Pascha vor dem AusWie geht es mit dem Kölner Bordell weiter?
- Die Insolvenz des Pascha in Köln hat die Diskussion um das coronabedingte Berufsverbot neu entfacht.
- Wie geht es mit dem Bordell weiter? Wie viele Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz? Was geschieht mit dem Hochhaus?
- Fragen und Antworten zum Thema im Überblick.
Köln – Welche Reaktionen hat der Insolvenzantrag des Pascha ausgelöst? Weltweite, so viel ist klar. Von der BBC über die „Las Vegas Sun“ bis zur größten vietnamesischen Online-Zeitung „Zin“ – unzähligen Medien war das bevorstehende Aus des Pascha ein Bericht wert. Die englische „Daily Mail“ etwa nennt das Hochhaus an der Hornstraße in Neuehrenfeld „eines der größten Bordelle der Welt“, dem nun als Folge des coronabedingten Prostitutionsverbots in NRW die Pleite drohe. In Köln hat gleichwohl so mancher in der Szene das Ende des Pascha kommen sehen.
Ein Großbordell rentiere sich heute einfach nicht mehr, „auch ganz ohne Corona“, ist etwa der Betreiber eines kleinen Laufhauses in der Innenstadt überzeugt, der mit seinem Betrieb gerade selbst ums Überleben kämpft. Ein Großteil des Geschäfts sei ins Internet abgewandert.
Wie geht es jetzt mit dem Pascha weiter?
Geschäftsführer Armin Lobscheid hat beim Amtsgericht Köln Insolvenz angemeldet, weil er seine Angestellten nicht mehr bezahlen kann. Das Gericht wird einen Sachverständigen beauftragen, der die wirtschaftliche Situation des Pascha prüft. Sind die formalen Voraussetzungen erfüllt, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren und bestellt einen Insolvenzverwalter. Der sortiert die Finanzen, bedient – falls möglich – Gläubiger und lotet Möglichkeiten aus, den Betrieb fortzuführen. Gelingt das nicht, ist das Pascha am Ende.
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Was geschieht mit dem Hochhaus?
Das ist noch völlig unklar. Das zehnstöckige Gebäude wurde 1974 als zunächst namenloses Eroscenter eröffnet. In dem Neubau sollte die Prostitution in Köln gebündelt und von der Kleinen Brinkgasse aus der Innenstadt verdrängt werden. Seit 1994 heißt das Bordell Pascha. Inhaber ist die Timoste Appartementhotel Schildbach KG, die wie auch Armin Lobscheid am Freitag für Nachfragen nicht erreichbar war. Da das Hochhaus von Anfang an als Laufhaus konzipiert und errichtet wurde, wären vermutlich teure Umbauten nötig, um es künftig anderweitig zu nutzen, zum Beispiel als Hotel. Denkbar ist aber auch, dass ein neuer Betreiber das Pascha nach dem Ende des Insolvenzverfahrens übernimmt und als Eroscenter weiterführt.
Wie viele Menschen verlieren durch die Insolvenz ihren Arbeitsplatz?
Im Pascha waren 60 Mitarbeiter angestellt, darunter Handwerker, Köche, ein Friseur, Elektriker, Masseure, Reinigungskräfte und Sicherheitsleute. Bis zu 120 Frauen – die meisten aus Rumänien – hatten Zimmer gemietet, in denen sie Freier empfingen. Viele Frauen waren bereits vor dem Lockdown im März in ihre Heimat zurückgekehrt. Seit dieser Zeit ist Prostitution in NRW durch die Corona-Schutzverordnung untersagt. Das Gesundheitsministerium plant derzeit mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen auch keine Lockerung, wie ein Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte – anders etwa als in Berlin und Niedersachsen, wo Prostitution unter Auflagen wieder erlaubt ist.
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In NRW, so der Sprecher, habe man unter Abwägung bei den bisherigen Lockerungsschritten anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wie Handel, Sport und Kultur den Vorzug vor sexuellen Dienstleistungen gegeben. Dabei wird es wohl vorerst bleiben – wegen der hohen Ansteckungsgefahr. Die „typischerweise hohe Atemfrequenz der Kunden“, erklärt der Ministeriumssprecher, führe zu einer erhöhten Aerosolbildung, die die Übertragung des Virus begünstigen könne.
Nach Schätzungen verdienten vor dem Corona-Lockdown mehr als 2000 Menschen in Köln mit Prostitution ihren Lebensunterhalt. Was machen sie heute?
Verlässliche Zahlen und Angaben dazu gibt es nicht. Der Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) meldet einen erhöhten Beratungsbedarf seitens der Prostituierten. Viele sind in ihre Heimat zurückgekehrt, einige habe man in Hartz 4 vermitteln können, andere wollten die Pandemie zum Anlass nehmen, ganz aus dem Gewerbe auszusteigen. Der SKF berät sie über Möglichkeiten, Schulabschlüsse nachzuholen oder Berufsausbildungen zu starten.
Findet de facto keine Prostitution in Köln mehr statt?
Doch. Ein Laufhaus-Betreiber aus dem Linksrheinischen berichtet, die Frauen in seinem Haus würden fast alle wieder so arbeiten wie in der Zeit vor der Pandemie, nur jetzt eben illegal. Eine 24-jährige Prostituierte bestätigte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger, sie empfange seit Monaten nur noch Stammkunden, denen sie vertraue. Sie habe keine Alternative. „Wovon soll ich sonst meine Miete zahlen und mein Essen kaufen?“
Auch Anne Rossenbach vom SKF sagt: „Die Prostitution ist nicht verschwunden, sie geht weiter, nur eben jetzt ohne jede Form von Kontrolle oder Sicherheit.“ Viele Frauen hätten in den Beratungsgesprächen geklagt, in fast allen Bereichen werde gelockert, nur für sie ändere sich nichts. „Sie empfinden das so, als behandele man sie wie das Letzte. Das macht ihnen die gesellschaftliche Wahrnehmung von Prostitution gerade wieder einmal sehr deutlich bewusst.“