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BerufsjubiläumEin Mann mit Spitzenposition im Dom

Lesezeit 4 Minuten

Hoch über der Stadt: Lothar Reinhardt (oben) und Rolf Ackermann bei der Montage

Köln – Es war ein Höhepunkt in seiner beruflichen Laufbahn, als Lothar Reinhardt zum ersten Mal die Kreuzblume des Nordturms des Doms in 157 Meter Höhe bestieg, um neben dem Blitzableiter eine Wetterstation zu installieren. „Die letzten Meter waren am spannendsten“, erinnert sich Reinhardt an den Aufstieg über die schmale Sprossenleiter, „wir hatten zwei Karabinerhaken und haben immer einen an der unteren Sprosse festgemacht, ehe wir den anderen eine Stufe höher eingehängt haben. Werkzeug und Material mussten fest am Körper festgebunden sein, damit nichts herunterfallen kann.“

Seit 14 Jahren ist Reinhardt der einzige Elektriker einer Fremdfirma am Kölner Dom. Ungewöhnlich ist aber auch das Berufsjubiläum, das er heute feiert, denn er ist seit 50 Jahren bei der selben Firma.

Eins steht fest: Der Dom ist Reinhardts Welt. Wie das werden soll, wenn er im Mai in Ruhestand geht, weiß der 64-Jährige noch nicht. „Ich werde sicher öfter mal zu Besuch kommen, und dann kann ich ja noch meine Kollegen über Handy anrufen.“ Als Reinhardt damals anfing, war von Handys noch nicht die Rede. Da war er von 9 Uhr bis 9.15 Uhr in der kleinen Elektriker-Kammer an der Dombauhütte am Festnetz zu erreichen, und dann war er weg. Irgendwo am Dom. In dieser Welt aus Stein, in der man lange nach einem suchen muss, wenn er wie Reinhardt auch noch die entlegensten Winkel aufsuchen muss.

Heute ist er immer zu erreichen, auch im Notfall. Es ist schon mal passiert, dass er sonntags mit dem Fan-Schal von Bayer Leverkusen um den Hals bis zu den Knien im Wasser stand, weil die Elektrik der Klimaanlage versagt hatte. Denn Reinhardt ist für alles zuständig: für den Dom, die Dombauhütte, die Dombauverwaltung und einiges andere. Oder wie sein Chef Marco Seibert sagt: „Der Dom ist sein einziger Kunde.“

Wenn in der Verwaltung die Notstromanlage für die Telefonanlage piepst, wenn das Chrisam-Öl für Palmsonntag erwärmt werden muss oder Kardinal Meisner mehr Licht in seiner Ruhestandswohnung braucht: Der Elektriker im Blaumann mit dem Firmenzeichen von Elektro Baeth ist zur Stelle. Und kann dabei nette Erinnerungen mitnehmen. „Drücken Sie Ihrer Frau auch immer so fest die Hand?“, hat Kardinal Meisner gefragt.

Täglicher Kontrollgang

Morgens fängt Reinhardt mit einem ersten Kontrollgang an, der allein schon anderthalb Stunden dauert: durch das Hauptschiff, in die Krypta, in die Sakristei und in die Schatzkammer. „Aber da muss ich spätestens um viertel vor zehn wieder raus sein, weil dann die Touristen kommen, und da macht sich ein Handwerker in den Räumen nicht so gut.“ Seit einiger Zeit immer mit dabei: Daniel Andrade, der bald sein Nachfolger werden soll. Und natürlich sein Berufskollege Rolf Ackermann, der bei der Dombauhütte angestellt ist.

„Viele glauben, dass wir nur die Glühbirnen austauschen, aber das stimmt natürlich nicht“, sagt Reinhardt und wird engagiert. Ob es um Licht oder Lautsprecher geht, um Klima- oder Alarmanlage, um Telefon- oder Wetterstation − es ist alles sein Bereich. Große Herausforderungen waren die Installation der Lautsprecheranlage („Die Leitungen sollten nicht zu sehen sein, aber wir durften keine Löcher in den Stein bohren. Also haben wir alles in die Fugen gelegt“) und der neuen Lichtanlage („Da gibt es mehr als 80 Einstellungen. Zum Beispiel für Besucher oder für die Nachtwache. Ostern und beim Pontifikalamt des Kardinals gibt es volle Kanne“). Von zwei Laptops in seiner Kammer werden die Leitungen Tag und Nacht überwacht. Geht ein rotes Licht an, stimmt was nicht mit einem Verteiler. Dann heißt es raus in den Dom, wohin auch immer.

Die Spitzenposition im Dom hatte der Elektriker übrigens schon dreimal. Denn kaum war die Wetterstation auf der Kreuzblume montiert, schlug der Blitz ein, und alles war hin. Also musste Reinhardt zum Austausch noch einmal hoch. Und dann war da noch das Problem mit den Schellen aus UVA-Stahl. Die glitzerten in der Sonne. „Das sah aus wie in der Diskothek. Da haben wir sie gegen Kupfer ausgetauscht.“ Das hätte vielleicht nicht sein müssen, wenn es nicht um den Dom ginge. Aber es war nun einmal der Dom, und da gelten andere Gesetze als in der normalen Elektrotechnik. Wenn er darüber spricht, wird Reinhardt grundsätzlich: „Unser Motto ist: Nur sauber und anständig arbeiten. Und nur mit den besten Materialien.“ Schließlich hat er recht: „Das soll alles für die Ewigkeit sein.“