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„30 Euro, mit Kondom”Nachts unterwegs mit einem Freier auf dem Kölner Eigelstein

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Der Eigelstein – hier die Eintrachtstraße – ist eins der ältesten Rotlichtviertel der Stadt.

  1. Für unsere Serie „Köln im Rotlicht“ sind unsere Reporter in die Rotlicht-Szene eingetaucht, haben mit Prostituierten, Freiern, Zuhältern und Bordellchefs gesprochen.
  2. Folge 12: Der Eigelstein ist eines der ältesten Rotlichtviertel der Stadt. In manchen Häusern wohnen Familien Tür an Tür mit Prostituierten.
  3. Wir haben einen Freier, der auch Familienvater ist, durch die Nacht begleitet.

Köln – Günter hat sich schick gemacht für seine Rotlicht-Tour über den Eigelstein. Schwarze Lederschuhe, das kurzärmlige, karierte Hemd in die Jeans gesteckt, das fliehende Haar mit Gel nach hinten gestrichen. „Bisschen nett sollte man schon aussehen“, findet der 49-Jährige. Der Handwerker sitzt am Tresen und hat sein fünftes Kölsch bestellt. Es ist Freitag, früher Abend, die drückende Sommerhitze hat sich bis in den letzten Winkel der düsteren Kneipe ausgebreitet. Eine Frau, Bulgarin, kaum 1,60 Meter groß, korpulent, bekleidet mit einem knappen schwarzen Top und Jeans, nimmt auf dem Barhocker neben ihm Platz: „Kann ich auch was trinken?“, fragt sie in gebrochenem Deutsch und lächelt ihn an. „Kölsch?“, fragt er. „Wodka“, antwortet sie. Günter bestellt. Sechs Euro. „Ganz schön teuer“, raunt er. Die Wirtin zuckt mit den Schultern. „Hier hast du Unterhaltungsdamen, die hast du in den anderen Kneipen nicht.“ -> Hier: Alle 20 Folgen der Serie „Köln im Rotlicht“ im Überblick!

Zwei- oder dreimal pro Jahr, erzählt der geschiedene Familienvater aus Ostheim später, gönne er sich einen Ausflug in das Rotlichtviertel hinter dem Hauptbahnhof. Meistens hat er zwei Kumpel aus Norddeutschland dabei, heute einen Reporter. Der Straßenstrich am Kölnberg sei ihm zu dreckig, sagt Günter, das Pascha zu teuer. Der Eigelstein sei ein guter Kompromiss.

Anbahnung im Sperrbezirk

Hier, zwischen Breslauer Platz und Torburg, liegt das vielleicht schäbigste, sicher aber eines der ältesten Rotlichtviertel der Stadt. Im Stavenhof, einer engen Seitengasse, haben sich Prostituierte schon zu Napoleons Zeiten den Passanten angeboten. Heute ist die Gegend Sperrbezirk, die Kontaktaufnahme auf der Straße verboten. Das Geschäft hat sich in eine Handvoll Kneipen verlagert. Sind Frauen und Freier sich einig, verschwinden sie in einem der Stundenhotels oder Appartements um die Ecke.

Für eine halbe Stunde im Hotel verlangt die Bulgarin von Günter 50 Euro plus 20 Euro Zimmermiete – zu viel für den 49-Jährigen, der eigentlich auch eher auf „blond und schlank“ steht, wie er sagt. Die Wirtin stellt ihm ein neues Kölsch hin, als ein hagerer Mann mit langen Haaren im Trikot des FC Chelsea die Kneipe betritt. Er sieht aus, als sei er auf Drogen. Aus einer Plastiktüte zieht er mit langsamen Bewegungen eine wuchtige goldfarbene Kette. „100 Euro?“, fragt er. Günter grinst, er ist zu Späßen aufgelegt. „Zu teuer.“ – „80?“ – „Zu teuer.“ – „50, letztes Wort.“ Günter winkt ab. Der Hehler startet einen letzten Versuch: „35. Ist ein super Geschäft, wisst ihr selber.“

