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Kölner PerspektiveKopenhagen-Style verleitet zum Träumen

Lesezeit 4 Minuten
Brigitte Scholz referiert zum Thema Stadtumbau. Veranstaltungsreihe „Kölner Perspektiven zu Stadt und Resilienz“

"Es ist ein riesiges Umdenken notwendig" — Brigitte Scholz, Leiterin des Kölner Amtes für Stadtentwicklung und Statistik

Eine Architektin aus Dänemark und ein Stadtplaner aus Frankfurt liefern Ideen für Projekte, die Großstädte auf das vorbereiten sollen, was die Zukunft ihnen abverlangen wird.

Eine Brücke ohne Autos als „urbaner Living-Room“. Hügel für Fahrräder – nicht als Gräber, sondern als multifunktionale Parkplätze. Oder ein riesiger Beton-Silo, dank einer „neuen Jacke aus Stahl“ zum angesagten Wohnhaus transformiert. Caroline Nagel, Architektin des renommierten Kopenhagener Planungsbüros Cobe, lieferte am Montagabend im Wallraf-Richartz-Museum schöne Ideen zum Träumen.

Und Peter Berner vom Kölner Architekturbüro Astoc steuerte im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kölner Perspektiven zu Stadt und Resilienz“ einen praktischen Denkanstoß bei: Nicht überall alles wollen, sondern hier und da Schwerpunkte setzen, riet er im Stiftersaal, wohin das Kölner Amt für Stadtentwicklung und Statistik zu Impulsvorträgen und zur Diskussion zum Thema „Stadtumbau“ geladen hatte.

Der Kölner Wirtschafts- und Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack dankte für den Hinweis und gestand: „Vielleicht müssen wir auch mal ein wenig nivellieren, wir nehmen Entwürfen möglicherweise die Kraft.“ Heißt: Wer bei einem Stadtentwicklungsprojekt versucht, alles unter einen Hut zu bekommen, kommt möglicherweise nicht weit – und auf keinen Fall schnell voran.

Es braucht Mut und gute Ideen

Mehr Wohnraum, mehr Freiraum, mehr Arbeitsplätze, Klimaanpassung, grüne Mobilität, eine hohe Lebensqualität, soziale Gerechtigkeit und noch mehr Wohnraum – die Anforderungen an die Großstädte der Zukunft sind immens. Die noch zur Verfügung stehende Fläche dagegen ist winzig. Es braucht also gute Ideen und den Mut, sie umzusetzen. Zu gucken, wie es andere machen, kann daher nicht schaden.

Martin Hunscher, Leiter des Stadtplanungsamtes der Stadt Frankfurt am Main, berichtete von Projekten in der Mainmetropole, die der Kölner Realität etwas näherkommen als der Kopenhagen-Style zum Träumen von Caroline Nagel.

Die Fläche in der 800.000-Einwohner-Stadt sei noch begrenzter als in Köln, sagte Hunscher. Er wies auf die größten Probleme beim Nachverdichten in Städten hin: Nicht nur Kita- und Schulplätze werden dann oft knapp, sondern auch Freiflächen und Einkaufsmöglichkeiten.

Und doch ist in Frankfurt ein Meisterstück gelungen: In der Platensiedlung wurden 340 Wohneinheiten um 680 erweitert und zusätzliche Infrastruktureinrichtungen geschaffen. Ausgangspunkt war eine offene Zeilensiedlung aus den 1950er-Jahren, damals für Angehörige der US-Armee errichtet. Die drei Geschosse wurden mit einer modularen Holzkonstruktion auf fünf Geschosse aufgestockt und die Häuserzeilen um zusätzliche Kopfbauten ergänzt.

„Menschenfreundliche Entwicklung des städtischen Raumes“

Caroline Nagel beschwor anhand ihrer Beispiele aus der dänischen Hauptstadt eine „menschenfreundliche Entwicklung des städtischen Raumes“. Kopenhagen wurde zuletzt im Ranking der lebenswertesten Städte der Welt vom britischen Magazin „Economist“ auf Rang zwei hinter Wien platziert.

Dass die Menschen sich selbst dort wichtiger nehmen als ihre Autos, könnte ein Grund dafür sein. Als probeweise der Verkehr von einer vielbefahrenen Brücke verbannt wurde, eroberten die Stadtbewohner diese als Freizeitfläche – und der „urbane Living-Room“, wie Caroline Nagel diesen und andere gemeinschaftlich genutzte Bereiche in der Stadt nennt, durfte bleiben.

Bei einem ähnlichen Versuch auf der Deutzer Freiheit in Köln ging das mögliche Plus an Lebensqualität unter in einem Streit im Veedel und der Klage einiger Händler, die lediglich erhebliche Umsatzeinbußen wahrnahmen. Brigitte Scholz, in Köln Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik, verwies darauf, dass hier noch „ein riesiges Umdenken“ nötig sei, damit „das Auto, das direkt bis in die Tiefgarage unter dem Haus fährt, nicht als sicherstes, bequemstes und aus vielerlei Hinsicht bestes Fortbewegungsmittel“ wahrgenommen werde.

„Einfach mal ausprobieren“

Caroline Nagel sagte: „Man muss es wollen und einfach mal ausprobieren, manchmal auch mit radikalen Lösungen. So können sich neue Möglichkeiten ergeben.“ Die vielversprechende Nachricht für Köln: Nagels Büro ist an den Planungen für das Quartier Deutzer Hafen beteiligt. Die Architektin bezeichnete das Gelände als „irren Ort“ mit „so großem Potenzial, viel Geschichte, einer wahnsinnigen Lage“.

Sie schwärmte von den geplanten Parks (drei an der Zahl), Plätzen, einer „wunderschönen Stadtpromenade“ und sie hat die Idee einer neuen Fußgänger- und Fahrradbrücke von dort über den Rhein noch nicht aufgegeben. Ihre einzige Sorge: „Ich hoffe, es wird jetzt mal ein bisschen schneller vorangehen.“

Die nächste Veranstaltung der Reihe, die vom Kölner Stadt-Anzeiger begleitet wird, findet am 4. November unter dem Titel „Kölner Diskurs“ statt.