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Städtischer EntwurfWo das Auto in Köln zurückgedrängt werden soll – und wo nicht

Lesezeit 5 Minuten
Auf der Nord-Süd-Fahrt soll das Auto künftig keine große Rolle mehr spielen.

Auf der Nord-Süd-Fahrt soll das Auto künftig keine große Rolle mehr spielen.

Ein Plan der Stadt soll Klarheit darüber schaffen, wo das Auto eine echte Zukunft hat. Uns liegt der Entwurf vor – einige Achsen fallen weg.

Die Stadt hat einen vorläufigen Plan für die Zukunft der Auto-Straßen in der Stadt ausgearbeitet. Ziel ist es, klar zu definieren, wo der motorisierte Individualverkehr (MIV) weiterhin eine zentrale Rolle spielt – und welche Straßen in Zukunft umgestaltet werden. Die Stadt hat dafür einen ersten Vorschlag erarbeitet. Die internen Planungen liegen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor und zeigen, in welche Richtung sich das Straßennetz entwickeln könnte. Mit einer offiziellen Vorstellung des MIV-Grundnetzes und einem politischen Beschluss ist im kommenden Jahr zu rechnen.

Welche Auto-Achsen bleiben im Kölner Zentrum?

Mit Blick auf die Innenstadt sind in den Planungen zwei Achsen für den Autoverkehr der Zukunft zu erkennen. Im nördlichen Bereich soll die Route über Riehler Straße, Turiner Straße, Ursulastraße, Victoriastraße und Kyotostraße erhalten bleiben: Achse eins. In der südlichen Innenstadt bleibt für Autofahrer zudem der Weg von der Severinstraße in Richtung Blaubach. „Auf Straßen des MIV-Grundnetzes soll priorisiert der Kfz-Verkehr geführt sowie die Versorgung und Erreichbarkeit der Stadtteile sichergestellt werden“, heißt es in der vorläufigen Beschlussbegründung. Auch das linksrheinische Ufer soll als wichtige Strecke für den Autoverkehr erhalten bleiben.

MIV-Grundnetz

Das geplante MIV-Grundnetz.

Wo in der Innenstadt will die Stadt das Auto verdrängen?

Zum Beispiel auf der Ost-West-Achse: Die Cäcilienstraße fällt nicht in das MIV-Grundnetz, die Aachener Straße erst ab Höhe des Inneren Grüngürtels. Dasselbe gilt für Komödienstraße und Magnusstraße sowie die Nord-Süd-Fahrt. Auch die Ringe sind nicht dafür vorgesehen. Über Bereiche wie diese, die nicht in das MIV-Grundnetz fallen, heißt es in dem vorläufigen Beschlusstext: „Straßen außerhalb des MIV-Grundnetzes sollen als Stadträume aufgewertet und neuen Funktionen zugeordnet werden.“ Was das konkret bedeutet, wird von Straße zu Straße entschieden: Je nach Konstellation von der Verwaltung, dem Stadtrat oder den jeweiligen Bezirksvertretungen. Wird das Grundnetz jedoch beschlossen, kann das Verkehrsdezernat von Ascan Egerer auf vielen Straßen den Platz zugunsten des Rad- und Fußverkehrs verteilen. Es würde Egerer also mehr Freiheit verschaffen. Wenngleich der Beschluss keineswegs bedeutet, der Autoverkehr wäre auf diesen Straßen gänzlich abgeschafft. Es ist der Weg zu einer deutlichen Reduzierung.

Warum plant die Stadt das MIV-Grundnetz?

Der Stadtrat hat die Verwaltung am 24. Juni 2021 damit beauftragt, ein MIV-Grundnetz zu definieren. Die Initiative dafür ging vom Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt aus. Neben dem Ziel der Klimaneutralität bis 2035 wird in den aktuellen Unterlagen der Stadt auch die mangelhafte Luftqualität in Teilen der Stadt als Argument für die deutliche Reduzierung des Autoverkehrs genannt. Diese soll mit dem Grundnetz vorangetrieben werden. „Die Reduzierung der Kfz-Verkehrsflächen soll zu Gunsten der Aufenthaltsqualität in den Quartieren und zur Stärkung des Umweltverbunds (Fuß-/Radverkehr und Öffentlicher Nahverkehr) erfolgen“, heißt es in dem aktuellen Papier.

