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„Eine Farce“So viele Beschwerden wie noch nie? Tour Belgique vor dem Aus – Stadt Köln widerspricht

Lesezeit 3 Minuten
Menschen stehen Schlange an einem Kiosk an der Brüsseler Straße. Eine warme Nacht nähe des Brüsseler Platzes, Menschen genießen den Frühsommer und verabreden sich auf ein Getränk.

Vor 14 Jahren war die Tour Belgique zunächst als reines Bar-Hopping-Event entstanden. Mittlerweile ist das Programm vor allem kulturell.

Die Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt gestaltete sich auch in der Vergangenheit schwierig. Veranstalter Philipp Treudt hält einen Vorschlag der Stadt für unrealistisch.

Konzerte, DJ-Sessions, Lesungen, Comedy-Veranstaltungen: Bei der „Le Tour Belgique“ zeigt das Belgische Viertel seit 13 Jahren, was für ein kreatives Potenzial in ihm steckt. Shop-Betreiber, Handwerksbetriebe und Gastronomien beteiligen sich an dem Event, zu dem Tausende strömen. Das soll nun vorbei sein. Betreiber Philipp Treudt hat in den sozialen Medien verkündet, dass das im Mai stattfindende Event vor dem Aus steht. Mit einer Online-Petition möchte er sein Projekt retten.

Als Grund nennt Treudt Anwohnerbeschwerden. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt der Gastronom und Veranstalter, dass das Ordnungsamt den Betreibern schon bei einem Treffen im Juni gesagt habe, dass die Veranstaltung in der bisherigen Form nicht mehr möglich sein werde. „Es waren acht Leute vom Ordnungsamt da. Es gab so viele Anwohnerbeschwerden wie noch nie nach einer Tour Belgique. Sie haben auch klar gesagt, dass sie die Veranstaltung nicht mehr erlauben werden.“ 50.000 Besucherinnen und Besucher kamen laut Treudt in diesem Jahr.

Philipp Treudt (Archivfoto)

Gastronom und Veranstalter Philipp Treudt (Archivfoto)

Le Tour Belgique: Stadt Köln stellt keine extra Dixi-Klos und Mülleimer auf

Treudt zeigt Verständnis dafür, dass Müll und Wildpinkler unangenehm für die Anwohner seien, aber „die Stadt könnte im Vorfeld reagieren, und mehr Dixi-Klos und mehr Mülleimer aufstellen“. Das tue sie aber nicht, so Treudt.

Das Ordnungsamt habe ihnen stattdessen im Sommer vorgeschlagen, aus der Tour Belgique ein Straßenfest zu machen, dafür gelten allerdings andere Bestimmungen. Dieser Vorschlag sei eine „Farce“, so Treudt. „Für ein Straßenfest muss man ein Sicherheitskonzept vorlegen, das für die Größenordnung unfassbar teuer ist, wir sprechen von einem sechsstelligen Bereich.“

Auch widerspreche das ihrem Konzept. „Die Manufakturen, die wir vorstellen, zeigen ja ihr Handwerk in der Werkstatt. Die müssten dann einen Stand draußen aufbauen.“ Es handle sich außerdem nicht um eine einzelne Straße, sondern um ein ganzes Viertel. Der Vorschlag sei daher nicht umsetzbar.

Le Tour Belgique: Von Stadt gefördert und von Köln-Tourismus beworben

Widersprüchlich sei, so Treudt, dass das Kulturamt die Veranstaltung befürworte und fördere sowie Köln-Tourismus kräftig mit ihr werbe, während das Ordnungsamt einen problemzentrierten Fokus habe. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Gastronom dieser Zeitung gegenüber ein schwieriges Verhältnis zum Ordnungsamt beklagt. Der Kompromiss: Statt zweimal sollte das Event nur noch einmal im Jahr stattfinden, und zwar im Mai.

Inwieweit das rechtskräftige Urteil aus Münster vom September 2023 im Streit um den Lärm am Brüsseler Platz eine Rolle spielt, ist unklar. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte die Stadt dazu angehalten, effektivere Maßnahmen zur Lärmreduzierung zu treffen. Die Richterin hatte die Bemühungen der Stadt als unzureichend bezeichnet. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ dementiert ein Stadtsprecher, dass der Lärmprozess eine Rolle für das Vorgehen in Bezug auf die Le Tour Belgique spiele.

Stadt Köln dementiert Verbot von Le Tour Belgique

Der Sprecher stellt klar: „Die Stadt Köln hat künftige Veranstaltungen weder untersagt, noch die Veranstalter aufgefordert, die Veranstaltung nicht mehr durchzuführen.“ Das Ordnungsamt habe den Veranstaltern beim Treffen im Juni vielmehr erklärt, unter welchen Bedingungen die Veranstaltung durchführbar wäre: „Jährliches Beantragen einer Sondernutzungserlaubnis nach Straßen- und Wege-Gesetz des Landes NRW inklusive der sonstigen notwendigen Genehmigungen.“

Die Veranstalter müssten in dem Fall ein Veranstaltungs-, ein Verkehrs-, ein Abfall-, ein Toiletten- sowie Schallschutzkonzept vorlegen sowie für ausreichend Sicherheitskräfte sorgen. Da es sich um eine kommerzielle Veranstaltung handle, müssten sie die Kosten dafür selber tragen, heißt es weiter.

Le Tour Belgique: Zweistellige Zahl an Bürgerbeschwerden

Zudem weist der Stadtsprecher auf die „zweistellige Zahl“ an Bürgerbeschwerden hin, die die Stadt sowie die Polizei Köln im Mai 2024 erreicht hätten. „Die Beschwerden betrafen nächtlichen Lärm, massive Vermüllung, Wildurinieren, Behinderungen des Straßen- und Individualverkehr, unzulässige Sondernutzungen und nicht eingehaltene Außengastronomie-Sperrzeiten durch teilnehmende Gaststätten.“

Aktuell liege der Stadt kein Antrag für eine Sondernutzungserlaubnis für eine Le Tour Belgique 2025 vor. Die Verwaltung stehe „für lösungsorientierte Gespräche mit den Veranstaltern zur Verfügung, die Stadt Köln kann sich aber nicht über gesetzliche Regeln hinwegsetzen“, so der Sprecher.