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Fragen von Redaktion und LesernKölns OB-Kandidaten stehen Rede und Antwort

Lesezeit 5 Minuten
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Die Moderatoren Christian Hümmeler und Nina Klempt mit den Kandidaten  Roberto Campione (v.l.), Jörg Detjen und Thor Zimmermann

Köln – Jörg Detjen (Linke), Thor Zimmermann (Ratsgruppe Gut) und Roberto Campione (parteilos) wollen Oberbürgermeister in Köln werden – so wie zehn andere Menschen, darunter Amtsinhaberin Henriette Reker. Im Forum Blau im studio dumont stellten sich die drei Kandidaten den Fragen der Leser, der Zuschauer im Studio dumont und denen von Christian Hümmeler, Ressortleiter Lokales, sowie Redakteurin Nina Klempt. Es war eine muntere Diskussion, bei der die drei Kandidaten ihre politischen Positionen und Vorstellungen für die Zukunft Kölns zu ausgewählten wichtigen Themenbereichen in deutlichen Worten umrissen.

Das sagen die Kandidaten zur Ost-West-Stadtbahn

Ob die geplante Ost-West-Stadtbahn über- oder unterirdisch gebaut wird, ist offen. Die drei Kandidaten haben dennoch eine klare Meinung in der Frage. Detjen wünscht sich eine oberirdische Lösung, weil sie schneller zu realisieren und kostengünstiger sei. Zudem rief er das ambitionierte Ziel aus, bis 2030 alle Stadtteile an den Öffentlichen Nahverkehr anzubinden.

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Jörg Detjen

Auch Zimmermann plädiert für eine Bahn auf der Straße. Nach der Fertigstellung „haben wir schnell den Kopf frei für andere Projekte“, etwa die Verlängerung der Gürtel-Straßenbahn, sagte er. Campione attestierte den Kölnern eine „Baumüdigkeit“, sieht aber in der unterirdischen Variante eine „einmalige Chance“.

Hier lesen Sie mehr: Das sind die Kölner Kandidaten im Überblick

Dass der Radverkehr an Bedeutung gewinnt, ist unbestritten. „Es geht nicht darum, den Autofahrern Spuren wegzunehmen. Es geht darum, dass alle sicher fahren können“, sagte Zimmermann. Das bedeute, dass den Radlern mehr Platz eingeräumt werden müsse und mit Radspuren auf der Straße Konfliktsituationen mit Fußgängern „entzerrt“ werden müssten. „Wir brauchen die autofreie Innenstadt, anders wird es nicht gehen“, war Detjen kategorisch. Die meisten Straßen seien zu eng, das gelte auch für einige Veedel in den Außenbereichen.

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Thor Zimmermann

Campione wolle als OB einen „Verkehrsmasterplan“ entwickeln und mit einem „intelligenten Mix“ alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen. Gegen autofreie Sonntage, nach denen sich ein Zuschauer im studio dumont erkundigte, hätten alle drei nichts einzuwenden.

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Roberto Campione

Viele Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatten im Vorfeld nach den Positionen der Kandidaten zum Thema Fluglärm gefragt. Zimmermann macht sich „klar für ein generelles Nachtflugverbot“ stark. Die Jobs in den Luftfrachtunternehmen müssten nach und nach auf die Schiene verlegt werden. Campione sprach sich für eine Verkürzung der Nachtflugzeiten aus, Detjen wolle mit höheren Gebühren den nächtlichen Frachtverkehr unattraktiver machen.

Reizthema FC-Ausbau

In Umweltfragen geht derzeit nichts am Reizthema, den Ausbauplänen des 1. FC Köln im Grüngürtel (hier lesen Sie mehr), vorbei. Campione hat nichts gegen den Ausbau, wenn stattdessen der Militärring in dem Bereich untertunnelt und begrünt würde. Detjen und Zimmermann würden dem FC lieber andere Standorte für eine Erweiterung geben.

Reker und Kossiski

Am kommenden Montag, 24. August, treffen die amtierende OB Henriette Reker und ihr Herausforderer Andreas Kossiski im „studio dumont“ aufeinander. Moderiert wird das Rede-Duell von Chefredakteur Carsten Fiedler und Lokalchef Christian Hümmeler. Den Livestream gibt es ab 19 Uhr unter:facebook.com/ksta

Einen Ausbau im Grüngürtel bewertet Zimmermann als „schlechte Entscheidung für den Umweltschutz und das Erbe Adenauers“. Alle drei sprachen sich für mehr Grünflächen aus, etwa durch Dachbegrünungen und mehr Straßenbäume. Dafür, oder auch fürein Solarprogramm für Gebäude, müsse die Verwaltung mehr Budget vorhalten.

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Um die Schadstoffbelastung in der Luft zu senken, fordert Detjen ein annähernd flächendeckendes Tempo 30 in Köln, Campione würde das auf die Innenstadt und Wohngebiete beschränken. Zimmermann brachte zudem eine Citymaut ins Spiel, die umweltschonendere Autos belohne.

Verkaufsstopp für städtische Grundstücke

Detjen und Zimmermann wollen einen Verkaufsstopp für städtische Grundstücke. „Denn Investoren bauen oft nichts, sondern spekulieren auf höhere Grundstückspreise“, begründete Zimmermann. Die Stadt müsse Finanziers, die weder sozialen Wohnungsbau, noch Wohnraum für Familien schüfen, „auch mal die rote Karte zeigen“. Detjen plädiert überdies für eine zweite städtische Wohnungsbaugesellschaft, die ökologische Gebäude errichtet und eine Förderung von Genossenschaften. Campione setzt hingegen vor allem darauf, den Behörden mehr Mitarbeiter zuzuteilen, damit Bauanträge schneller erteilt werden könnten. Detjen würde – auch wegen der Corona-Krise – die Mieten für Wohn- und Geschäftsräume „auf fünf bis sechs Jahre einfrieren“.

„Hilfe von unten nach oben verteilen“

Campione spricht sich für mehr Streetworker aus und gegen Kürzungen im sozialen Bereich. Das möchte auch Zimmermann verhindern. Als zum Beispiel Einrichtungen für Wohnungslose im Zuge der Corona-Einschränkungen schließen mussten, habe das für die Betroffenen dramatische Konsequenzen gehabt. „Das zeigt, dass wir Hilfe von unten nach oben verteilen müssen, sagte Zimmermann. Detjen fürchtet wegen der Coronakrise in den kommenden Monaten „ein riesiges Feld an sozialen Spannungen“. Deshalb dürften unter anderem nicht die städtischen Kliniken mit der Uniklinik fusionieren: „Das dürfen wir nicht aus der Hand geben.“

Campione will dreckige Straßen mit Bußgeldern bekämpfen

Einige Leser erkundigten sich nach den Plänen der Kandidaten gegen dreckige Straßen. Campione möchte mit drastischen Bußgeldern dagegen vorgehen. Als Beispiel nannte er Singapur, wo ein weggeworfener Zigarettenstummel mit umgerechnet 300 Euro und mehr geahndet wird. Detjen setzte auf stadtweite Unterflur-Container, mehr Mülleimer und dass Müll schneller entfernt wird. Dazu müsse der Vertrag mit den Abfallwirtschaftsbetrieben erweitert werden. Zimmermann sah den Zustand auf den Ringen „nicht so problematisch“. Es gebe dreckige Ecken, „da muss man mehr tun. Es gibt aber auch sehr viele schöne Ecken in Köln.“