Welches System steht hinter dem Plan?

Die Stadt hat im Rahmen ihres „nachhaltiges Mobilitätsplans“ ein kompliziertes Punktesystem für Straßen entwickelt. Neben der Zahl der Autos, die auf einer Straße täglich fahren, sind Faktoren wie das Zielkonzept für den Radverkehr, die Bedeutung für den Fußverkehr und das Busnetz wichtig für die Frage, ob Straßen im MIV-Grundnetz auftauchen oder nicht. In dem vorläufigen Beschlusstext heißt es, die Methodik sei vom Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung erarbeitet worden, dieses habe sich dafür mit dem Amt für Verkehrsmanagement und dem Amt für Straßen- und Radwegebau abgestimmt – damit das Ergebnis möglichst viele Faktoren berücksichtigt.

Wie soll sich das Grundnetz langfristig entwickeln?

Zunächst sollen alle rot markierten Straßen (siehe Grafik) mit Fokus auf den Autoverkehr weiter bestehen. In einem zweiten Schritt plant die Stadt dann die Suche nach weiteren Bereichen, in denen der Autoverkehr reduziert werden kann: Straßen, die hierfür infrage kommen, sind gestrichelt markiert. Dass das Netz langfristig kleiner werden soll, wird in einem Absatz zur Laufzeit in der vorläufigen Beschlussvorlage deutlich. Das neu definierte Netz soll demnach alle drei bis fünf Jahre überprüft werden: „Ziel ist es, wenn auch auf dem MIV-Grundnetz kontinuierlich rückläufige Kfz-Belastungen festzustellen sind, dieses Netz zukünftig auf ein notwendiges Maß zu reduzieren.“

Ein Beschluss würde der Stadt also auch langfristig das Motto „Weniger ist mehr“ für den Autoverkehr vorschreiben. Bis dahin sind es allerdings noch einige Schritte: Zunächst müsste die Stadt dem Rat eine endgültige Fassung der Beschlussvorlage zum MIV-Grundnetz vorlegen, anschließend müsste dieser zustimmen. Im politischen Beratungsprozess sind Änderungen an den Plänen keineswegs auszuschließen.

Was ändert sich in den Stadtteilen?

Richtet man den Blick von der linksrheinischen Innenstadt weiter in Richtung Veedel, ist ein klares Muster erkennbar: Einzelne horizontale und vertikale Achsen bleiben erhalten, dazwischen soll der Autoverkehr zurückgedrängt werden. Die Gürtelstrecke soll vorerst Teil des MIV-Grundnetzes werden, sie gilt aber auch als Option für die Auto-Reduzierung in einem späteren Schritt. Die Venloer Straße in Ehrenfeld taucht in dem bislang Netz nicht auf – sollte so beschlossen werden, wäre dort eine Rückkehr zu zwei Fahrtrichtungen wohl ausgeschlossen. Auch auf der Neusser Straße in Nippes soll den Planungen zufolge künftig kein Fokus auf dem Autoverkehr mehr liegen.

Welche Autostraßen bleiben im Rechtsrheinischen wichtig?

In den zentralen rechtsrheinischen Lagen soll deutlich mehr Autoverkehr verbleiben: Die Siegburger Straße am Deutzer Rheinufer soll vorerst Teil des Netzes werden, ist als „gestrichelter Bereich“ aber ein Kandidat für eine spätere Neuplanung. Deutzer Ring, Pfälzischer Ring und Zubringerstraße sind als feste Bestandteile des künftigen MIV-Grundnetzes eingeplant. Über den Auenweg soll auch die Anbindung des Mülheimer Südens gesichert werden. Parallel zu A3 und A4 bleibt die Frankfurter Straße eine wichtige Auto-Achse.