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„Für mich ist es eine Berufung“So arbeitet ein Tierpfleger im Südamerikahaus des Kölner Zoos

Lesezeit 3 Minuten

Christoph Kiesow ist Tierpfleger und Revierleiter des Südamerikahauses im Kölner Zoo. Unsere Volontärin begleitet ihn zu Faultierbaby und Co.

„Zuerst muss ich das Jungtier vom Bauch der Mutter nehmen.“ Gekonnt lenkt Christoph Kiesow Faultiermama Jumi mit Frühstück ab, langsam greift sie nach der Möhre in der Hand des Tierpflegers. Gleichzeitig nimmt er das Faultierbaby von ihrem Bauch und legt es auf ein Stofffaultier. „An dem Stofftier kann es sich festhalten und wir wärmen es vorher an, damit es an Jumis Körperwärme erinnert“, sagt Kiesow.

Aktuell zieht das männliche Zweifinger-Faultier das Interesse der Besucher auf sich. Das Jungtier hat noch keinen Namen, Zoo-Besucher können aber bis Sonntag, 12. Mai, zwischen drei Vorschlägen abstimmen. Noch bevor das Südamerikahaus des Kölner Zoos täglich für Besucher geöffnet wird, ist es Kiesows Aufgabe, nach dem Faultierbaby zu schauen.

Wiegen, füttern, streicheln – Faultierbaby des Kölner Zoos wird als erstes versorgt

Zuerst geht es auf die Waage. Inklusive Stofftier wird das Jungtier gewogen, das Stofftiergewicht wird danach abgezogen. „Ohne das Stofftier würde er anfangen zu schreien, das Stofftier gibt ihm Sicherheit.“ 948 Gramm, Kiesow ist zufrieden. Nach dem Wiegen wird zugefüttert, er bekommt gekochtes und ungekochtes Gemüse. Drei Tage nach der Geburt fresse ein neugeborenes Faultier bereits feste Kost.

Träge kaut das Faultierbaby sein Frühstück und schläft dabei immer wieder ein. „Das ist ganz normal, Faultiere schlafen rund 90 Prozent des Tages oder ruhen sich aus“, sagt Kiesow. Nach ein paar Streicheleinheiten geht das Jungtier zurück an Mutter Jumi. Sie verschwindet mit ihrem Baby in einem Korb, der knapp unter der Decke hängt.

Tierpfleger Christoph Kiesow hält das Faultierbaby, das auf einem Stofffaultier liegt, mit seiner Hand und füttert es mit gekochter Rote-Beete. Foto von Christian Mack

Das Faultierbaby frisst gekochte Rote-Beete aus Tierpfleger Christoph Kiesows Hand.

Kiesow geht in den hinteren Teil des Südamerikahauses, hier befindet sich das zweigeteilte Gehege der Kugelgürteltiere. Im Kölner Zoo ist erstmals ein Kugelgürteltier geboren. Vater und Sohn mussten allerdings nach der Geburt separiert werden. „Der Vater ist in den ersten Lebenswochen des Jungtiers kannibalisch, das heißt, wir müssen ihn von dem Jungtier trennen, damit er es nicht an- oder auffrisst“, sagt Kiesow.

Im Gehege von Mutter und Jungtier liegen Äste, Stroh und Tierkot verstreut. Kiesow ist täglich damit beschäftigt, die Hinterlassenschaften nicht nur der Kugelgürteltiere, sondern auch der Faultiere, Affen und Vögel mit Harke und Eimer aufzusammeln und zu entsorgen.

2019 ließ der Zoo das Südamerikahaus sanieren und nach der Fertigstellung der Flora und Fauna Südamerikas nachempfinden, circa 100 Tiere, verteilt auf 16 Tierarten leben hier. Ein gewundener Steg führt die Besucher durch das Tropenhaus. Unterhalb des Stegs wachsen südamerikanische Dschungelpflanzen. Eine Treppe führt hinab zum Dschungel-Terrain, wo Kiesow an mehreren Stellen Futterschalen mit Obst, Nüssen, Salat, Gemüse und Mehlwürmern für die Tiere verteilt.

Wieder auf dem Besuchersteg angekommen, holt Kiesow eine Dose mit beunruhigend lebendigem Inhalt aus der Küche: Heuschrecken. Zur Arbeit eines Tierpflegers gehöre es auch, lebendige Kost zu verteilen. „Man packt sie am besten hinten an den Flügeln, und hält sie dann den Affen hin“, sagt Kiesow. Augenblicklich hocken vier kleine Affen auf dem Geländer, acht erwartungsvolle Augen richten sich auf das Futter in Kiesows Hand. Die zappelnden Heuschrecken sind schnell verteilt.

Tierpfleger Christoph Kiesow und Volontärin Elena Stickelmann stehen im Riesentukan-Gehege und füttern Tukan Yago.

Riesentukan Yago bekommt Fruchtpellets von Volontärin Elena Stickelmann

Weiter geht es zum letzten Tier, bei dem Kiesow prüft, ob alles in Ordnung ist. Riesentukan Yago fliegt in freudiger Erwartung auf sein Futter durch sein Gehege. Für ihn gibt es Obst, Gemüse und kleine gelbe Fruchtpellets, die er aus Kiesows Daumen- und Zeigefinger abnimmt. Sein bunter Schnabel greife sachte wie eine Pinzette, sagt der Revierleiter.

Tukanschnäbel können viermal größer als der Kopf und bis zu 20 Zentimeter lang werden. Yagos Schnabel sieht schwer und unpraktisch aus, sei aber laut Kiesow sehr leicht, weil er hohl ist. Kiesow sagt, er sei mit Leidenschaft Tierpfleger und Revierleiter. „Für mich war es schon immer eine Erfüllung mit Tieren zu arbeiten. Im Zoo ist die Vielfalt nochmal viel größer als etwa auf einem Bauernhof. Die Tiere geben einem viel wieder, für mich ist es eine Berufung.“