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„Brauchen Planungssicherheit“Torburg-Turm sanierungsbedürftig – Jazz-Haus-Schule bangt um Zukunft

Lesezeit 4 Minuten
Joscha Oetz ist der Leiter der Offenen Jazz Haus Schule in der Kölner Eigelsteintorburg.

Joscha Oetz ist der Leiter der Offenen Jazz-Haus-Schule in der Kölner Eigelsteintorburg.

Viele soziale und kulturelle Projekte warten auf neue Regelungen zum Erbbaurecht für städtische Immobilien. Doch der Beschluss wurde verschoben.

Für die Offene Jazz-Haus-Schule in der Eigelsteintorburg wird die Zeit knapp. „Wir brauchen dringend Planungssicherheit“, sagt Leiter Joscha Oetz. Denn der Erbbaurechtsvertrag der Schule, die in der historischen Burg seit fast 30 Jahren zu Hause ist, läuft Ende Juni aus. Und einen neuen Vertrag hat die Schule noch nicht. Dazu ist der Westturm der Torburg stark sanierungsbedürftig – doch Fördergelder für die Renovierung kann die Schule erst beantragen, sobald die Vertragsangelegenheiten mit der Stadt geklärt sind.

Beschluss zum Erbbaurecht wurde von der Politik verschoben

Die Offene Jazz-Haus-Schule drängt deshalb nun – wie andere soziale und kulturelle Träger in Köln – auf den Beschluss des sogenannten zweiten Bausteins des Erbbaurechtes. In diesem ist festgelegt, dass künftig nicht nur Investoren für den Wohnungsbau städtische Objekte zu günstigeren Erbbauzinsen bekommen können, sondern auch soziokulturelle Projekte. Eigentlich sollte die Beschlussvorlage für den Baustein schon Ende des vergangenen Jahres da sein, nun legte Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm sie Mitte vergangener Woche der Politik vor.

Joscha Oetz in der Offenen Jazz Haus Schule in der Eigelsteintorburg.

Joscha Oetz in der Offenen Jazz-Haus-Schule in der Eigelsteintorburg.

Offenbar zu spät für einige Mitglieder des Liegenschaftsausschusses, der am Montagabend tagte. Die CDU meldete Beratungsbedarf an, damit kann das Erbbaurecht nicht wie geplant in der Ratssitzung am 21. März final beschlossen werden. So schiebt sich die Entscheidung auf die Ratssitzung am 16. Mai – für die Offene Jazz-Haus-Schule sind es dann nur noch eineinhalb Monate, bis der Vertrag ausläuft. „Das sind nur wenige Wochen, bis wir unfreiwillig zu Hausbesetzern werden“, sagt Joscha Oetz. Nach zwei Jahren, in denen die Schule Gespräche mit der Stadt führte, hat sie immer noch keinen neuen Vertragsentwurf erhalten. Das Liegenschaftsamt habe immer auf die Rahmung durch den zweiten Baustein des Erbbaurechtes verwiesen.

Niedrigere Zinsen für soziale und kulturelle Projekte

Mit dem neuen Baustein des Erbbaurechtes wäre die Ausgangslage für einen neuen Vertrag für die Schule also deutlich klarer. Statt des regulären Erbbauzinssatzes von vier Prozent des Grundstückswerts pro Jahr müssten soziokulturelle Nutzer künftig nur 0,75 Prozent bezahlen. Die geringeren Kosten sind laut Stadt zum einen ein Bestandteil von gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung. Zum anderen profitiert auch die Stadt von der Regelung: Denn die Gelände und Objekte, um die es geht, sind oft stark sanierungsbedürftig. Die Initiativen und Träger, die sie in einem Erbbaurechtsvertrag übernehmen, kümmern sich dann um ihren Erhalt.

Die Eigelsteintorburg ist stark sanierungsbedürftig.

Die Eigelsteintorburg ist stark sanierungsbedürftig.

Der Erbbauzins kann für einen gewissen Zeitraum sogar ganz ausgesetzt werden, wenn das Projekt gemeinnützig ist und ein mit der Stadt vereinbartes gemeinwohlorientiertes Programm umsetzt. Oder wenn zur Erfüllung von Denkmalschutzauflagen erhebliche Investitionen von den Nutzerinnen und Nutzern vorgenommen werden müssen.

Unter Denkmalschutz steht auch die Eigelsteintorburg. „Für die Sanierung müssen wir Geld von Denkmalschutz-Stiftungen beantragen“, erklärt Oetz. „Die Fristen dafür sind aber im Sommer. Wenn bis dahin nichts passiert, verschiebt sich alles ein Jahr nach hinten. Und wie das bei historischen Gebäuden so ist: Je länger man nichts macht, umso teurer wird es.“ Aktuell schätzt die Jazz-Haus-Schule die Kosten auf einen mittleren sechsstelligen Betrag.

Auch Sozialistische Selbsthilfe Mülheim wartet auf neuen Vertrag

Vom Beschluss des zweiten Bausteins des Erbbaurechtes ist aber nicht nur die Offene Jazz-Haus-Schule abhängig. Die Verwaltung nennt in der Beschlussvorlage selbst ein halbes Dutzend Objekte, für die der Beschluss ihrer Meinung nach infrage käme. Darunter ist das Allerweltshaus in Ehrenfeld an der Ecke Geisselstraße/Körnerstraße und drei Hallen auf dem Osthof der Hallen Kalk, wo sich unter anderem Kunst- und Kulturräume und das Kreationszentrum für Zeitgenössischen Zirkus ansiedeln wollen.

In Zeitnot sieht sich auch die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) an der Düsseldorfer Straße 74. Auch dieses Objekt ist von der Stadt in der Vorlage als geeignet für die Erbbaurechtsregelung genannt. Im SSM wohnen und arbeiten rund 40 sozial benachteiligte Menschen, sie betreiben unter anderem einen Secondhand-Laden und ein Möbellager. Auch der Mietvertrag des SSM läuft zum 30. Juni aus. „Wir verhandeln bereits seit sechs Jahren mit der Liegenschaftsverwaltung über ein Erbbaurecht“, schreibt Reentje Streuter vom Vorstand des Mach-Mit-Vereins in einem Offenen Brief an die Mitglieder des Liegenschaftsausschusses.

„Nun ist es genug!“ Dem SSM drohe erneut ein vertragloser Status, nachdem der Mietvertrag bereits im Sommer 2023 ausgelaufen war. Daraufhin verlängerte die Stadt ihn für ein Jahr. Ohne den beschlossenen zweiten Baustein des Erbbaurechtes ist die langfristige Zukunft des SSM aber immer noch offen.