Zeitintensives EhrenamtWarum Gerrit Krupp trotzdem wieder in den Kölner Stadtrat will
- Kommunalpolitiker sein ist in Köln kein Beruf, sondern ein zeitaufwendiges Hobby. Das gilt besonders für den Stadtrat, der bei der Kommunalwahl am 13. September neu gewählt wird.
- Aber was muss man mitbringen, um Ratsmitglied werden zu können? Wie sind Ehrenamt und Beruf miteinander vereinbar? Was läuft gut, was schlecht?
- In unserer Serie stellen wir drei Kommunalpolitiker mit ganz unterschiedlichen Rats-Erfahrung vor. Den Anfang macht Gerrit Krupp, 44 Jahre, seit 2014 für die SPD dabei, hofft auf eine zweite Ratsperiode.
Köln – Einmal nicht nur am Rand stehen, sondern mittendrin sein. Nicht nur meckern, sondern selbst etwas verändern, die Gesellschaft mitgestalten. Das waren die Ziele von Gerrit Krupp, als er sich dazu entschied, in die Kommunalpolitik einzusteigen. Nicht hauptberuflich, sondern als Ehrenamtler. „Das und meinen Job unter einen Hut zu bekommen, ist sehr schwer. Aber ich möchte nicht jammern. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse“, sagt der 44-jährige Rechtsanwalt.
1998 tritt er in die SPD ein, so wie es schon sein Vater getan hatte. Vier Jahre später wird er Sachkundiger Einwohner, bevor er 2014 in den Stadtrat gewählt wird. Dort leitet er den Finanzausschuss und den Polizeibeirat, ist Mitglied im Rechnungsprüfungs- und Rechtsausschuss – und das alles in seiner Freizeit, nach getaner Arbeit in der Kanzlei. „Es geht viel Zeit am Wochenende und auch unter der Woche am späten Abend drauf. Dass Freunde, Familie und die Partnerschaft nicht darunter leiden würden, wäre gelogen“, sagt Krupp. Daher lege er viel Wert auf einen Freundeskreis, der nichts mit der Partei zu tun hat. Dennoch könne er sich auch hier nicht immer vor Gesprächen über Politik retten. „Wenn die SPD irgendwas verbockt, dann muss ich im Zweifel auch mal um 2 Uhr nachts noch in irgendeiner Bahn Rede und Antwort stehen.“
Kölner Ratspolitiker Krupp: „Die vergangenen Jahre waren auch frustrierend“
Mit der Kommunalwahl am 13. September endet nun seine erste Ratsperiode. Dann liegt es an den Kölnern, ob er weitermachen darf, die SPD genug Stimmen erhält – und er einen der insgesamt 90 Plätze im Saal im Spanischen Bau des Rathauses. „Ich hoffe es“, so Krupp, der im Wahlbezirk 38 kandidiert, der die Stadtteile Höhenberg, Ostheim, Merheim und Neubrück umfasst. Und das, obwohl die vergangenen sechs Jahre zwar „spannend und nie langweilig“ gewesen seien, aber „eben auch frustrierend“. Eine grundlegende Frustrationstoleranz gehöre dazu. „Die SPD ist nach der letzten Wahl in der Opposition gelandet, wir haben den Oberbürgermeister verloren, und die Stadtwerke-Affäre war ein Tiefpunkt. Das sind Momente, die ich nicht gebraucht hätte, aber auch die gehören eben dazu.“
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Genauso wie hitzige Diskussionen mit Ratsmitgliedern aus anderen Fraktionen. „Ich bemühe mich immer darum, die Dinge nicht persönlich zu nehmen. Und die guten Leute im Rat bemühen sich auch darum.“ Es sei zwar eine politische Gegnerschaft, dürfe aber nicht in Feindschaft ausarten. Daher könne man ab und an auch einmal den Abend gemeinsam verbringen – jedenfalls einen Teil davon. „Dass wir uns jetzt abends in einer Bar in den Armen liegen, wenn man sich tagsüber alles um die Ohren gehauen hat, wäre übertrieben. Aber dass man nach einer Ratssitzung zusammen vernünftig ein Bier trinkt, ist schon gewährleistet“, so Krupp.
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Auch als Neuling. Wobei man als solcher nicht unbedingt Rücksicht erwarten dürfe. „Man wird sehr schnell ins kalte Wasser geschmissen und ist dann Teil davon. Mit allen Rechten und Pflichten.“ Allerdings auf positive Weise. „Dass jemand es ausnutzt, dass ein anderer erst neu dabei ist, habe ich nie erlebt“, sagt Krupp. Vielmehr fasziniere ihn der Zusammenhalt der Ratsmitglieder im Kampf gegen rechts, der über Parteigrenzen hinausgehe. „An der Stelle wird der Konkurrenzkampf auch mal weggelassen. Das habe ich jetzt bei Ratssitzungen schon öfter erlebt, und es war jedes Mal ein Highlight“, sagt Krupp.
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Dennoch seien Parteien wichtig für die Demokratie und „nicht so übel, wie viele denken“. Menschen, die sich für Kommunalpolitik interessieren, rate er daher erst einmal, in eine solche einzutreten. „Dabei sollte man sich die aussuchen, mit der man die größte Schnittmenge hat. Niemand wird eine Partei finden, die zu 100 Prozent mit seinen persönlichen Einstellungen übereinstimmt.“ Mit „viel Geduld und Spucke“ stehe einer möglichen Karriere im Stadtrat danach nichts im Weg.Wobei: „Man muss natürlich den Bürger überzeugen, das ist hierbei das Wichtigste.“ Und das in jeder Wahlperiode. Egal, ob als Neuling oder jahrelanges Ratsmitglied.