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Duell vor der OB-Wahl in KölnSo lief der Schlagabtausch zwischen Reker und Kossiski

Lesezeit 9 Minuten
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Chefredakteur Carsten Fiedler (v.l.), Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Herausforderer Andreas Kossiski und Christian Hümmeler, Leiter der Lokalredaktion, auf dem Podium

Köln – Die Angriffslust des Herausforderers traf auf die Gelassenheit der Amtsinhaberin: Knapp drei Wochen vor der Wahl am 13. September stellten sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker und SPD-Spitzenkandidat Andreas Kossiski im studio dumont den Fragen der Journalisten des „Kölner Stadt-Anzeiger“, des Publikums im Saal sowie der Zuschauer des Live-Streams im Internet.

In der von Chefredakteur Carsten Fiedler und Lokalchef Christian Hümmeler moderierten Diskussion wurden die Gegensätze der beiden chancenreichsten OB-Kandidaten erkennbar – aber auch die Wertschätzung, mit der sich die beiden Politiker begegnen.

Über die Aussichten des Karnevals in der Session

Die Ministerpräsidenten der Karnevalshochburgen müssten sich verständigen, forderte Kossiski. „Wir können ja nicht in Köln den Karneval verbieten und in Mainz nicht.“ Wenn die Infektionszahlen jedoch weiter stiegen, sei kein Karneval möglich. „Dann geht die Gesundheit vor“, sagte der Sozialdemokrat. Zudem bräuchten die Karnevalsgesellschaften Planungssicherheit.

Reker verwies auf den nun regelmäßig tagenden Runden Tisch Karneval, an dem Verwaltung, Karnevalsvereine, Polizei, Gastronomen und Virologen sitzen. Wenn etwa eine Sessionseröffnung auf dem Heumarkt unter strengen Coronaregeln stattfände, würden dennoch Menschen nach Köln reisen, im Umfeld der Veranstaltung feiern und bei ihrer Heimreise womöglich das Virus weit streuen. Eine Entscheidung könne jetzt noch nicht getroffen werden, jedoch müsse sie im September fallen.

Über Schule in Coronazeiten

Kinder mit Symptomen werden derzeit in häusliche Quarantäne geschickt, aber nicht getestet, was von Lehrern und Eltern kritisiert wird. Kossiski monierte ein „Chaos“ an den Schulen, weil die Zeit der Sommerferien nicht genutzt worden sei, Regelungen zu finden – auch zu den Tests.

„Schüler und Lehrer können sich freiwillig testen lassen. Eine Testpflicht müsste das Land oder der Bund anordnen“, erklärte Reker. Sie halte die Schulöffnungen für richtig, auch wenn übergeordnete Behörden „den Schulen viel Eigeninitiative überlassen“ hätten. Während der Coronaschließung habe die Stadt wichtige Sanierungsarbeiten an Gebäuden durchgeführt, auch wenn nicht alle defekten Fenster repariert werden konnten. Die Anordnung des Landes, für ausreichend Durchlüftung sorgen zu müssen, sei zudem „sehr kurzfristig“ erfolgt.

Über das Corona-Krisenmanagement der Stadtverwaltung

„Ich hätte sofort einen Krisenstab eingerichtet und nicht erst nach einigen Wochen“, kritisierte Kossiski. Grundsätzlich solle es einen ständigen Krisenstab geben, um auf extreme Situationen wie nun die Pandemie oder andere Katastrophenfälle schnell reagieren zu können. Die Oberbürgermeisterin hätte „mehr Gesicht zeigen“ sollen, um Vertrauen in der Bevölkerung für die ergriffenen Maßnahmen zu erzeugen.

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Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker

„Wir sind Menschen, wir machen Fehler“, entgegnete Reker, „aber wir haben vieles richtig gemacht“. So sei etwa binnen 24 Stunden ein erstes Infektionsschutzzentrum aufgebaut worden und Pflegekräfte systematisch getestet worden. „Bisher sind wir ganz gut durch die Krise gekommen.“

Über die schnelle Schaffung bezahlbaren Wohnraums

Kossiski möchte einen 500 Millionen Euro schweren Wohnungsbaufonds aufsetzen. „Ein Oberbürgermeister muss dafür sorgen, dass wir aktive Wohnungsbaupolitik machen.“ Bereits beschlossene Projekte müssten endlich umgesetzt, die überlastete Bauverwaltung gestärkt, Fördermöglichkeiten von Bund und Land konsequenter in Anspruch genommen werden. Politik und Stadtspitze müssten klar sagen, wie bezahlbarer Wohnraum entstehen kann, forderte Kossiski. „Daran möchte ich in fünf Jahren gemessen werden.“

„Mir wäre es auch lieber, es würde schneller gehen“, erwiderte die Amtsinhaberin. Sie verwies auf große Bauprojekte wie etwa Kreuzfeld, Deutzer Hafen oder die Parkstadt Süd, durch die in den kommenden Jahren Wohnungen für rund 45000 Menschen entstünden. „Wir haben die richtigen Instrumente“ wie die Erbbaupacht, das Kooperative Baulandmodell oder die digitale Bauakte, mit der die Beteiligten eines Bauvorhabens besser kommunizieren könnten. „Die Pläne sind da, es werden aber alle Zeithorizonte gerissen“, hielt Kossiski dagegen.