Lesen Sie hier alle bereits erschienenen Folgen von „Köln im Rotlicht – Das Geschäft mit der Prostitution“ ->

„Es ist nicht so, dass das Viertel hier absäuft“, sagt ein Fahnder der Polizei. „Aber wir wollen verhindern, dass der Bereich zum Magneten für alle Sorgenkinder dieser Welt wird.“ Ordnungsamt und Polizei machen hin und wieder Razzien in den Kneipen und auf der Straße. So soll den Frauen und vor allem ihren Hintermännern das Leben schwer gemacht werden.

Immer wieder fallen teure Autos mit osteuropäischen Kennzeichen auf, die langsam den Eigelstein rauf und runter fahren oder die Straße zuparken. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Szene von bulgarischen Zuhältern beherrscht wird. Einem sollen mehrere Häuser gehören. An einem Imbiss darauf angesprochen, zieht es der unscheinbar wirkende Mann vor zu schweigen.

Auch ein Gespräch mit einem Gastwirt, der als Zuhälter zu Wohlstand und Eigentum am Eigelstein gekommen sein soll, läuft ins Leere: Der Mann lächelt viel und sagt wenig.Auf der Straße stehen breitschultrige Männer in Gruppen zusammen und besprechen sich. Manchmal wird es laut.

Die Polizei vermutet, dass die Zuhälter die meiste Zeit in den Cafés und Kneipen verbringen und die Frauen nicht aus den Augen lassen. Der Nachweis dessen ist allerdings schwierig.In der düsteren Kneipe hat sich Layla dazugesellt. Sie wirkt weniger forsch als die Bulgarin, lächelt verlegen. Layla trägt eine große Handtasche zum grauen Hosenanzug. Auch sie fragt nach Wodka. Sie sei 29, Türkin, wohne im Bergischen und habe eine elfjährige Tochter, auf die gerade die Oma aufpasse. Eigentlich arbeite sie in einer Wäscherei, sagt Layla. Das hier sei nur ein Nebenverdienst am Wochenende – rein freiwillig, wie sie versichert. „Bisschen Geld verdienen für die Familie.“

Prostitution in Wohnhäusern

Nach zehn Minuten flüstert sie dem Reporter ins Ohr: „Wenn du willst, können wir ein bisschen Spaß haben.“ 50 Euro plus 30 Euro Zimmermiete. Sie deutet auf den Ehering am Finger. „Verheiratet?“, fragt sie und fügt gleich hinzu: „Kein Problem.“ Ihr Handy klingelt. Eilig verlässt Layla die Kneipe und kehrt nicht mehr zurück.

Ein Mann, der seit 40 Jahren am Eigelstein lebt und sich im Milieu auskennt, stellt uns einen Zuhälter vor: Ali. Er steht vor einem Kiosk und raucht. Einen Luden habe am Eigelstein jede Frau, sagt Ali. Wie viele Frauen für ihn arbeiteten? „Einige, viele. Warum soll ich Euch was sagen? Ich arbeite bei Ford, habe Familie.“ Er müsse weg, sagt Ali und dreht ab. Der Kioskmann lacht. „Der hat hier 17 Frauen am laufen!“

Prostitution sei ein „großes Problem“ vor allem im Bereich südlicher Eigelstein und Eintrachtstraße, sagt Ruth Wennemar vom Bürgerverein Kölner Eigelstein e.V. Anwohner erzählten ihr, dass immer mehr Wohnungen „entmietet“ würden zugunsten von Appartements für Prostituierte – zum Beispiel in einem Haus in der Eintrachtstraße. „In diesem Haus wohnt auch eine Familie mit einem kleinen Kind. Das ist nicht tragbar“, sagt Wennemar.

