Im Prozess um einen ermordeten Rocker überschlugen sich nun im Landgericht Köln die Ereignisse.
Wirbel im Kölner Kopfschuss-ProzessGesuchter Mordverdächtiger meldet sich aus der Türkei

Der Tatort im Böcking-Park in Köln-Mülheim
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Im laufenden Strafprozess um den Mord an einem früheren „Hells Angels“-Rocker hat sich am Freitag im Landgericht der mutmaßliche Anstifter zu Wort gemeldet und alle Vorwürfe bestritten. Entlasten soll den Angeklagten auch einer der mutmaßlichen Schützen, der nach dem Verbrechen in die Türkei geflohen war. Für eine Aussage in Köln würde der Richter diesem sogar freies Geleit gewähren.
Köln: Angeklagter streitet vorgeworfenen Auftragsmord ab
Vor rund einem Jahr wurde Eren Y. (35) in Mülheim mit einem Kopfschuss getötet. Beschuldigt sind dessen ehemalige „Hells Angels“-Kollegen Marco C. (27) und Emre U. (31), die sich beide in die Türkei abgesetzt haben sollen. Die Freundin von Marco C. hatte im Landgericht bekundet, dass dieser kurz zuvor von einem „Job“ gesprochen habe, den er für den Angeklagten Hami S. (27) erledigen müsse.
Er habe keinen Mordauftrag erteilt und auch keinen zu einer „Abreibung“, von der ein Zellengenosse von Hami S. vor Gericht aus einem angeblichen Gespräch in der JVA Ossendorf berichtet hatte, sagte der Angeklagte. S. erzählte, dass er und das spätere Opfer Eren Y. nach der Auflösung des Hells-Angels-Charter „Rhine Area“ die Kutte abgelegt und auf ein weiteres Rockerdasein verzichtet hätten.
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Gesuchter Mordverdächtiger will Angeklagten entlasten
Die Auswertung von Handyverbindungen belastet den Angeklagten ebenfalls. So hatte dieser vor und nach dem Mord mit dem Verdächtigen Emre U. telefoniert. Der mutmaßliche Auftraggeber sagte nun vor Gericht aus, dass er mit dem Mann befreundet sei und sich zum Fußballgucken verabredet habe. Dann habe dieser plötzlich zum Flughafen gebracht werden wollen, „weil es der Oma schlechtgeht“.

Der Angeklagte Hami S. (27) begrüßt seinen Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.
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Emre U. ist es nun auch, der den Angeklagten vom Vorwurf der Anstiftung entlasten möchte. So hatte dieser von der Türkei aus Kontakt zum Verteidiger von Hami S. aufgenommen. Der Anwalt sagte am Freitag, dass U. auch bekunden wolle, „dass Marco der Todesschütze war“, die Schüsse für ihn überraschend gekommen seien. U. fürchte, dass mit Hami S. „ein Unschuldiger verurteilt wird“.
Kölner Richter sicherte freies Geleit für Verdächtigen zu
Nachdem der Verteidiger die Vernehmung des Mordverdächtigen Emre U. förmlich beantragt hatte, setzte sich der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg mit dessen Anwalt in Verbindung. Trotz der Zusicherung, dass er in Deutschland nicht verhaftet würde und unbehelligt wieder in die Türkei zurückreisen dürfe, wolle U. nicht persönlich als Zeuge im Landgericht erscheinen, so der Richter.
Auch die Reisekosten hätte das Gericht für den Mordverdächtigen übernommen. Nun will Richter Hengstenberg prüfen, ob eine Aussage per Videotelefonie realisiert werden kann. Hier könnte Emre U. laut Verteidigung auch bekunden, dass der mutmaßliche Todesschütze und das Opfer in gemeinsame Drogengeschäfte verwickelt gewesen seien. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.