Ein Händler aus Deutz reicht gegen den Verkehrsversuch Klage ein. Sein Anwalt hat bereits die Autos auf die Berliner Friedrichstraße zurückgebracht.
Nach Friedrichstraße in BerlinAnwalt reicht Klage gegen Verkehrsversuch in Köln-Deutz ein
In den kommenden Tagen wird ein Unternehmer Klage gegen den Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit einreichen. Er wird dabei unterstützt von zahlreichen Mitgliedern der „Initiative Deutz“, bei denen um Geld gebeten wird. Insgesamt sind für die Klage zunächst 10.000 Euro fällig. Aus einer vorläufigen Klageschrift, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, geht hervor, dass es im Wesentlichen darum geht, die Überführung der Fußgängerzone als Dauerzustand zu verhindern.
„Das Ziel ist es, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen“, sagte Anwalt Marcel Templin, der von den Unternehmern mit der Klage beauftragt wurde, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er hat bereits erfolgreich gegen den Verkehrsversuch auf der Friedrichstraße in Berlin geklagt, dessen Überführung in einen Dauerzustand verhindert worden ist. Das Thema hat die frühere rot-grün-rote Landesregierung bei der Wahlwiederholung im Februar mutmaßlich einige Stimmen gekostet. Einige sehen in dem Thema den Grund für den Regierungswechsel: Inzwischen regiert die CDU mit Bürgermeister Kai Wegner in Berlin gemeinsam mit der SPD.
Köln-Deutz: „Keine Rechtsgrundlage, über den Versuch hinaus“
Der Anwalt hält die Erfolgsaussichten der Klage für gut. Der juristische Knackpunkt: Aus Sicht von Templin und vielen Händlern fehlt die Rechtsgrundlage für eine dauerhafte Umgestaltung der Straße. Diese müsste laut Klageschrift auf einer grundsätzlichen Entscheidung fußen, die Straße entsprechend umgestalten. Die Rechtsgrundlage, auf die man sich beziehe, gebe der Stadt lediglich das Recht zur „Kennzeichnung“ des Bereichs, zur Umsetzung der getroffenen Entscheidung. Nicht aber das Recht, diese Entscheidung selbst zu treffen. Dafür brauche es eine Entwidmung der Autostraße. „Es fehlt die Rechtsgrundlage, um über den Versuch hinauszugehen“, so der Anwalt.
Außerdem seien die Ziele des Versuchs, die Beruhigung des Verkehrs und die Aufwertung der Einkaufsmeile, nicht erreicht worden. „Wie auf der Friedrichstraße reden wir hier über Verkehrsberuhigung und schaffen am Ende einen Radschnellweg“, sagte Templin. Man müsse die Straße als Fahrradstraße benennen, wenn man die Maßnahmen aufrechterhalten wolle. Er stehe auch persönlich hinter der Klage, so Templin, aber keineswegs, weil er die Verkehrswende grundsätzlich ablehne. „Die Leute wollen nicht überfahren werden. Wenn sie mitgenommen werden, sind sie bereit, sich auf Veränderungen einzulassen. Und dass wir über Veränderungen beim ÖPNV und bei den Radwegen reden müssen, ist ja völlig klar“, so der Jurist. Die Umsätze vieler Händler auf der Deutzer Freiheit würden derzeit einbrechen.
Kölner CDU hält Klage für „nachvollziehbar“ und kritisiert die Stadt
Auch in Köln hat das Thema eine Symbolkraft, die weit über das Veedel hinausgeht. Innerhalb des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt blickt man unterschiedlich auf den Versuch, den Verkehrsdezernent Ascan Egerer – eingesetzt von den Grünen – durchführt. Teresa de Bellis, die verkehrspolitische Sprecherin der CDU, sagte: „Ich kann die Klage nachvollziehen. Sie ist das Ergebnis davon, dass die Verwaltung die Gewerbetreibenden im Vorfeld nicht mitgenommen hat.“ Das Verkehrsdezernat habe viel zu spät reagiert. „Die Grünen wollen mit dem Kopf durch die Wand gehen“, so de Bellis weiter. „Ich kann die Händler verstehen, die sagen: Ich klage dagegen, sonst bin ich bald weg.“ Ein vorzeitiger Abbruch des Versuchs müsse angesichts des Chaos diskutiert werden.
Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der grünen Ratsfraktion und Vorsitzender des Verkehrsausschusses, sieht das Thema nicht im Verantwortungsbereich des Rates. Er verweist auf die Verantwortlichkeit der Bezirksvertretung Innenstadt, auf deren Beschlüssen die Umgestaltung beruht. Zur Klage sagte Hammer: „Sie wird nicht von allen Akteuren geschlossen eingereicht. Es ist nie gut für die Stimmung, sich gegenseitig zu verklagen.“ Die Anpassungen des Verkehrsversuches seien ein „laufender Prozess“, in dem sich die Verwaltung mit der Politik vor Ort abstimme.
Die Klage zeigt, dass die Abstimmung in der Form, in der sie bislang stattfindet, nicht reicht. Ob das Thema wie in Berlin zu einem stadtweiten Politikum wird, ist noch nicht abzusehen. Die ähnlich gelagerten Diskussionen um den Verkehrsversuch auf der Venloer Straße in Ehrenfeld, die in eine Tempo-20-Zone umgewandelt wurde sowie die umstrittenen Umstellungen auf der Trankgasse zugunsten der Radfahrer zeigen, dass der Grundkonflikt weit über Deutz hinaus geht. „Man merkt ein gewisses Schema“, so Marcel Templin. Er bereitet derzeit auch in Frankfurt eine Klage vor, auf dem dortigen Oeder Weg klagen Geschäftsleute ebenfalls über ausbleibende Kundschaft nach der Zurückdrängung der Autos. Der Anwalt meint: „Die politische Kommunikation spielt die entscheidende Rolle.“