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GrüngürtelNaturschutz könnte Kunstrasen-Pläne des 1. FC Köln stoppen

Lesezeit 4 Minuten

Der Äußere Grüngürtel versorgt die Stadt mit Frischluft.

Sülz/Innenstadt – Der stellvertretende Lindenthaler Bezirksbürgermeister Roland Schüler hatte ein zum Thema passendes Bild parat: „Die Stadtverwaltung und die Bezirksregierung machen die Vorlage, damit der 1. FC Köln ein Tor schießen und sein Gelände im Äußeren Grüngürtel erweitern kann“, sagte er. Das sei aber im Endeffekt „ein Eigentor“.

Das ist auch die Meinung der Naturschutzverbände BUND, Nabu und der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU). Bei einer Pressekonferenz im Friedensbildungswerk stellte der BUND deren Stellungnahme zu dem „Zielabweichungsverfahren“ vor, das die Stadtverwaltung bei der Bezirksregierung Köln beantragt hat. Es soll den rechtlichen Rahmen dafür schaffen, dass der Verein im Äußeren Grüngürtel ein modernes Leistungszentrum bauen und drei Kunstrasenplätze anlegen darf.

BUND sieht keine Chance für Genehmigung

Das sehen die Naturschutzverbände kritisch: „Die Beantragung dieses Verfahrens ist ein eindeutiges Eingeständnis, dass die vom FC geplante Bebauung eigentlich nicht genehmigungsfähig ist“, sagte Helmut Röscheisen vom BUND. Der Verein schade sich damit sogar, denn es offenbare, dass er schon sein Geißbockheim und die umliegenden Trainingsplätze im Äußeren Grüngürtel gar nicht hätte bauen dürfen. Derzeit prüft die Bezirksregierung das Zielabweichungsverfahren. Die Umweltverbände sind als Vertreter öffentlicher Belange zu beteiligen.

FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle

Was ist ein Zielabweichungsverfahren und warum ist es notwendig? Damit das Bauvorhaben des FC genehmigt werden kann, muss die Verwaltung einen Bebauungsplan aufstellen, der den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes entspricht. Weil er in dem anvisierten Bereich eine Grünfläche vorsieht, muss er geändert werden. Diese Änderung muss wiederum im Einklang mit dem Regionalplan stehen, der im verplanten Bereich einen Grünzug vorschreibt. Die regionalen Grünzüge sollen nach dem Regelwerk vor allem „für einen klimaökologischen Ausgleich, den Erhalt des Biotops und die freiraumgebundene Erholung sorgen“.

Alternative Standorte geprüft

Von den genannten Zielen darf nur ausnahmsweise aufgrund von nachträglich eintretenden Umständen abgewichen werden (Zielabweichungsverfahren), wenn sie dadurch in ihren Grundzügen nicht gefährdet sind. Dazu gehört auch, dass alternative Standorte geprüft werden, also, ob der FC nicht an einem anderen Ort sein Vorhaben verwirklichen könnte. Warum ist für die Naturschutzverbände das Zielabweichungsverfahren unzulässig?

Auf den Gleueler Wiesen sollen Kunstrasenplätze entstehen.

Nach Ansicht der Naturschutzverbände stehen die Erweiterungspläne im Widerspruch zu den Zielen des Regionalplans. „Die Versiegelung mit den Kunstrasenstoffen hätte natürlich auch Auswirkungen auf das Klima“, betont Röscheisen. „Bisher kann die Fläche als Waldwiese CO2 und Wasser aufnehmen und trägt damit zum Kühlungseffekt bei. Durch die Versiegelung fällt das weg und die Frischluftschneise im Äußeren Grüngürtel wird unterbrochen. Das führt zu einer weiteren Aufheizung besonders der anliegenden Stadtteile, aber auch des restlichen Stadtgebiets.“

Die Gleueler Wiese sei außerdem als Trinkwasserschutzgebiet für das Wasserwerk Hürth vorgesehen“, so Röscheisen. Kunstrasenplätze mit Gummigranulat gehörten aber laut einer neuen Studie zu den potenziell größten Verschmutzern des Grundwassers mit Plastikpartikeln. Zudem sei die Wiese ein Lebensraum für zahlreiche geschützte Greifvögel und Fledermausarten und Insekten. „Wenn dort Ballfangzäune und Flutlichtmasten errichtet werden, steht das im Widerspruch zu den Festlegungen. Das Gebiet wäre auch nicht mehr frei zugänglich.“

Welche Standorte sind nach Ansicht der Naturschützer als Alternative geeignet? Nach Meinung der Naturschutzverbände wäre der Standort Marsdorf eine gute Wahl. Er sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, weil man damit gerechnet habe, dass der Großmarkt dorthin umsiedelt und deswegen nicht genügend Fläche vorhanden sei, argumentierte Röscheisen. Diese Pläne seien nun obsolet. Der FC habe zudem begründet, dass die Jugendlichen in der Nähe der Elsa-Brändström-Realschule trainieren müssen, die sich am Grüngürtel befindet.

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Diese Schule würde nun Teil einer Gesamtschule, in dem nur noch die Klassen fünf bis sieben unterrichtet würden. Das Argument falle somit auch weg. Was sagt der FC? Der 1. FC Köln betont, dass er sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen hält. „Wir planen selbstverständlich nach den Vorgaben der Verwaltung etwa in Bezug auf Umweltverträglichkeit und Baurecht“, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle. „Die wassergebundenen öffentlichen Wege bleiben bestehen. Für das Projekt liegt ein Artenschutz-Gutachten vor.“ Was die Plastikpartikel beträfe, würden für die Genehmigung moderner Kunstrasenplätze ohnehin besondere Auflagen gelten.

Die Plätze würden daher mit einer so genannten Regenwasserbehandlungsanlage geplant. Der Standort ist nach Ansicht des Vereins alternativlos. „Es wurden mehr als zehn Alternativen differenziert geprüft“, so Wehrle. Der Standort am Geißbockheim hat sich als der mit Abstand am besten geeignete erwiesen, um bestehende Infrastruktur zu nutzen und zu ergänzen. „Der Grüngürtel ist die angestammte Heimat des 1. FC Köln“, sagt der Geschäftsführer. „Er wurde von der Stadt Köln hier angesiedelt.“

Wie geht das Verfahren weiter?Vanessa Nolte, Sprecherin der Bezirksregierung, erläutert den Stand des Verfahrens: „Zurzeit werden die Stellungnahmen, auch die der Naturschutzverbände, ausgewertet. In dem Zusammenhang werden die Argumente auch im Hinblick auf die Alternativstandorte geprüft. Danach wird das Ganze mit einem Votum versehen und dem Regionalrat des Regierungsbezirks Köln zur Beschlussfassung vorgelegt.“ Dann entscheidet sich, ob für den FC im Grüngürtel eine grundsätzliche Ausnahme gemacht wird.