Der Bürgerverein setzt auf ein ganzheitliches Konzept. „Wir wollen, dass das Viertel verkehrsberuhigt wird – als Nebenaspekt wären dann auch die Männer, die mit Autos hier entlang cruisen, schon mal ihrer Wege beraubt“, sagt Wennemar. Außerdem müssten der Eigelstein und die Bahnbögen optisch aufgewertet werden. „Ich hoffe, dass auch das neue Hotel, das 2021 eröffnen soll, eine positive Wirkung auf das Viertel hat.“

Nach drei weiteren Kölsch hat Günter die Kneipe verlassen. Mit einer zusammengerollten Sportzeitung unter dem Arm betritt er den Flur eines Hauses in der Eintrachtstraße 80. Die Tür ist nur angelehnt. Vier Stockwerke, 14 Zimmer, alle nummeriert. Auf manchen Türen stehen Namen. Jessy, Daria, Maria. Die Flure sind rot gestrichen, auf jeder Etage mahnt ein Zettel an der Wand die Kondompflicht an. Vor manchen Zimmern stehen Frauen, fast ausschließlich Osteuropäerinnen, die meisten nicht viel älter als 20. Sie lächeln die Gäste an, begrüßen sie mit „Hallo“ oder „Willst du Spaß?“

Glossar

Agisra

Die „Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung“ in Köln ist seit 1993 eine Beratungs- und Informationsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen. Agisra unterstützt zum Beispiel Frauen, die von Gewalt, Sexismus oder Rassismus betroffen sind, die Sozialarbeiterinnen reden mit Frauen auf dem Straßenstrich, am Eigelstein und in Bordellen. Der Verein sitzt in der Bolzengasse in der Altstadt, Telefon 0221/124019.

Escort

Begleit-Agenturen oder Escort-Agenturen vermitteln Frauen, seltener auch Männer, gegen Honorar für eine vereinbarte Zeit. Die Agenturen dienen als Dienstleister und kassieren eine Provision von den Frauen, die oft zwischen 25 und 35 Prozent liegt. Die Preise für die meistens auch sexuellen Dienstleistungen schwanken, liegen aber nur selten unter 200 Euro pro Stunde und 1500 Euro pro Tag. Viele ihrer Mitarbeiterinnen seien Studentinnen, berichtet eine Kölner Agentur-Chefin. Eine vom Studienkolleg zu Berlin veröffentlichte Umfrage ergab, dass 3,7 Prozent aller Berliner Studierenden als Sexarbeiter im weiteren Sinne tätig sei. Verbände und Behörden gehen davon aus, dass der Großteil der im Escort-Bereich tätigen Frauen freiwillig dort arbeitet.

Hurenpass

Im Juli 2017 ist bundesweit das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten. Seitdem müssen Prostituierte einen speziellen Ausweis bei sich tragen, den so genannten Hurenpass. Diese Anmeldebescheinigung, die regelmäßig verlängert werden muss, ist mit Namen, Meldeadresse und einem Foto versehen. Viele Sexarbeiterinnen weigern sich, ihre Anonymität aufzugeben und den Pass zu beantragen – sie fürchten unter anderem Repressionen in ihren Heimatstaaten, in denen Prostitution unter Strafe steht.

Laufhaus

In einem meist mehrstöckigen Laufhaus mieten Prostituierte Zimmer an. Wenn sie auf Freier warten, stehen ihre Türen offen. Der Kunde streift durch die Flure und kommt mit den Frauen ins Gespräch, die vor oder in ihren Zimmern sitzen. Welche Leistungen sie anbieten und welche Preise sie dafür verlangen, bestimmen die Frauen selbst, nicht der Laufhaus-Betreiber. Er kassiert von ihnen nur die tägliche oder monatliche Miete. Der Eintritt in ein Laufhaus ist meistens frei. Wie viele der Frauen tatsächlich selbstbestimmt arbeiten und wie viele ihre Einnahmen an einen Zuhälter abtreten müssen, ist unklar.

Loverboys

Zuhälter, die vor allem Minderjährige und junge Frauen in Clubs und im Internet ansprechen. Sie täuschen ihnen die große Liebe vor, entfremden sie aber tatsächlich von Freunden und Familie und zwingen sie in die Prostitution. Laut Polizeierkenntnissen sind Loverboys in aller Regel Einzeltäter, die oft mehrere Frauen parallel haben, ohne dass die Opfer voneinander wissen.

