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Mieter „wütend und fassungslos“Stadt Köln und LEG einigen sich auf Nutzung des KAT18

Lesezeit 5 Minuten

Das Gelände am Kartäuserwall 18

  1. Das Theater der Keller hat eine dauerhafte neue Spielstätte: die Räume am Kartäuserwall 18 in der Kölner Südstadt.
  2. Das passt den bisherigen Nutzern gar nicht, sie protestieren lautstark gegen die Verdrängung. Zu ihnen zählen politische Gruppen, eine Fahrradwerkstatt und weitere Freiberufler.
  3. Nun haben sich die Stadt und der Vermieter die LEG Immobilien AG geeinigt – doch besonders ein Punkt in der Vereinbarung mutet absurd an.

Südstadt – Seit vorigem Frühjahr kämpft das Hausprojekt am Kartäuserwall 18 um die Gewerberäume in ihrem Innenhof. Der Vermieter, die LEG Immobilien AG, hatte ihnen gekündigt. Die Räume sollen zumindest teilweise an das „Theater der Keller“ gehen. Die Stadtverwaltung, die Grünen im Rat und der Vermieter verkünden nun eine Einigung: „Die Verhandlungen zwischen der Stadt und der LEG sind abgeschlossen“, teilt das Büro der Oberbürgermeisterin den Ratsausschüssen für Kultur und Finanzen mit.

Das börsennotierte Unternehmen erklärt, dass „das Gebäude zu einem noch lebendigeren kulturellen Treffpunkt in der Südstadt weiterentwickelt und gleichzeitig soziokulturelle Freiräume bewahrt“ werden sollen. Der Grünen-Ratsherr Jörg Frank spricht von einem tragfähigen Kompromiss: „Aus grüner Sicht ist das Ergebnis ein Erfolg.“ Allein die Mieter, organisiert in einem Verein, wollen nicht einstimmen. Die Verhandlungen seien ohne sie zu Ende geführt worden. „Das macht uns wütend und fassungslos“, schreiben sie als Reaktion auf die vermeintlichen Erfolgsmeldungen.

Kölner Mieter sollen sich die Räume tageweise teilen

Auch wenn nach der Kündigung der Gewerberäume unweit der Severinstraße bereits eine Räumung im Gespräch war: Die Mieter werden noch geduldet. Die Bewohner sehen ihr Hausprojekt, das aus Wohn- und Arbeitsräumen besteht, dennoch gefährdet. Der nun ohne ihre Zustimmung ausgehandelte Vorschlag sieht vor, dass sie weitere Gewerberäume an das Theater abtreten sollen. Das hat bereits einen der größeren angemietet, samt Nebenraum. Für den Umbau des Kellers darunter stehen Zuschüsse aus dem städtischen Haushalt bereit. Der Theatersaal soll dort entstehen. Die Bewohner wollen, dass es dabei bleibt.

Hier lesen Sie mehr: Mietvertrag für umstrittene Spielstätte in Köln unterschrieben

Das Theater, selbst wegen Sanierung aus einer Südstadtvilla vertrieben, ist allerdings auch auf Probenräume, eine Werkstatt für die Kulissen und Büros in der Nähe angewiesen. Das Hausprojekt soll deshalb zustimmen, dass sich die Nutzerin eines großen Erdgeschoss-Ateliers, „Die Halle“ genannt, ihren Raum künftig mit dem Theater tageweise teilt. Sie vermietet ihn bislang stundenweise an Künstler und freischaffende Kreative in der Südstadt weiter, die dort Kurse anbieten. Das vorgeschlagene Wechselmodell sei unrealistisch, schreiben die Bewohner.

Nutzer sollen sich verpflichten ein Hoffest zu feiern

Aus den Unterlagen, die die LEG den Ratsausschüssen vorgelegt hat, geht außerdem hervor, dass das Hausprojekt auf einen weiteren Raum verzichten soll. Weil der drei unterschiedlichen Nutzungen dient, sind mehr Leute betroffen, als die Unterlagen nahe legen. Die Mietverträge für drei andere Räume will die LEG dagegen uneingeschränkt verlängern, deutlich teurer, aber mit 5,50 Euro je Quadratmeter immer noch unter Marktniveau.

