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Dramatische Personalnot in KölnKita betreut nur noch an ausgewählten Tagen – Eltern fühlen sich im Stich gelassen

Lesezeit 4 Minuten
Gummistiefel für Kinder sind an einer Garderobe in einer Kindertagesstätte zu sehen.

Immer häufiger müssen Kölner Eltern ihre Kinder selbst betreuen, weil in den Kitas Personal fehlt. (Symbolbild)

Die Eltern müssen in den kommenden Monaten ihre Kinder an festgelegten Tagen selbst betreuen. Die Einrichtung ist kein Einzelfall.

Für die Eltern ist es eine Hiobsbotschaft: Die Personalnot hat sich in der Kita Matthäuskirche in Lindenthal so zugespitzt, dass die Einrichtung ihre Betreuung massiv einschränken muss. Bedeutet: Ab dem 11. März bleibt die Kita immer freitags geschlossen. Außerdem können die Kinder erst ab 8 Uhr, an einem Tag in der Woche sogar erst ab 8.30 Uhr gebracht werden. Und die Eltern müssen ihre Kinder an bestimmten Tagen bereits um 14 oder sogar schon um 13 Uhr abholen. Ab Mai kommt es noch schlimmer. Dann müssen die Kinder an zwei bis drei Tagen in der Woche zu Hause bleiben.

Kurzfristig hat der Träger der Kita, die evangelische Kirchengemeinde Köln-Lindenthal, den Familien die Maßnahmen mitgeteilt, „um den Kita-Betrieb zumindest eingeschränkt aufrecht halten zu können“. Der Brief liegt der Redaktion vor. Sie gelten demnach „so lange, bis sich die Personalsituation stabilisiert“. In kurzer Zeit hat die Einrichtung mehrere Mitarbeitende verloren. Neben einer Fachkraft, die planmäßig in Rente geht, kommen drei weitere Kündigungen aus verschiedenen persönlichen Gründen hinzu. Angesichts des Fachkräftemangels ist es bisher nicht gelungen, die Stellen neu zu besetzen.

Köln: Kita in Lindenthal öffnet nur noch an ausgewählten Tagen

Betroffen sind 40 Kinder. „Wir fühlen uns insbesondere von der Politik alleingelassen. Wie sollen wir für die kommenden Monate unseren Alltag planen?“, fragt Svea Nielsen, Mutter einer vierjährigen Tochter. Sie arbeitet als Führungskraft in der Personalentwicklung einer Kölner Firma, ihr Mann in einem Versicherungsunternehmen. „Wir haben keine Großeltern in der Nähe, die unsere Tochter betreuen können. Sollen wir unsere Arbeitszeit reduzieren oder einer von uns Elternzeit nehmen?“

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Die Familie befinde sich Nielsen zufolge trotz allem noch in einer recht komfortablen Lage: „Ich habe zumindest die Möglichkeit zum Homeoffice und wir können uns Job und Betreuung zu zweit aufteilen. Aber in unserer Kita gibt es auch Alleinerziehende, die haben Existenzängste und Sorgen, ihren Job zu verlieren.“ Ab dem kommenden Kita-Jahr vergibt die Einrichtung grundsätzlich nur noch 35-Stunden-Plätze und bietet keine 45-Stunden-Verträge mehr an.

Die Eltern unterstützen nun die Kita aktiv, Personal zu rekrutieren. Sie haben eine Stellenanzeige verfasst, in den sozialen Netzwerken gepostet und wollen diese auf Flyern verteilen. Über die Kita verliert Nielsen kein schlechtes Wort: „Wir sind total zufrieden, Mitarbeitende, Leitung und Träger sind super und mit Herzblut dabei und geben ihr Bestes. Bisher hatten wir auch noch keine größeren Ausfälle.“ Aber sie wünscht sich deutlich mehr Unterstützung von der Politik, etwa ein Sofort-Programm, um mehr Erzieher auszubilden.

Die Lindenthaler Kita ist indes nur ein Beispiel für die massive Personalnot in Kitas, die bundesweit herrscht und sämtliche Träger betrifft. Und sie nimmt weiter zu, wie aktuelle Zahlen zeigen. Jede Kölner Kita war im Kindergartenjahr 2022/23 an durchschnittlich 19,6 regulären Öffnungstagen geschlossen, etwa wegen Krankheit oder Fortbildungen. Das teilte das Statistische Landesamt IT.NRW kürzlich mit. Ein Jahr zuvor waren es noch 17,4 Tage.

Kitas müssen der zuständigen Aufsichtsbehörde melden, wenn sie den vorgegebenen Personalschlüssel unterschreiten und die vereinbarte Betreuung nicht mehr gewährleisten können. In Köln ist diese Aufsichtsbehörde das LVR-Landesjugendamt Rheinland. Im Jahr 2022 hat dieses insgesamt 1194 Meldungen darüber erhalten, dass die vereinbarte Betreuung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Im Jahr 2023 waren es insgesamt 1533. Der LVR geht dabei von einem Dunkelfeld aus, da die Träger die Meldepflicht unterschiedlich streng auslegen. Deswegen geben die Daten nur Mindestzahlen wieder.

Die Einschränkungen können so aussehen, dass bestimmte Nachmittagsangebote ausfallen oder aber eine komplette Kita wochenlang schließen muss. Im Jahr 2022 mussten Kitas in mindestens 503 Fällen die Betreuungszeit reduzieren. Die Eltern mussten ihre Kinder also früher abholen oder später bringen. Im Jahr 2023 war das 717-mal der Fall. Im vergangenen Jahr mussten Kitas auch deutlich häufiger einzelne Gruppen oder sogar komplett schließen: Das kam insgesamt 784-mal vor (Vorjahr: 667).

„Wir bedauern, dass aktuell in vielen Kitas nur eine eingeschränkte Betreuung möglich ist“, schreibt die Leiterin des Kölner Jugendamts, Dagmar Niederlein, in einem Elternbrief an alle Kölner Kitas. „Die Lage ist von wirklich historischem Ausmaß“, heißt es darin weiter. „Eine Besserung der personellen Situation ist zumindest kurzfristig leider nicht in Sicht.“ Der herrschende Fachkräftemangel werde sich auch deshalb verschärfen, weil in den kommenden Jahren „eine Vielzahl an Beschäftigten in den Ruhestand gehen werden“.

Allein in den rund 200 städtischen Kitas sind derzeit mehr als 200 Stellen unbesetzt. Vakante Stellen bleiben teils auf Monate frei. Um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, will die Stadt ab dem Sommer die Zügigkeit am Berufskolleg Ehrenfeld erweitern, um dort mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher zu schaffen. Langfristig soll die Ausbildungskapazität in den Eingangsklassen sogar verdoppelt werden.