Köln – Neben der allgemeinen Pandemielage könnte der Impfstand unter Mitarbeitenden und Studierenden die entscheidende Voraussetzung dafür sein, dass die Hochschulen überwiegend mit Präsenzlehre ins Wintersemester starten. „Die Universität Köln will im kommenden Wintersemester möglichst viel Präsenzlehre anbieten“, sagt Prorektorin für Lehre und Studium, Beatrix Busse. Die Impfquote sei aber „nach derzeitigem Kenntnisstand der Schlüssel für einen sicheren und restriktionsfreien Präsenzbetrieb“, so Busse.
Unklar sei freilich, wie sich das Pandemiegeschehen im Herbst entwickle. Deshalb würden derzeit unterschiedliche Szenarien vorbereitet, „um selbst bei einschränkenden, behördlichen Vorgaben noch Präsenzanteile zu ermöglichen“, sagt Busse. Werde die Inzidenzstufe 1 (Inzidenz stabil zwischen 10,1 und 35) in Köln oder NRW überschritten, wäre ein Nachweis über eine Impfung oder Genesung oder ein aktueller negativer Test Voraussetzung für die Teilnahme an einer Präsenzveranstaltung.
Zahl der Impfungen ist Gradmesser für Landesregierung
Auch für die Landesregierung und die Landesrektorenkonferenzen ist die Zahl der Impfungen ein Gradmesser, wie viel Präsenzlehre im Herbst in den Hochschulen möglich sein werde. „Es ist unser Ziel als Landesregierung, dass das kommende Wintersemester wieder hauptsächlich in Präsenz stattfinden kann“, sagt Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. „Deshalb appelliere ich an alle Studierenden und Hochschulbeschäftigten, die bisher noch nicht geimpft sind: Lassen Sie sich bitte impfen!“ Fraglich ist, ob der Appel überall gehört wird. Zu einer Impfaktion an der Uni Köln, bei der 500 Impfdosen bereitgestellt wurden, kamen nur 100 Studierende.
Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Lambert T. Koch, sieht in Anlehnung an eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für ganz Deutschland eine Impfquote unter Mitarbeitenden und Studierenden von 80 Prozent als Voraussetzung, bevor die Hochschulen wieder zahlreiche Präsenzveranstaltungen erlauben können, sagt er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber. Zudem dürfe die Delta-Variante zu keinen hohen Infektionszahlen führen und schwere Verläufe unter jungen Menschen müssten durch Studien für unwahrscheinlich erklärt werden. Je mehr diese Bedingungen einträfen, desto mehr könne man die Hygienemaßnahmen wie Abstandsregeln begrenzen und Präsenz ermöglichen.
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Ähnlich sieht das Eugen Esman, Vorsitzender des Astas der Uni Köln. „Entscheidend ist eine hohe Impfquote unter den Studierenden, um Präsenzlehre zu ermöglichen. Ich glaube, dass wir die 80 Prozent erreichen können.“ An Präsenz-Veranstaltungen sollten seiner Meinung nach im Herbst nur Menschen teilnehmen, die genesen, getestet oder geimpft sind. Vermutlich werde die Uni aber keine Möglichkeiten haben, um große Vorlesungen mit hunderten Personen durchzuführen. Der Grund: Bei einem Mindestabstand von 1,5 Metern passen so viele Menschen auf einmal in keinen Hörsaal, Aber immerhin seien kleine Veranstaltungen möglich, so Esman.
An Hochschulen gelten strenge Regeln
Derzeit gelten an den Hochschulen strenge Regelungen. Während der Einzelhandel, Restaurants oder Hotels weitgehend öffnen können, verharren die Hochschulen überwiegend im Online-Modus. Die Corona-Schutzverordnung des Landes und die Allgemeinverfügung für Hochschulen, die am 15. Juli aktualisiert wurde, erlaubten schon im Juni zwar Präsenzlehre unter bestimmten Voraussetzungen wie Mindestabstände und Kontaktverfolgungen. Die meisten Unis gehen aber restriktiver vor.
Die Uni Köln setzt die Vorgaben in einer Hygieneschutz-Richtlinie um. Die Dozentinnen und Dozenten seien darauf hingewiesen worden, dass sie unter Umständen in Präsenz unterrichten könnten. Allerdings befänden sich wegen der Pandemie zahlreiche Studierende im auslaufenden Sommersemester derzeit gar nicht in Köln. Und: „Mit 50.000 Studierenden aus ganz Deutschland und vielen Ländern der Welt sowie knapp 8000 Beschäftigten bestünde das konkrete Risiko, dass die Universität ein Infektionstreiber würde“, so Busse.
Kölner Hochschulen planen ins Ungewisse hinein
Auch andere Kölner Hochschulen müssen für das kommenden Wintersemester derzeit ins Ungewisse hinein planen: „Wir streben im kommenden Semester einen Präsenzunterricht mit Einschränkungen an“, sagt die Sprecherin der Deutschen Sporthochschule, Sabine Maas. Wenn die Inzidenzen es zuließen, würden kleinere Veranstaltungen wie Seminare oder Praxis-Kurse auf dem Campus stattfinden, größere Vorlesungen müssten weiter digital gelehrt werden. „Alle hier wollen möglichst viel Präsenz“, sagt auch die Sprecherin der Kunsthochschule für Medien Köln, Juliane Kuhn. Die Studierenden müssten dringend in ihren Ateliers arbeiten, eine digitale Lehre könne dies nicht leisten.
Auch die zweitgrößte Kölner Hochschule, die TH Köln, plant einen eingeschränkten Präsenzunterricht für ihre 26.000 Studierenden, je nach Studiengang von 30 bis 70 Prozent. Bevorzugt würden Lehrveranstaltungen, bei denen etwa mit Laboren oder Computerräumen gearbeitet werden müsse oder die didaktischen Ziele eine Präsenz erforderten. „Keine Präsenz wird es im Normalfall für Vorlesungen oder andere Lehrveranstaltungen mit vielen Teilnehmern und Teilnehmerinnen geben, bei denen die Wissensvermittlung im Vordergrund steht. Diese haben sich als besonders geeignet für die digitale Durchführung erwiesen“, sagt die Vizepräsidentin für Studium und Lehre, Sylvia Heuchemer.