Viele Notrufe gingen bei der Polizei ein, auch Familien wurden Ziel von Böllern und Raketen. Die Kölner Politik diskutiert über angemessenen Schutz.
„Enthemmtes Böllern“ an SilvesterWie wahrscheinlich ist die Ausweitung der Kölner Verbotszonen?
Die Silvesternacht ist zwar nach bisherigem Kenntnisstand in Köln anders als in anderen Städten ohne große Zwischenfälle und größtenteils friedlich verlaufen, doch einige Szenen dürften noch längere Zeit für Diskussionen sorgen. Am späten Silvesterabend wurde die Stimmung im Rheingarten immer ungemütlicher und teils auch gefährlicher.
Bis Mitternacht kamen mehrere tausend Feiernde zum linken Rheinufer in der Altstadt und zündeten Böller und Raketen, phasenweise flog im Sekundentakt Pyrotechnik unkontrolliert in die Menschenmenge, zu der auch viele Familien mit Kindern gehörten.
Missbrauch von Pyrotechnik
Ein Polizeisprecher sagte, es habe eine Vielzahl an Einsätzen wegen der „missbräuchlichen Nutzung von pyrotechnischen Gegenständen“ gegeben, weil also Menschen andere Anwesende mit Böllern und Raketen beworfen haben. Vielfach seien deshalb Notrufe abgesetzt oder die anwesenden Beamtinnen und Beamten angesprochen worden.
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Es hätte wohl nicht viel gefehlt, damit die Stimmung im Rheingarten kippt. Die Polizei stockte ihr Personal daher im Verlauf des Abends immer weiter auf und bildete mehrere Ketten von behelmten Einsatzkräften.
Zusätzlich wurde ein Flutlichtwagen von der Bundespolizei angefordert, der schließlich gegen 23 Uhr unter Pfiffen und Gejohle vieler Feiernder auf einer der Wiesen an der Frankenwerft in Betrieb genommen wurde und fortan den Bereich ausleuchtete. Auch im Görlinger Zentrum flogen immer wieder Böller und Raketen in die Menschenmenge.
Keine gezielten Angriffe aus Ordnungskräfte
Gezielte Angriffe auf die Polizei, das Ordnungsamt, die Feuerwehr und den Rettungsdienst gab es aber nicht. Die Stadtverwaltung berichtet aber, dass vereinzelt das Personal des Sicherheitsdienstes an den Schleusen im Domumfeld mit Pyrotechnik attackiert worden sei. Polizei und Verwaltung prüfen und werten noch die Einsatzlagen aus, in der Politik hat dagegen schon eine Debatte über weitergehende Böllerverbote begonnen.
Im Mehrheitsbündnis im Stadtrat aus Grünen, CDU und Volt herrscht Uneinigkeit, die drei Fraktionen haben 50 von 90 Sitzen. Die Grünen wollen, dass die Verwaltung weitere Verbotszonen prüft, Volt ist dafür, die CDU dagegen. Im Kooperationsvertrag des Bündnisses aus dem Jahr 2020 steht: „Wir streben ein professionelles öffentliches städtisches Feuerwerk zu Silvester an, bei dem es in der Kölner Innenstadt, soweit rechtlich möglich, Verbotszonen für privates Feuerwerk gibt.“
Verwaltung: Grundlage für weitere Verbotszonen fehlt bislang
Nur das ist nicht so einfach. 2021 hatte das städtische Rechtsamt größere Verbotszonen geprüft, damals war wie dieses Jahr das Feuerwerk am Dom verboten, aber eben auch unter anderem am Rheinpark und dem linksrheinischen Rheinufer nördlich der Hohenzollernbrücke. Das Ergebnis: Die rechtliche Grundlage für weitere Verbotszonen fehlte.
„Eine Prognose hinsichtlich des Vorliegens einer konkreten Gefahr kann nur anhand der Rechtsverletzungen der vergangenen Jahre getroffen werden.“ Und deshalb ginge es nicht. Die Frage ist, ob die Gefahr sich erhöht hat. Auch müsste bei einer größeren Verbotszone sichergestellt sein, dass es nicht zu einer Verdrängung kommt, die Szenen sich also an anderen Stellen außerhalb der Zone nicht wiederholen.
Die Grünen begründen ihre Idee, weitere Verbotszonen zu prüfen, mit den Vorkommnissen in anderen Städten. Ihr Vize-Fraktionschef Manfred Richter sagte: „Die Ereignisse in anderen Städten zeigen aber, dass die bisherigen böllerfreien Sicherheitszonen nicht ausreichen. Um die Gefahren durch das Böllern einzudämmen, brauchen wir in weiteren Bereichen der Stadt Sicherheitszonen für unsere Einwohnerinnen und Einsatzkräfte.“
Auf Nachfrage, warum denn Erfahrungen in anderen Städten nun zu konkreten Verboten in Köln führen sollen, sagte Richter: „Dass es diesmal in Köln nach erster Bilanz glimpflich verlief, ändert nichts an den grundsätzlichen Gefahren durch enthemmtes Böllern. Der Blick nach Berlin und Leipzig zeigt beispielhaft die Gefahren, die auch für Köln bestehen.“ Hinzu kämen Müll, Feinstaub und die Zusatzbelastung für Kliniken.
Eine Volt-Sprecherin teilte mit: „Die Volt-Fraktion steht zur Vermeidung der Mengen an Müll, dem unverantwortlichen Umgang mit Böllern und der Entlastung des medizinischen Personals einer Ausweitung der Böllerverbotszonen positiv gegenüber.“
Die CDU sieht das anders, ihr Fraktionschef Bernd Petelkau sagte: „Die Kölner Feuerwerks-Verbotszonen haben sich erneut bewährt. Deshalb ist eine grundsätzliche Ausweitung der Verbotszonen zur Zeit nicht notwendig. Die gute präventive Arbeit von Polizei und Ordnungsamt muss fortgesetzt werden. Dazu gehört auch die Bereitschaft, notfalls massiv gegen Randalierer vorzugehen.“