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Sorge vor ÜbergriffenKVB empfiehlt Busfahrern, am Ebertplatz nicht mehr alleine zur Toilette zu gehen

Lesezeit 4 Minuten
Polizisten und Streifenwagen stehen auf dem Ebertplatz vor dem Zugang zur Zwischenebene der KVB.

Ein Polizeieinsatz an der Zwischenebene der U-Bahn-Haltestelle Ebertplatz im September 2023.

Manche KVB-Fahrer empfinden die durch die Drogenszene geprägte Atmosphäre als „bedrohlich“.

Auf ihren internen „Bus-Info“-Aushängen informieren die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) ihre Fahrerinnen und Fahrer für gewöhnlich über aktuelle Themen und Betriebsregelungen. In der Regel nichts Herausragendes. Doch die „Bus-Info“, die Anfang dieser Woche im Kollegenkreis verteilt wurde, ist bemerkenswert: In der Mitteilung, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, legt die KVB ihren Busfahrerinnen und -fahrern nahe, ab sofort und bis auf weiteres auf Toilettengänge am Ebertplatz zu verzichten – zu ihrer eigenen Sicherheit.

KVB: Obdachlosen- und Drogenszene als Grund

Als Grund nennt die KVB in dem Schreiben die „momentane Situation am Ebertplatz, die durch die Obdachlosen- und Drogenszene dort herrscht“. Den Busfahrern und -fahrerinnen der Linien 127 und 140 wird empfohlen, „frühzeitig via Funk die Leitstelle zu benachrichtigen“, sollte ein Toilettengang doch einmal unvermeidbar sein. Die Leitstelle werde dann klären, „ob eine Betriebsaufsicht oder der Service bei Ihrer Ankunftszeit am Ebertplatz frei ist, um Sie zu den sanitären Räumlichkeiten zu begleiten“.

Es bestehe jedoch ausdrücklich „keine Garantie“, so heißt es weiter in fett gedruckten Buchstaben, dass auch tatsächlich Einsatzkräfte zur Verfügung stünden. Für die KVB-Beschäftigten gibt es am Ebertplatz eigene Toiletten, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

Köln: Zuletzt wieder gehäuft Straftaten und Übergriffe auf dem Ebertplatz

Anlass für die „Bus-Info“ seien jüngste Rückmeldungen aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen gewesen, die sich dienstlich am Ebertplatz aufhalten, sagt KVB-Sprecher Matthias Pesch auf Anfrage. „Sie empfinden – wie vermutlich viele Passanten und Fahrgäste auch – die durch die Drogenszene geprägte Atmosphäre dort oft als bedrohlich.“ Verstärkt werde dieses Gefühl durch die Medienberichterstattung über Vorfälle in den vergangenen Wochen.

Ein Bus verlässt die KVB-Haltestelle Ebertplatz.

Ein Bus verlässt die KVB-Haltestelle Ebertplatz.

Tatsächlich gab es laut Polizei auf der Platzfläche sowie in der Zwischenebene zur U-Bahn und auf den Bahnsteigen zuletzt mehrere Straftaten und gewalttätige Übergriffe. Darüber haben viele Kölner Medien berichtet, auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Erst am Montag etwa hatte ein Räuber einem 60-Jährigen am Ebertplatz Geld gestohlen und bei seiner Festnahme Polizisten beleidigt und bedroht. Vorige Woche hatte ein Jugendlicher einem schlafenden Obdachlosen vor der Linse der polizeilichen Videobeobachtung seinen Rucksack gestohlen, der Tatverdächtige wurde festgenommen.

Nur einen Tag zuvor drückten fünf junge Männer nachts einen 40-Jährigen auf der Platzfläche nieder, schlugen und traten auf ihn ein und raubten ihm Geld, Handy und Rucksack. Ende September wurden Zivilkräfte der Polizei bei einer Drogenkontrolle von einem alkoholisierten Mann mit Fäusten angegriffen, und am 24. September stach ein Mann einen 16-Jährigen mit einem Messer nieder – möglicherweise ging es bei dem Streit um Rauschgift.

KVB: Keine Anweisung an die Fahrer, nur ein „Unterstützungsangebot“

Nun also zieht die KVB die Reißleine. Konkrete Zahlen über eine Zunahme von Übergriffen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lägen dem Unternehmen nicht vor, sagt Pesch. „Unser Anliegen ist es, die Mitarbeitenden zu ihrem eigenen Schutz für ein umsichtiges und vorsichtiges Verhalten zu sensibilisieren – und zwar nicht nur am Ebertplatz, sondern generell an Brennpunkten in der Stadt. Das ist Teil der Fürsorgepflicht, die wir für unsere Mitarbeitenden haben.“

Bei der Info handele es sich nicht um eine Anweisung, sondern um ein Unterstützungsangebot für jene Mitarbeitenden, die sich am Ebertplatz unwohl fühlten, betont Pesch.

In dem internen Schreiben empfiehlt die KVB ihren Fahrerinnen und Fahrern, möglichst die Toiletten an anderen Endhaltestellen als am Ebertplatz zu nutzen, zum Beispiel am Breslauer Platz, an der Neusser Straße/Gürtel oder Am Bilderstöckchen. Während einer längeren Wartezeit am Ebertplatz sei es zudem möglich, „auch zu anderen Endhaltestellen zu fahren, um dort die Sanitäranlagen aufzusuchen“.

Zahlreiche Initiativen am Ebertplatz aktiv

Die Stadtverwaltung weist auf Anfrage darauf hin, dass Initiativen, Anwohner und Arbeitsgruppen den Ebertplatz seit 2018 durch Projekte, Konzepte und Veranstaltungen positiv gewandelt hätten. Auch habe der Ordnungsdienst „in letzter Zeit“ nur wenige Maßnahmen gegen Störer getroffen, sagte Stadtsprecherin Simone Winkelhog. Lager und lagernde Personen seien bei den vergangenen Kontrollen nicht vorgefunden worden.

„Dennoch ist die Situation vor Ort nach wie vor problematisch“, räumt Winkelhog ein. „Insofern ist nachvollziehbar, dass die KVB ihre Mitarbeitenden im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht sensibilisieren.“ Ziel der verschiedenen Netzwerkpartner wie Stadt, Polizei, AWB, Streetwork oder KVB sei es, die Situation auf dem Ebertplatz weiter zu verbessern, „damit sich die Menschen dort wieder sicher fühlen“.