„Können nicht mehr“Kölner Theater-Institution gibt nach 33 Jahren auf und schließt
Köln – Eines der ältesten Theater der Stadt streicht die Segel: Nach 33 Jahren soll am 31. Dezember die letzte Vorstellung über die Bühne des Theaters am Sachsenring gehen. Es ist keine spontane Entscheidung: „Der jahrelange Kampf um Förderung unseres Hause hat uns mürbe gemacht“ sagt Theaterleiter Joe Knipp dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Der letzte Akt war das letzte Jahr. Da sind wir in einen finanziellen Engpass geraten, weil drei Schauspieler weggegangen sind.“ Er habe darob den Spielplan noch einmal komplett umbauen müssen.
Normalerweise gebe es da eine Überbrückungshilfe von der Stadt. „Die ist auch schon anderen Theatern gewährt worden und hat sich immer so zwischen 60.000 und 100.000 Euro bewegt.“ In seinem Fall aber habe „die Kultur eine Überbrückungshilfe immer wieder verweigert“. Immer wieder habe es vonseiten des Kulturausschusses geheißen, es fehlten Wirtschaftspläne und Belege. Knipp hält das für eine Farce: „Ich weiß nicht, wie viele Wirtschaftspläne wir eingereicht haben.“ Und irgendwann „verlassen einen dann die Kräfte“.
„Wir kommen nicht mehr raus aus der Spirale“
Sie hätten gute Arbeit gemacht, sagt Knipp nicht ohne Bitterkeit. Bitterkeit deshalb, weil man ihm im vergangenen Jahr bei einer Besprechung im Kulturamt entgegengehalten habe: „Wir können diese Litanei vom guten Theater nicht mehr hören!“ Mehr und mehr sei ihm klar geworden, „wir kommen nicht mehr raus aus dieser Spirale, wir müssen das beenden.“ Dabei sei es ja nicht das erste und einzige Mal, „dass die Stadt Köln so mit Theatern umgeht.“ Bei vielen habe es Spitz auf Knopf gestanden, aber sie hätten es doch wieder hingekriegt. „Aber bei uns ist es definitiv vorbei. Am ersten Januar 2020 ist Schluss.“ Die letzte Vorstellung in der Silvesternacht Bühnen-Kabarettist wird Thomas Reis bestreiten, der selber „ganz entsetzt über die Nachricht“ war.
Das könnte Sie auch interessieren:
Danach befragt, woran es seiner Meinung nach liegt, dass die Stadt dem Theater keine Unterstützung gewährt, muss Knipp weiter in die Vergangenheit schauen. „Das fing an mit meinem Engagement bei der Kölner Theaterkonferenz. Ich habe Plänen widersprochen. Ich habe auf Vielfalt gesetzt.“ Das, was er zurzeit erlebe, sei „die genetische Fortsetzung einer Gegnerschaft, die immer dazu führte, das wir draußen blieben.“
Joe Knipp: Keine Hilfe vom Kulturamt
Wertvolle Unterstützung sei stets aus den Reihen des Publikums gekommen, von Freunden und aus dem Ensemble. Nicht aus dem Kulturamt. „Selbst zum Schluss, während des letzten Gesprächs im Amt, wurde uns mitgeteilt, dass man nur noch einmal zusammensitze, weil das Amt von der Politik gezwungen worden sei, Hilfe zu leisten. Das Kulturamt sei sicher, dass wir es nicht schaffen.“
Diese Art der Nicht-Kommunikation, des Forderns und Demütigens, wurde im letzten Jahr immer unerträglicher“, sagt Joe Knipp. „Irgendwann wurde uns klar, dass Stolz selbst für ein kleines Theater eine wichtige Rolle spielt.“ Sie seien immer nur mit der Arbeit beschäftigt gewesen und mit der Freude über die Ergebnisse. Von der Arbeit an drei Premieren und einer beachteten Uraufführung abgesehen, seien sie im letzten Jahr fast nur noch mit rechnen und abrechnen beschäftigt. „Wir haben alles gegeben. Alles Geld und alle Kraft. Alle Leidenschaft und alle Liebe. Jetzt können wir nicht mehr.“
Bevor das Theater endgültig seine Pforten schließt, werde es noch „eine letzte Vorstellung nach der anderen“ geben. Gerade war es „Dracula“. Da sei erst Blut, und dann seien Tränen geflossen – „im Publikum und bei den jungen Schauspielern, die mit uns groß geworden sind.“