Es ist ein deutlicher Unterschied zwischen Gästen, die als Touristen in der Stadt sind, und den Kölnerinnen und Kölnern zu spüren, sagen Köbesse.
Köbes im BrauhausWarum die Gäste in Köln mit dem Trinkgeld geizen
Die Sonne strahlt erbarmungslos auf den Heumarkt. Besucher laufen durch die Gassen, Kinder spielen auf dem Kopfsteinpflaster und nicht wenige kehren zur Abkühlung in den Brauhäusern in der Altstadt ein. Die Terrassen sind voll besetzt und das Bier fließt. Was würden die Gäste nur ohne die Köbesse und Köbinen machen, die sie umsorgen? Aber viele der fleißig Arbeitenden schauen bei Schichtende mit wachsender Besorgnis in ihr Portemonnaie. Das Trinkgeld wird immer weniger, obschon die Beschäftigten in der Gastronomie gerade darauf besonders angewiesen sind.
„Die Trinkgeldsituation wird momentan schlechter, das merkt man schon, auch wegen der Inflation“, berichtet Angelina Gromann. Die 21-Jährige ist seit einem Jahr Köbine im Brauhaus „Gilden im Zims“ am Heumarkt. Gromann liebt ihren Job: „Wenn ich hier hinkomme, ist es wie Urlaub für mich“, sagt sie lachend. Und doch beobachtet sie einen deutlichen Rückgang beim Trinkgeld, das ihr die Gäste geben. „Karneval ist ein super Vergleich, da habe ich am 11.11. letztes Jahr 300 Euro Trinkgeld gemacht an einem Tag. Nach der Karnevalswoche in diesem Februar hatten wir insgesamt nur 160 Euro pro Person für die fünf Tage“, berichtet Gromann.
Ein deutlicher Unterschied sei zwischen Gästen, die als Touristen in der Stadt sind, und den Kölnerinnen und Kölnern zu spüren. „Auffällig ist, dass Touristinnen und Touristen kaum Trinkgeld geben“, erzählt Gromann. Ein Kollege von ihr aus der Brauerei „Zur Malzmühle“ am anderen Ende des Heumarkts präzisiert diese Beobachtung: „Köln wird immer touristischer. Es kommen immer mehr Touristen aus Frankreich, Spanien und Italien nach Köln. Und die haben einfach eine ganz andere Trinkgeldkultur“, sagt Dominik Rother. Der 41-Jährige arbeitet seit 17 Jahren als Köbes. „Die Franzosen zum Beispiel haben das Trinkgeld mit in der Rechnung, deswegen denken sie, dass das in Deutschland auch so ist“, erläutert er.
Kölner Köbine entwickelt eine Strategie
Gromann hat sich für die Touristinnen und Touristen allerdings eine Strategie überlegt. „Ich frage dann, wollt ihr noch Trinkgeld geben, weil das nicht inklusive ist, aber das müsst ihr natürlich nicht“, berichtet die Köbine. Damit hat sie gute Erfahrungen gemacht, denn die meisten seien überrascht darüber, dass das Trinkgeld nicht in der Rechnung inkludiert ist. „Die meisten sagen, komm, mach noch zwei, drei Euro mehr, aber es gibt auch Tage, an denen du einfach angeguckt wirst und die Gäste nein sagen“, so Gromann.
Auch bei den Kölnern sei eine leichte Zurückhaltung im Trinkgeld-Verhalten wahrzunehmen, sagt Rother. „Aber das kann ich auch verstehen, das liegt an den gestiegenen Preisen, man muss gucken, wo man bleibt“, sagt er. Rother sieht neben der Inflation aber noch weitere Ursachen dafür, das die Tips weniger werden. „Vor zwanzig Jahren habe ich schon von Gästen Trinkgeld bekommen, wenn ich nur auf die Arbeit gekommen bin“, erzählt er. Er habe das Gefühl, dass sein Job heutzutage für viel selbstverständlicher gehalten wird. Auch durch vermehrte Kartenzahlungen sei das Trinkgeld zurückgegangen: „Ich weiß nicht, ob die Leute das dann vergessen oder es als Anlass nehmen, weniger zu geben“, überlegt Rother.
Freude an der Kölner Brauhaus-Kultur
Das Problem des schwindenden Trinkgeldes ist außerdem kein Brauhaus-exklusives. „Ich würde sagen, das ist ein generelles Problem der Gastronomie zurzeit“, sagt Gromann. Dominik Rother und sein Kollege Ralf Eschweiler aus der „Malzmühle“ sagen über ihren Job: „Wir haben so wenige junge Leute, die das machen wollen.“
Rother vermutet, der Grund dafür seien die unbequemen Arbeitszeiten und die geringe Bezahlung. Bei diesen drei Vertretern der Brauhaus-Kultur überwiegt aber noch noch die Freude an der Arbeit die Sorge über die finanziellen Einbußen. „Manchmal denke ich darüber nach, wie lange ich das noch machen kann“, sagt Gromann. Eschweiler hat da seine ganz eigene These: „Wir sind ja Köbes geworden, weil es uns Spaß macht, sonst wären wir Banker geworden.“