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Kommentar

Satirischer Wochenrückblick
Köln macht Schluss mit dem Nahkampfverkehr

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Lesezeit 2 Minuten
Autos stehen im Stau vor einem Parkhaus in der Kölner Innenstadt.

Autos stehen im Stau vor einem Kaufhof-Parkhaus in der Kölner Innenstadt.

Warum die Kölner mit ihrem neuen Straßen-Grundnetz am Ende ganz entspannt einkaufen gehen können.

Halten Sie mich für verrückt, halten Sie mich für übergeschnappt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es eines nicht mehr allzu fernen Tages an langen Wochenenden wie diesem und in der Vorweihnachtszeit keine Autoschlangen mehr vor dem Kaufhof-Parkhaus in der Innenstadt geben wird, die bis auf die Deutzer Brücke zurückreichen.

Und das nicht, weil der Kaufhof auf der Schildergasse auch dichtgemacht hat, sondern weil selbst der letzte SUV-Fahrer verstanden hat, dass er seinen Kokon nicht mehr braucht, um sich vor dem tosenden Verkehr in der Innenstadt zu schützen, sondern zwischen Fußgängerzonen, Fahrradstraßen und Flaniermeilen kuschelige Millionendorfplätze vorfindet.

Das wird die Zeit sein, in der die Lobbyisten pro Auto und pro Fahrrad in Köln zu einer Einheit verschmolzen sind: ADAC plus ADFC macht ADAFC, einen Allgemeinen Deutschen Automobil- und Fahrradclub. Die Kölner CDU wird nicht mehr ausschließlich jede Straßenbahn unter die Erde bringen, bloß weil dort so schön schwarz ist. Und die Grünen werden ihren Straßenbahn-Fetisch aufgeben und darauf verzichten, das gesamte Streckennetz mit Rasengleisen auszurüsten, weil im Schritttempo die Gänseblümchen so schön anschauen sind.

Ein Fußgängerbeauftragter für jedes Veedel

Bei den Kölner Verkehrs-Betrieben wird man nicht mehr jammern, dass die Einführung des Deutschlandtickets ein schwerer Fehler war, weil man zuerst das Streckennetz hätte ausbauen müssen, bevor man Menschenmassen aus ihren Autos in den öffentlichen Nahkampfverkehr lockt.

Die Stadtverwaltung wird für jedes Veedel einen Fußgängerbeauftragten einstellen, dessen einzige Aufgabe es ist, bei Stadtführungen den Touristen aus aller Welt zu erklären, wie Köln es geschafft hat, dass auf der Nord-Süd-Fahrt vor dem Opern-Sarkophag Draußen-nur-Kännchen-Kaffee getrunken wird und die kölschen Verkehrsbeziehungen so geregelt sind, dass sie der kölschen Mentalität entsprechen: locker, entspannt und weltoffen.

Woher ich diesen Optimismus nehme? Nun. Die Stadtverwaltung hat in dieser Woche ihr Konzept für ein neues Straßen-Grundnetz vorgestellt, mit dessen Details ich Sie nicht langweilen will. Wichtig ist nur: Alle haben daran mitgewirkt, auch jene, die in Sachen Verkehr bisher immer auf Konfrontationskurs waren. Die IHK und die Umweltverbände zum Beispiel. Sie haben es gemeinsam beschlossen und wollen es alle fünf Jahre neuen Entwicklungen anpassen.

Und das in Köln, der Stadt, in der normalerweise alles zerredet wird. Da hat das Wort Klimawandel endlich mal eine positive Bedeutung. Wenn das Grundnetz perfekt ist, kriegen will alles eins geschenkt. Von Köln-Tourismus. Damit wir uns ins Einkaufserlebnis stürzen können.