Mützenich, Karl Lauterbach (SPD), Heribert Hirte, Gisela Manderla und Karsten Möhring (CDU), Sven Lehmann, Katharina Dröge (Grüne), Reinhard Houben (FDP) und Matthias Birkwald (Linke) bitten in dem Brief an Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, Örs „umgehend die Heimkehr zu ermöglichen, nicht zuletzt, damit sie hier ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der sozialpädagogischen Familienhilfe fortsetzen kann“. Örs die Rückkehr nach Deutschland vorzuenthalten, bedeute „nicht nur eine Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, sondern auch eine nicht zu begründende Bestrafung durch wirtschaftliche Existenzvernichtung“.