Menschenhandel

Eine Straftat, auf die zwischen sechs Monate und zehn Jahre Gefängnis steht. Unter Menschenhandel versteht das Gesetz jede Form des Anwerbens, Transports oder Beherbergens von Menschen, um sie auszubeuten – zum Beispiel in der Prostitution, durch Bettelei oder Zwangsarbeit.

Poppers

Slang für eine flüssige, nicht verbotene Droge, die in kleinen Ampullen vertrieben wird und beim Öffnen ploppt. Poppers sollen stark gefäßerweiternd, aphrodisierend, muskelentspannend und schmerzhemmend wirken – und damit helfen, den Geschlechtsverkehr zu verlängern. Werden in fast allen Bordellen verkauft. Können zu Herzrasen, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen führen, blutdrucksenkende Potenzmittel verstärken die Wirkung.

Prostituiertenschutzgesetz

Seit 1. Juli 2017 ist ein neues Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Es beinhaltet unter anderem die Verpflichtung eines so genannten „Hurenausweises“. Betreiber von Bordellen benötigen eine Erlaubnis und dürfen sich zuvor nicht im Bereich Menschenhandel/Prostitution strafbar gemacht haben. Das Gesetz sieht auch eine Kondompflicht für Freier und eine Gesundheits- und Ausstiegsberatung für Sexarbeiter/innen vor. Sexarbeiterinnen dürfen seit Inkrafttreten des P. nicht mehr in dem Raum schlafen, in dem sie ihre Dienstleistungen anbieten – Bordellbetreiber müssen getrennte Schlaf- und Waschräume anbieten. Das Gesetz soll Sexarbeiter/innen vor Zwangsprostitution, ungeschütztem und gewalttätigem Sex schützen. Interessenverbände und Beratungsstellen kritisieren das Gesetz: Die meisten Prostituierten, die nicht freiwillig arbeiten, würden weiterhin nicht erreicht. Die Sorge, mit einem Hurenausweis identifiziert werden zu können, treibe viele Frauen in die Illegalität.

Das Gesetz hat für Prostituierte in NRW auch positive Effekte, resümiert die Prostituierten-Beratungseinrichtung Kober. So habe sich die Hygiene in vielen Häusern verbessert, auch die Rückzugsmöglichkeiten, Aufenthaltsräume und Beratungen wurden von vielen Frauen als hilfreich beschrieben. Die in vielen Sprachen abrufbare Lola-App unterstützt demnach viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, um sich besser über ihre Rechte, Krankenversicherung, Prävention und Beratungsangebote zu informieren.

Saunaclub/FKK-Club

Die Gäste bewegen sich im Handtuch oder Bademantel durch den Club. Im Eintrittspreis enthalten sind oft Getränke und Speisen. Neben Sauna und Dampfbad gibt es meist eine Bar und separate Bereiche, in denen männliche Besucher mit Prostituierten ins Gespräch kommen. Die Einnahmen werden zwischen der Frau und dem Clubbetreiber aufgeteilt. Die Frauen sind entweder festangestellt, oder sie arbeiten auf eigene Rechnung beziehungsweise für einen Zuhälter, der sie häufig zum Club bringt und wieder abholt. Insider gehen davon aus, dass ein Großteil der Frauen in den Clubs nicht unabhängig von Zuhältern arbeitet.

