Die Stadt äußerte sich am Dienstag zu den Unklarheiten rund um den Verkehrsversuch an der Trankgasse. Die Politik habe man nicht umgehen wollen.
„Verkehrsdezernat macht, was es will“Stadt Köln erklärt ihr Vorgehen an der Trankgasse – deutliche Kritik aus der Politik
Die Stadt Köln hat am Dienstag erklärt, eine Durchführung des Verkehrsversuchs an der Trankgasse unabhängig von der Umgestaltung des Domsockels erst im Februar 2023 geplant zu haben. Aus Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war am Montag hervorgegangen, dass zwischen dem Plan aus dem Dezember 2022, die Baumaßnahme zu verschieben, und der Zusage an ein Unternehmen für die Markierung und Beschilderung des Verkehrsversuchs, zwei Monate lagen.
Beschlossen hatte der Verkehrsausschuss des Stadtrates zuvor die Gleichzeitigkeit beider Projekte. Die Stadt teilte am Dienstag mit, die Maßnahmen seien nie zwingend voneinander abhängig gewesen. Der Verkehrsversuch, in dem die Trankgasse zur Fahrradstraße umgewandelt worden ist, läuft seit Ende April und wird seitdem politisch kontrovers diskutiert.
Stadt Köln: Vorgehen auf Domumgebung bis 15. Februar ungeklärt
„Die Überlegungen zu einer Trennung der beiden Maßnahmen aufgrund möglicher Schadenersatzforderungen begannen erst nach Karneval 2023“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Die Stadt hatte am 19. Dezember 2022 zwar ihre Absicht geäußert, das Vergabeverfahren zur Umgestaltung des Domsockels abzusagen – weil inzwischen drohte, dass sich der Umbau in den Zeitraum der Fußball-Europameisterschaft 2024, die unter anderem in Köln ausgetragen wird, zieht.
Alles zum Thema Stadtrat Köln
- Offener Brief an OB Reker Kölner Sportklubs befürchten „Kahlschlag“ und fordern Rücknahme von Plänen
- Früheres Nazi-Gefängnis Kölner NS-Dok soll für elf Millionen Euro neugestaltet werden
- Ausblick 2025 Diese Themen werden im kommenden Jahr in Köln wichtig
- KVB-Chaos, Opern-Debakel, Ford-Beben Das Köln-Jahr in Zitaten: „Die Debatte der letzten Tage innerhalb der Partei, sorry, kotzt mich an“
- „Das können wir uns derzeit nicht leisten“ Wiedereröffnung des Kölner Colonius für Besucher rückt in weite Ferne
- Club E, Canapé, Kakadu Diese Discos gab es mal in Rhein-Erft – einige mit zweifelhaftem Ruf
- Kung Fu im Weihnachtspullover SPD-Politiker tritt in Kneipe auf AfD-Mann ein – Rassistische Rede als Auslöser?
Doch einem Sprecher zufolge war lange unklar, ob die Absage juristisch überhaupt möglich ist: Demnach rechnete die Stadt bis zum 15. Februar damit, die Baumaßnahme am Domsockel womöglich unfreiwillig durchführen lassen zu müssen. Denn die Stadt habe unmittelbar nach der Absage ein „Rügeschreiben“ vom Bieter bekommen, was einem Einspruch gleichkomme, wie der Sprecher am Dienstag mitteilte. Die beiden Parteien einigten sich demnach am 15. Februar: „Bis zu diesem Datum war die weitere Vorgehensweise zur Umsetzung des Umbaus der nördlichen Domumgebung ungeklärt und die Ausschreibung nicht aufgehoben.“
Stadt Köln: Geändertes Vorgehen hat zunächst keine Fragen hervorgerufen
Der Sprecher bestätigte unterdessen, dass das Angebot für die Beschilderung und Markierung des Verkehrsversuchs am 10. Januar eingegangen war. Das Unternehmen, das diese Leistungen angeboten hatte, hätte laut Stadt auch ohne die später erfolgte Zusage Schadensersatzansprüche gehabt, weil es der Mindestbieter im Vergabeverfahren gewesen sei. Auch betonte der Stadtsprecher, dass die Mitteilung über die neue Vorgehensweise in der Sitzung des Verkehrsausschusses am 20. April 2023 keinerlei Fragen hervorgerufen habe.
In dem zweimonatigen Zeitraum zwischen der Absage der Baumaßnahmen am Domsockel und der finalen Zusage für den Verkehrsversuch hat laut Stadt also keineswegs Klarheit über das weitere Vorgehen geherrscht. Aus den Schilderungen des Stadtsprechers ergibt sich, dass die Stadt mit der Verschiebung der Baumaßnahmen am Domsockel in eine Reihe von Problemen geraten ist, durch die das weitere Vorgehen lange unklar war.
Kölner Stadtrat: Forderung nach mehr Transparenz
Teile des Kölner Stadtrats kritisieren Verkehrsdezernent Ascan Egerer infolge der Berichterstattung am Montag dafür, dass er keinen politischen Beschluss für die isolierte Durchführung des Verkehrsversuchs an der Trankgasse eingeholt hat. FDP-Fraktionschef Ralph Sterck sagte etwa: „Ich habe schon länger den Eindruck, dass das Verkehrsdezernat macht, was es will.“
Er sprach von einer „selbstherrlichen und unehrlichen Art.“ Auch die linken Oppositionsparteien äußerten sich kritisch. SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte: „Die Kommunikation seitens der Stadtverwaltung muss transparent und faktentreu erfolgen. Dies gilt selbstverständlich auch für den Verkehrsdezernenten Egerer.“ Linken-Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein sagte, es wäre „sicherlich klüger gewesen“, die Umstände im Verkehrsausschuss offensiv zu erläutern. Egerer dürfe allerdings nicht als „Sündenbock“ herhalten, schließlich habe die Politik den Verkehrsversuch mehrheitlich gewollt.
Auch aus dem Ratsbündnis waren am Dienstag kritische Stimmen zu vernehmen. „Für uns hat höchste Priorität, dass das Verkehrschaos rund um den Dom zügig beseitigt wird“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Mit der Frage, ob der Stadtrat umgangen wurde, werde man sich erst nach den Erklärungen der Stadt befassen – diese lagen Petelkau noch nicht vor.
Volt-Ratsmitglied Isabella Venturini sagte, sie wünsche sich „eine transparentere Zusammenarbeit mit dem Verkehrsdezernat“. Mit der Umsetzung des Verkehrsversuchs handele Egerer aber grundsätzlich richtig. Die Grünen kommentierten einen möglichen Widerspruch zwischen Beschluss und Umsetzung auf Anfrage nicht: „Das Dezernat für Mobilität hat den Verkehrsausschuss mit der Mitteilung über die Verkehrsumstellungen am 04.04.23 informiert“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer. Egerer ist im Sommer 2021 auf Vorschlag der Grünen zum Verkehrsdezernent gewählt worden.