Kommentar zur Ost-West-AchseKölner Politik wirkt bei Entscheidung über neuen U-Bahn-Tunnel unprofessionell

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Visualisierung einer U-Bahnhaltestelle am Neumarkt

So könnte die U-Bahn-Haltestelle am Neumarkt in Köln aussehen.

Seit fünfeinhalb Jahren laufen die Vorplanungen, die Ratsfraktionen waren intensiv eingebunden. Es wird Zeit für eine Entscheidung, meint unser Autor.

Wer am Montag die Sondersitzung des Verkehrsausschusses zum möglichen Bau eines U-Bahn-Tunnels in der Innenstadt verfolgte, hätte den Eindruck haben können, dass sich der Kölner Stadtrat im Jahr 2018 befindet und nicht im Jahr 2024. Doch tatsächlich laufen die Diskussionen über die Zukunft der Ost-West-Achse bereits seit fünfeinhalb Jahren.

Damals beauftragte der Stadtrat die Stadtverwaltung mit einer Doppelplanung für einen Tunnel und eine rein oberirdische Lösung. Ein sehr unübliches Verfahren, denn normalerweise wird nur eine Planung so intensiv verfolgt, weil die Politik vorher einen eindeutigen Auftrag verteilt. Nicht so in Köln.

CDU und Grüne wollten kein Zerwürfnis riskieren

Da die SPD 2018 hinter den Kulissen parallel mit Grünen und CDU verhandelte, obwohl die Grünen schon damals oben bleiben wollten und sich die CDU für einen Tunnel aussprach, entstand der kuriose Kompromiss einer gleichberechtigten Vorplanung. Denn CDU und Grüne wollten die Entscheidung damals lieber in die Zukunft verschieben als ein Zerwürfnis im aus ihnen bestehenden Ratsbündnis zu riskieren.

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Die Stadt Köln gründete nach dem Kompromissbeschluss ein politisches Begleitgremium, das an den Planungen für oben und unten intensiv beteiligt war. Es gab also über Jahre hinweg reichlich Gelegenheit, wichtige Fragen zu erörtern und Vorschläge zu unterbreiten.

Nun hat die Stadtverwaltung auf dieser Grundlage und den Erkenntnissen eines 90-köpfigen Expertengremiums eine Beschlussvorlage ausgearbeitet, der Stadtrat sollte am Donnerstag dieser Woche entscheiden. Doch daraus wird nichts, weil die Politik trotz des Begleitgremiums und eines jahrelangen Vorlaufs zu viele ungeklärte Themen sieht.

Kölner Politik steht unmittelbar vor Entscheidung

100 Fragen hat Verkehrsdezernent Ascan Egerer aus Reihen des Stadtrats erhalten, sie alle müssen nun beantwortet werden. Und damit nicht genug, kommen auch noch Aufträge an die Stadtverwaltung hinzu. Ob es nicht möglich wäre, eine Fahrt der 90 Meter langen Stadtbahnen an der Oberfläche im Bewegtbild zu simulieren? Ob sich nicht berechnen ließe, wie groß der Verdienstfall für die Geschäftsleute entlang der Baustelle für einen U-Bahn-Tunnel wäre? Ob man nicht noch schauen könnte, ob sich der Tunnel in die eine oder andere Richtung verlängern ließe?

Das alles wäre nachvollziehbar, wenn die Diskussion ganz am Anfang stehen würde. Doch tatsächlich steht die Politik jetzt unmittelbar vor der Entscheidung, vor der man sich aber offensichtlich drückt, indem man immer neue Fragen aufwirft. Das alles wirkt leider unprofessionell. Dieser Umgang der Kölner Politik mit einer wirklich großen Entscheidung für diese Stadt lässt eine gewisse Überforderung erkennen.

Diskussion über Professionalisierung der Kölner Politik

Möglicherweise ist es von ehrenamtlich agierenden Politikern auch einfach zu viel verlangt, sich innerhalb weniger Wochen durch 17 Seiten starke Beschlussvorlagen mit 50 Anhängen durchzuarbeiten – nicht von ungefähr gibt es seit vielen Jahren eine Diskussion darüber, ob eine Millionenstadt wie Köln mit einem Milliardenhaushalt nicht doch professionelle oder halbprofessionelle Politiker im Stadtrat benötigt.

Dessen ungeachtet muss der ehrenamtliche Stadtrat jetzt seiner Verantwortung gerecht werden und am 1. Oktober über die Ost-West-Achse entscheiden. Weitere Verzögerungen darf es nicht geben.

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