Auf die Hilfe der Stadt bei der Bekämpfung des Freizeitlärms warte Martin Cordemann vergeblich. Der BUND fordert unter anderem deutlich mehr Tempo-30-Zonen in Köln.
Freizeitlärm und Autoverkehr im FokusBund Köln fordert besseren Lärmschutz für die Stadt
Zentral zwischen der Inneren Kanalstraße und dem Inneren Grüngürtel gelegen, ist der Fernsehturm Colonius eines der Wahrzeichen Kölns. Die Naturschutzorganisation BUND Köln und Martin Cordemann, Anwohner am Inneren Grüngürtel und Kläger in einem Lärmschutzprozess gegen die Stadt Köln, wählten den Colonius am Montag bewusst als Treffpunkt für ihre Pressekonferenz, weil dort ihrer Ansicht nach die Hauptverursacher für Lärm aufeinandertreffen.
„Lärm ist nach Luftverschmutzung der zweitwichtigste Faktor für unnatürliche Todesursachen. Hier im Grüngürtel verbindet sich wie an vielen weiteren Orten Kölns der Verkehrslärm mit dem Freizeitlärm.“ Die Folge sei ein konstantes Lautstärkeniveau oberhalb der zulässigen Maximalwerte. „Daher fordern wir Rat und Verwaltung dringend zum Handeln auf“, sagte BUND-Vorstandsmitglied Helmut Röscheisen.
Forderung nach Tempo 30
Röscheisen bezog sich beim Blick auf die Maximalwerte auf eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2002. Darin ist der Wert, ab dem Anwohner von Straßenverkehrslärm betroffen sind, mittels eines komplexen Verfahrens auf Lautstärken jenseits der 55 Dezibel festgelegt. „49,8 Prozent der Kölner, also 544.200 Bewohner, leben laut diesem Wert an Orten mit Verkehrslärm“, sagte Röscheisen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO setzt den Grenzwert bereits bei 52 Dezibel an. „Die Differenz von drei Dezibel klingt zwar gering, um sie zu erreichen, wäre aber ein Verkehrsrückgang von 50 Prozent notwendig“, sagte Röscheisen. Um die Probleme zu bewältigen, fordert der BUND die Stadt auf, dem öffentlichen Personennahverkehr eine höhere Priorität einzuräumen. „Die schnelle Umsetzung der Verkehrswende als effektivste Verkehrsvermeidungsstrategie ist das Gebot der Stunde und nicht das von der Kölner Stadtverwaltung bisher favorisierte Tunnelprojekt auf der Ost-West-Achse“, sagte Röscheisen.
Darüber hinaus schlägt der Umweltschützer vor, außerhalb des vom Stadtrat beschlossenen Autoverkehrs-Grundnetzes die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde zu reduzieren. Neben den direkten Auswirkungen auf die Straßenverkehrslautstärke durch die geringere Geschwindigkeit erhoffe sich der BUND zusätzlich eine höhere Verkehrssicherheit und die weitere Etablierung des Fahrrads.
Technopartys trotz Beschwerden
Martin Cordemann berichtete von seinen Erfahrungen als Anwohner des Inneren Grüngürtels. Dieser sollte nach Ansichten des BUND zusammen mit dem Äußeren Grüngürtel zusätzlich zu den bereits bestehenden 15 ruhigen Gebieten der Stadt Köln als weiteres aufgenommen werden. So könne daraus in Zukunft eine Erholungszone werden.
Dann würden auch besondere Lärmbestimmungen gelten, die eine Begrenzung bestehenden Lärms bewirken würden. „Seit 2021 werden im Inneren Grüngürtel oft Technopartys gefeiert. Die tiefen Bässe sind so laut, dass ich sie 300 Meter entfernt bei mir Zuhause regelmäßig höre“, sagte Cordemann. Die Partys würden meistens gegen 22 Uhr beginnen und zwei oder drei Stunden dauern.
Auf die Hilfe der Stadt bei der Bekämpfung des Freizeitlärms warte er seit drei Jahren vergeblich. „Ich habe Mails an die Polizei, das Ordnungsamt, die Oberbürgermeisterin und das Justizministerium gesendet. Zwar habe ich die Antwort erhalten, dass eine Streife eingerichtet wurde, aber es ist mir schleierhaft, wann sie tatsächlich vor Ort sein soll“, sagte Cordemann. So würden die Technopartys weiterhin regelmäßig stattfinden, ohne dass sich die Behörden der Sache annehmen würden. Cordemann hat deshalb Klage gegen die Stadt eingereicht, zum aktuellen Zeitpunkt stehe das Verfahren aber noch am Anfang.
Auch Helmut Röscheisen sieht die Problematik des Freizeitlärms: „Beim BUND ist uns wichtig, dass wir nicht die Spaßbremse sein wollen. Natürlich können wir verstehen, dass der Wunsch nach solchen Technopartys besteht. Deshalb haben wir der Verwaltung vorgeschlagen, nach geeigneten Orten für solche Veranstaltungen zu suchen.“ Beispielsweise habe man Industrieflächen, alte Gewerbegebiete oder leere Fabriken vorgeschlagen – Orte, an denen niemand wohnt und gestört werde. „Uns ist wichtig, eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Dieser Vorschlag sei bei der Stadt eingegangen, nun warte der BUND auf eine Antwort.