Sexarbeit/Prostitution

Sexarbeit und Prostitution sind nicht dasselbe. Sexarbeit ist der neutralere Begriff, er beinhaltet keine negative Bewertung. Eine Sexarbeiterin ist eine Dienstleisterin, die einen sexuellen Service anbietet, um damit Geld zu verdienen. Das Wort Prostitution ist negativ belegt: Im Lateinischen bedeutet es, etwas „nach vorne zu stellen“ – sich preiszugeben oder auszustellen. Prostitution wird verbunden mit einem patriarchalen System – Bordellen, Zuhältern und Freiern, die die Regeln diktieren. Bei einer Frau, die auf den Straßenstrich geht, um ihre Drogensucht zu finanzieren, würde man eher von einer Prostituierten sprechen, bei einer Frau, die sich mit Escort-Service ihren Lebensunterhalt verdient, eher von Sexarbeiterin. Bei einer jungen Frau aus Osteuropa, die im Bordell Sex anbietet, ist die Unterscheidung schwieriger – wenn sie dort arbeitet, um die Existenz ihrer Familie zu sichern, spräche man von Sexarbeit, würde sie von ihrem Vater oder Bruder unter Druck gesetzt, anschaffen zu gehen, von Prostitution.

Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)

Anlaufstelle im Caritasverband für Frauen und Familien in Not. Seit mehr als hundert Jahren engagiert sich der SkF in Köln für Prostituierte, informiert sie über Rechte und Pflichten, unterstützt sie bei Sorgen in Familie und Partnerschaft und hilft den Frauen beim Ausstieg, wenn sie das wünschen. Die Geschäftsstelle ist am Mauritiussteinweg in der Innenstadt, Telefon 0221/12695-0.

Verrichtungsbox

Garagenähnliche Boxen auf dem Straßenstrich an der Geestemünder Straße in Niehl. Das fußballfeldgroße, eingezäunte Gelände eröffnete im Oktober 2001. Freier fahren dort zunächst durch eine Kontaktzone und dann mit den Frauen in eine der acht Boxen, die in einer alten Scheune untergebracht sind. Es gibt auch Container für Fußgänger oder Radfahrer. In jeder Verrichtungsbox ist ein Alarmknopf an der Wand. Während der Öffnungszeiten sind Sozialarbeiter auf dem Gelände anwesend, Ordnungsamt und Polizei kontrollieren das Gelände regelmäßig.

Weißer Ring

Hilfsorganisation für Menschen, die in Deutschland Opfer von Kriminalität geworden sind. Die ehrenamtlichen Betreuer beraten auch immer wieder Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, unterstützen sie bei der Suche nach spezialisierten Rechtsanwälten, bei der Beantragung einer lebenslangen Opferrente oder mit der Zahlung einmaliger Soforthilfen bis zu 300 Euro. Zentrale Anlaufstelle auch für Menschen in Köln ist das Landesbüro in Düren, Telefon 02421/16622.

Zwangsprostitution

Eine besondere Form der Ausbeutung und seit 2016 ein eigener Straftatbestand neben dem Menschenhandel. Vor 2016 war der Begriff rechtlich nicht definiert. Bei Verurteilung drohen dem Täter zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft. Die meisten Opfer stammen aus Deutschland sowie aus Ost- und Südosteuropa. Häufig werden die Frauen angeworben, indem der Täter ihnen eine legale Arbeit etwa in der Gastronomie oder Hotellerie verspricht.

Günter quält sich die enge Treppe hinauf unters Dach. Es ist stickig, im Treppenhaus steht eine Wolke aus süßem Parfüm. Ob die Prostituierten auf eigene Rechnung arbeiten oder ob sie gezwungen werden, könne er ja gar nicht wissen, sagt Günter. Und eigentlich, gibt er zu, interessiere ihn das auch nicht sonderlich. Zurück im Erdgeschoss fällt sein Blick durch eine geöffnete Zimmertür auf eine blonde Frau, die auf einem Futonbett liegt. Gelangweilt tippt sie auf dem Handy. Sie trägt lachsfarbene Unterwäsche und eine große, schwarze Brille. „Hallo!“, grüßt Günter freundlich, „wie viel?“ – „30, mit Kondom“, antwortet die Frau ohne aufzuschauen. Günter nickt. „Simmer im Geschäft.“ Er reicht dem Reporter seine Sportzeitung. „Halbe Stunde“, sagt er. Dann schließt er die Tür.