Über die zweifelhafte Praxis, städtischen Beamten Überstunden pauschal zu vergüten

„Überstunden sind per se ja noch nichts Schlechtes“, sagte Reker und sprach von der Notwendigkeit, bezahlte Mehrarbeit auch für Beamte sicherzustellen. „Wenn die Feuerwehr und das Ordnungsamt beispielsweise in der Corona-Pandemie keine Überstunden leisten dürften“, hätte das schwerwiegende Folgen. Die durch das Rechnungsprüfungsamt aufgedeckten Vorgänge seien vor dem Hintergrund einer „missverständlich gefassten Dienstanweisung aus dem Jahr 2008“ zu sehen. Zu dem laufenden Verfahren wollte sich Reker nicht äußern. Es sei „keinesfalls sicher, dass die Überstunden für nicht geleistete Arbeit ausgezahlt wurden“. Sie sei „froh, dass in meiner Amtszeit solche unklaren Verhältnisse einmal auf den Prüfstand gestellt werden“.

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SPD-Kandidat Andreas Kossiski

Laufende Verfahren von außen zu beurteilen, sei Angelegenheit der Staatsanwaltschaft, sagte Kossiski. Wenn diese aufgrund einer Mitteilung der Stadt nun tätig werde, bestünden jedenfalls ernstzunehmende Verdachtsmomente. Zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der zweifelhaften Vorgänge sagte er: „Es wundert mich schon ein bisschen, wenn vor fünf Jahren eine neue Stadtspitze antritt und ankündigt, wir unternehmen etwas gegen den Klüngel, und wenige Wochen vor der Kommunalwahl dann solche Sachen rauskommen. Unter meiner Verantwortung wird es so was nicht geben.“

Über die seit Jahren diskutierte, vom Stadtrat vor den Ferien genehmigte Erweiterung des Trainingsgeländes des 1. FC Köln im Grüngürtel

„Erst Zustimmung, dann Ablehnung, wie erklären Sie einem FC-Fan Ihre Kehrtwende?“ wollte Chefredakteur Carsten Fiedler von der Oberbürgermeisterin wissen. Deren Antwort: „Man kann nicht als Stadt den Klimanotstand erklären und dann nicht danach handeln.“ Deswegen habe sie ihre Position zu dem Bauvorhaben des Bundesligaklubs überdacht. „Die Welt verändert sich nämlich, und wenn man aus Eitelkeit oder aus Furcht bei einer festgelegten Haltung bleibt“, werde man den Bürgern nicht gerecht. Sie setze sich für den Schutz der Grünflächen ein, sagte Reker. Und sie würde sich wünschen, „dass man gemeinsam mit dem FC über eine Alternative nachdenkt“. Das auf dem Geißbockheim-Gelände geplante Leistungszentrum könne sie „gut akzeptieren“. Aber die außerhalb gelegene Gleueler Wiese dürfe nicht für Fußballplätze aufgegeben werden.

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Kossiski widersprach. Er habe sich die Genehmigungsunterlagen sehr genau angesehen, und er habe nicht den Eindruck, dass der 1. FC Köln mit seiner Planung etwas vorgelegt habe, „was mit Eitelkeit oder unzeitgemäßen Wünschen zu tun hat“. Wie andere Investoren auch habe der Verein den Behörden seine Baupläne vorgelegt und diese dann so überarbeitet, dass sein Vorhaben genehmigt werden könne. Das entspreche einem rechtsstaatlichen Verfahren. Am Ende hätten die Behörden zugestimmt, auch die Bezirksregierung, so Kossiski. „Jetzt liegt der Ball da, wo er hingehört, beim FC und denen, die sich vor Gericht dagegen wenden wollen.“ Die Auswirkungen auf das Klima seien im Übrigen marginal, das sei in der von der Oberbürgermeisterin vorgelegten Beschlussvorlage für den Rat zu lesen. Es gehe um Verlässlichkeit. Er wolle dafür sorgen, dass die Verwaltung ihre Entscheidungen aus sachlichen Erwägungen heraus trifft und das dann auch transparent macht. Das diene dem gesellschaftlichen Klima.

Über Stellenbesetzungen nach Parteibuch und die Postenaffäre bei den Stadtwerken

„Natürlich würde ich mir den Vorstand, mit dem ich zusammenarbeite, lieber selber aussuchen“, sagte Reker. „Aber das sieht die Gemeindeordnung nicht vor.“ Ihre Äußerung bezieht sich auf die vom Stadtrat jeweils für acht Jahre gewählten Dezernentinnen und Dezernenten. „Aber immerhin kann ich mir die Amtsleitungen selbst aussuchen. Und da kommt es bei mir auf das Parteibuch nicht an, das habe ich bewiesen“, betonte die Oberbürgermeisterin. „Es geht um die Qualifikation, und nicht um das Parteibuch. Die Zugehörigkeit zu einer Partei darf nicht nützten, sie darf aber auch nicht schaden.“ Sie habe zudem viele Amtsleiterstellen mit Frauen besetzt, da in dieser Hierarchieebene weibliche Führungskräfte unterrepräsentiert seien.

