Köln – Immer schmaler werden die Wege, auf denen Ceyun Turan unterwegs ist. Schließlich parkt der Mann mit den robusten Arbeitsklamotten seinen Geländewagen an einem Trampelpfad unter hohen Bäumen und fängt mit seiner Operation an.
Objekt seines Eingriffs ist ein Rohr in einem Betonsockel mitten im Naturschutzgebiet Weißer Bogen im Süden Kölns - eine von rund 1500 Grundwasser-Messstellen, denen Ceyun Turan und seine Kollegen vom Energieversorger Rhein-Energie regelmäßig einen Besuch abstatten.
Kölner Grundwasser: 90 Millionen Kubikmeter für Trinkwasser
Grundwasser gibt es in Köln und Umgebung mehr als in anderen Gegenden, die Kölner Bucht ist wie eine gigantische Schüssel, die durch Niederschläge und unterirdische Wasserströme des Rheins aufgefüllt wird. „Zur Trinkwassergewinnung nutzen wir jährlich circa 90 Millionen Kubikmeter – knapp zehn Prozent des zur Verfügung stehenden Wassers im Untergrund“, heißt es von der Rhein-Energie, die Köln und einige Städte im Umland beliefert.
Insgesamt befänden sich in den Schichten bis 15 Meter unter der Erdoberfläche ständig rund 920 Millionen Kubikmeter. Insofern seien die Kölner durchaus privilegiert, sagt Rudolf Hunold, Vorgesetzter von Ceyun Turan und vier weiteren Grundwasserbeobachtern: „Es müsste Jahre nicht regnen, bis Grundwasser knapp wird.“
Trinkwasser-Qualität wird laufend geprüft
Damit auch die Qualität stimmt, ist sein Team täglich zwischen Königsdorf und Bergischem Land, zwischen Worringen und der Sieg unterwegs, um Proben zu entnehmen. Auch regelmäßige Pegelstandsmessungen und Pflegearbeiten gehören zu ihren Aufgaben.
Im Weißer Bogen nimmt Ceyun Turan an diesem Vormittag Wasserproben, die anschließend im Labor untersucht werden. Bevor er die vielen kleinen Fläschchen befüllen darf, muss er bestimmte Parameter wie pH-Wert, Leitfähigkeit oder Sauerstoffgehalt des Wassers schon vor Ort bestimmen. Dazu pumpt der 30-Jährige etwa 20 Minuten lang Wasser durch ein spezielles Gerät. Erst wenn die Werte konstant sind, kann die eigentliche Probeentnahme beginnen.
Rhein-Energie: Grundwasserpegel aktuell stabil
Auch das Riechen und Schmecken gehört zum Job: „Wenn man jetzt schon Öl riechen würde, wäre es eine Katastrophe“, sagt Rudolf Hunold. Eine Katastrophe, die heute zum Glück ausbleibt. Auch der Grundwasserpegel, den Ceyun Turan mit einem so genannten Lichtlot misst, ist mit 8,54 Metern unauffällig. Seit mehr als 110 Jahren werde der Pegel kontinuierlich gemessen, so ein Unternehmenssprecher. Phasen sehr hoher und sehr niedriger Pegel seien natürliche Erscheinungen.
Aktuell seien die Pegelstände aber im Schnitt höher als etwa in den 1970er Jahren. Im Wasserlabor der Rhein-Energie-Zentrale am Kölner Parkgürtel werden pro Jahr mehr als 20.000 Proben daraufhin untersucht, ob die Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel, Mineralien oder Keime eingehalten werden. Die Vorgaben seien streng, so Melanie Kaiser, Qualitätsmanagementbeauftragte im Wasserlabor: „Die deutsche Trinkwasserverordnung ist die strengste Lebensmittelverordnung.“ Bei einem Grundwasserschaden würden die Behören informiert, die unter Umständen weitere Proben anordnen.
Messungen sind wichtig zur Problemprävention
Für Rudolf Hunold sind die regelmäßigen Untersuchungen ein wichtiges Instrument, um Probleme frühzeitig festzustellen: „Ohne sie weiß man nicht, was auf die Wasserwerke zufließt.“ Allerdings bewegt sich das Wasser im Untergrund mit rund einem Meter pro Tag ziemlich langsam. Werden an einer Messstelle, die einem Trinkwasserbrunnen ein Kilometer vorgelagert ist, bedenkliche Werte gemessen, dauert es 2,7 Jahre, bis die Verunreinigung den Trinkwasserbrunnen erreicht. Genug Zeit also zum Reagieren.
Grundwasser in Köln
Die Rhein-Energie fördert ausschließlich Grundwasser aus dem Untergrund. Wegen der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit unterscheidet sich der Mineralstoffgehalt im Rechts- und Linksrheinischen. Der Härtegrad liegt im Linksrheinischen bei 17,5 Grad, im Rechtsrheinischen bei 14 Grad. Wer seine private Trinkwasserqualität analysieren lassen möchte, kann sich im Wasserlabor der Rhein-Energie unter der Rufnummer0221/ 178-3377 melden.
Die Trinkwasserqualität in Deutschland sei sehr gut, „aber nur, weil wir einen großen Aufwand betreiben“, so Rudolf Hunold. Ceyun Turan, der seit acht Jahren als Grundwasserbeobachter arbeitet, macht dieser Aufwand sogar Spaß.
Wasserprüfer in Köln: „Besser als jeder Bürojob“
Auch wenn an diesem Vormittag die Mücken um ihn herumschwirren und er auch bei Schnee und Regen zum Teil an die entlegensten Stellen ausrücken muss: der Außendienst sei für ihn auf jeden Fall der Büroarbeit vorzuziehen. Nach etwa 30 Minuten hat er seine Arbeit im Weißer Bogen erledigt und steuert den Geländewagen aus dem Dickicht. Die nächste Messstelle wartet schon.