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Das Hausprojekt spricht davon, dass sie die Hälfte ihrer Werkstätten und Ateliers verlieren würden. Nicht nur weil die Positionen immer noch so weit auseinander liegen, mutet ein weiterer Punkt in der Vereinbarung absurd an. Alle Nutzer sollen sich verpflichten, ein jährliches Hoffest zu feiern.

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„Das Hausprojekt ist wichtig für die Südstadt“, sagt Pfarrer Hans Mörtter von der Lutherkirche über die „gemeinschaftliche Lebensform“. Er ist von der LEG als Ombudsmann vorgeschlagen worden, um künftig Streit zwischen den Mietern zu schlichten. Er hält dem Immobilienkonzern zugute, sich auf die Position der Bewohner zubewegt zu haben.

Pfarrer Hans Mörtter: Einigung nicht in Sicht

Dennoch sieht er momentan keine Grundlage für eine Einigung. „Da prallen Welten aufeinander“, sagt er. Das Hausprojekt sei eines der letzten „Biotope“, „gelebter Kontrapunkt zur Gentrifizierung“, ein „erkämpfter Ort der Freiheit“. Er verstehe gut, dass die Bewohner ihre Errungenschaft verteidigen. Die Bewohner setzen auf weitere Gespräche und auf Mörtter als Vermittler.

Das KAT18 in Köln

Das Hausprojekt KAT18 ist aus einer Besetzung Anfang der 1980er Jahre hervorgegangen. Eine Sanierung mit öffentlicher Förderung folgte und langfristige Verträge mit der damals landeseigenen LEG sollten das Anliegen der ehemaligen Besetzer dauerhaft sichern. Die Bewohner entscheiden bis heute im Kollektiv über gemeinsame Fragen. Nicht nur räumlich, auch sozial bildet das Projekt eine Nische in der gentrifizierten Südstadt. „Rentner, Kranke, Psychopathen, Sozialhilfeempfänger“, so die Beschreibung einer Bewohnerin, wohnen unter anderem in dem Komplex, der einmal eine Brauerei war. Die bislang günstigen Gewerberäume im Hof sollten einigen von ihnen eine Einnahmequelle ermöglichen. Auch politische Gruppen nutzen sie. Eine Food-Sharing-Station versorgt arme Menschen in der Südstadt mit Lebensmitteln. Die aktuelle Situation ist eine der Spätfolgen der Privatisierung der LEG. Die schwarz-gelbe Landesregierung entschied, den Immobilienkonzern 2008 zu verkaufen. Er ging an einen Aktienfonds. Im vorigen Jahr nun lief die Garantie für die günstigen Gewerberäume im Hof am Kartäuserwall aus. Im Gegensatz zu Wohnungen sind Gewerberäume einfach zu kündigen. Das tat die LEG und bot dem Theater der Keller die Räume an. Die Nutzer aus dem Hausprojekt protestierten. Die Politik schaltete sich ein und beauftragte die Stadtverwaltung, zu vermitteln. (phh)

Der Pfarrer weist auch darauf hin, dass das Hausprojekt in seiner 40-jährigen Geschichte bereits Gebäude abtreten musste. Vorne an der Straße nutzen die Gemeinnützigen Werkstätten Köln ein Gebäude als Atelierhaus für Künstler mit Behinderung. Mörtter beteuert, das Theater liege ihm am Herzen. Aber nicht nur er zweifelt, ob mehr Publikumsverkehr in der Straße für alle erträglich ist. Im Nachbargebäude am Kartäuserwall ist ein deutsch-japanisches Kulturzentrum untergebracht und das Alte Pfandhaus, einem Publikum weit über die Südstadt hinaus bekannt für seine Jazz-Konzerte. „Es wird auf jeden Fall laut“, sagt er. Eine einvernehmliche Lösung und damit eine friedliche Koexistenz, ist derzeit wohl noch nicht absehbar.