Die Position des SPD-Spitzenkandidaten: „Wir müssen für Köln in Zukunft die besten Männer und Frauen finden, die die Stadt nach vorne bringen.“ Ein Parteibuch dürfe dabei kein Ausschlusskriterium sein. „Wir müssen aber auch unsere laufenden Projekte zu Ende bringen, mit den Menschen, die daran arbeiten. Und die sind aus meiner Sicht willens und fähig, das zu machen“, sagte Kossiski. Eine Frage aus dem Publikum: Ob er als Oberbürgermeister verhindert hätte, dass der SPD-Politiker Martin Börschel ohne Ausschreibung Geschäftsführer bei den Stadtwerken werden sollte? Die Antwort Kossiskis: „Herr Börschel wird für kein weiteres Amt in dieser Stadt kandidieren. Er geht seinen eigenen Weg. Ich schätze ihn sehr, ich halte ihn für sehr qualifiziert.“ An der Entscheidung über die Postenvergabe bei den Stadtwerken sei er nicht beteiligt gewesen. Er hätte Börschel das Amt zugetraut, aber die Entscheidungen seien gefallen; es sei müßig, im Nachhinein über einen möglichen anderen Verlauf des Besetzungsverfahrens zu spekulieren.

Über die Expressbusse auf der Aachener Straße

Die Expressbusse seien eine der Maßnahmen gewesen, die ein Dieselfahrverbot in der Stadt verhindert haben, sagte Reker. Das werde bei der Diskussion um die Busse „immer vergessen“.

Ein Dieselfahrverbot hätte für Einpendler oder Kölner mit Dieselauto große Konsequenzen gehabt. Dass Fahrverbote überhaupt drohten, liege auch daran, „dass fünf Jahre vorher im Bereich Umwelt in dieser Stadt nicht die entsprechenden Schritte umgesetzt wurden“, kritisierte Kossiski. Die Busspuren seien eine Einzelmaßnahme ohne Vernetzung, die Pförtnerampel nicht mit den Nachbarkommunen abgesprochen.

Über die geplante Ost-West-Stadtbahn

Ob die Stadtbahn zwischen Heumarkt und Melatenfriedhof ober- oder unterirdisch fahren soll, ist eine kontrovers diskutierte Frage. Reker und Kossiski befürworten beide eine Tunnellösung. So könne man den freiwerdenden Platz auf der Straße „nicht für Autos, aber für Fußgänger und Fahrradfahrer attraktivieren“, begründete Reker.

Attraktivieren würde Reker übrigens auch die Nord-Süd-Fahrt, die sie „zur Allee ausbauen“ würde, „um die Oper näher an die Stadt zu rücken“. Nun würden parallel beide Streckenvarianten – ober- und unterirdisch – geplant und dem Rat vorgelegt. Das werde zwar teurer, erfordere aber nicht mehr Zeit. Das hätte vermieden werden können, wenn man sich auf einen Tunnel geeinigt hätte. „Wir verhaken uns mit einer Entscheidung“, kritisierte Kossiski. Das könne Fördergelder für den Stadtbahn-Ausbau gefährden.

Über die Sicherheit in der Stadt

„Es ist in der Tat so, dass Köln unsicherer ist als andere Städte“, räumte Reker ein. Köln sei jedoch eine Metropole, die mit kleineren Städten nicht zu vergleichen sei. Sie habe eine Sicherheitskonferenz, die alle drei Monate tage, mit Ermittlungsbehörden und Justiz eingeführt. Die Polizei müsse zudem präsenter in der Stadt sein. „Ich würde mir zum Beispiel eine Reiterstaffel in den Parks wünschen“, sagte Reker.

„Die Polizei hat in den letzten Jahren gute Arbeit gemacht“, betonte Kossiski. Dennoch spüre er eine Verunsicherung bei den Menschen. Deshalb wolle er für jeden Stadtbezirk einen kriminalpräventiven Rat, in dem auch die „gesellschaftlichen Gruppen“ der Stadtteile involviert werden.

Was die Kandidatin über ihren Konkurrenten sagen

„Ich freue mich darüber, dass ich so einen respektablen Gegenkandidaten habe“, sagte Reker. In ihrem früheren Amt als Sozialdezernentin habe sie häufiger Kontakt zu Gewerkschaftern gehabt, von daher kenne sie Kossiski. „Ich schätze an ihm, dass er seine Meinung sehr klar vertritt und zuverlässig das tut, was er sagt.“

„Wir haben in unseren früheren Funktionen einige konfliktreiche Gespräche geführt“, fügte Kossiski hinzu. „Aber es war immer klar, dass man die unterschiedlichen Positionen akzeptiert. Wir sind nie auseinandergegangen, ohne danach nicht mehr miteinander zu reden.“