Südstadt – Obwohl die Einschränkungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie derzeit das öffentliche Leben auch in der Kölner Südstadt weitgehend zum Stillstand gebracht haben, tritt für zahlreiche Gewerbetreibende entlang der Severinstraße auch unabhängig von der aktuellen Lage die Sorge um ihre Zukunft nicht in den Hintergrund. Denn Anfang März hatten die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) mitgeteilt, dass die Behelfsbrücke an der Einsturzstelle des Stadtarchivs in der Nähe des Waidmarkts instandgesetzt werden muss. Da die Severinstraße im Norden über den Rand der U-Bahn-Baugrube führt, soll die stark genutzte Verbindung von der Innen- in die Südstadt an dieser Stelle den KVB zufolge voraussichtlich ab April für die Dauer von zwölf Monaten für den Auto-, Bus- und Radverkehr gesperrt werden. Die dafür nötigen Arbeiten werden parallel zu den Arbeiten in der Besichtigungsbaugrube durchgeführt.
Momentan warten die KVB und die Stadt Köln noch auf ausstehende Genehmigungen von technischen Aufsichtsbehörden. Dem Verkehrsunternehmen zufolge seien darum noch Änderungen bei den geplanten Maßnahmen möglich. Außerdem wolle man die Anwohner und Gewerbetreibenden vor Ort umgehend informieren, sobald mehr und konkrete Erkenntnisse vorlägen, kündigten KVB-Vertreter in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt an.
Der Inhaber des Sportgeschäft „Dauerlauf“, Georg Herkenrath, erwartet von dem angekündigten Bauprojekt und den damit im Zusammenhang stehenden Sperrungen „nichts Gutes“, wie der 69-Jährige dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt. Auch, wenn der genaue Verlauf noch nicht beschlossen sei. „Dauerlauf“ befindet sich unweit der Bahnstation Severinstraße und „als spezialisierter Ausrüstungsfachmann“ sei er davon abhängig, dass sein Laden gut erreicht werden könne. „Zu uns kommen fast ausschließlich Stammkunden, Laufkundschaft ist eher selten“, erläutert Herkenrath, der sein Geschäft seit 1983 an der Severinstraße betreibt. Seine „düsteren Vorahnungen“ begründet er auch mit den Erfahrungen nach dem Einsturz des Stadtarchivs. „Damals brach der Umsatz existenzbedrohend ein. Dass es mein Geschäft überhaupt noch gibt, hat mich viel Geld gekostet“, sagt er.
Etwas weiter Richtung Süden, und damit wohl nicht mehr von den Auswirkungen der Sperrungen rund um den Waidmarkt betroffen, befindet sich „Azin’s Nähkästchen“. Die Änderungsschneiderei von Azin Honari und ihrem Ehemann feierte 2019 zehnjähriges Bestehen. „Viele unserer Kunden kommen zu Fuß hierher, darum ändert sich für uns hoffentlich nicht allzu viel“, sagt die 60 Jahre alte Frau. Die Ladezonen für größere Lieferungen seien bereits vor Jahren in die Hinter- und Nebenstraßen der Severinstraße verlagert worden. „Wenn man da noch mit dem Auto hin kommt, wird es wohl gehen“. Trotzdem ist auch Honari nicht erfreut über die Ankündigung der KVB. „Das wird anfangs sicher chaotisch, aber was sollen wir machen?“, äußert sich die Ladeninhaberin schicksalsergeben.
Diese Haltung klingt auch bei Adrian Krehwisch durch. Der Jungunternehmer hat erst vor zwei Wochen zusammen mit seiner Mutter die Bar für spanische Spezialitäten und Tapas, „Siesta de Palma“, an der Severinstraße eröffnet. „Ich bin gespannt, wie sich das ab April für uns auswirkt, aber viele Möglichkeiten, uns darauf vorzubereiten gibt es für uns nicht“, so der 26-Jährige. Der Start des Ladens sei gut gelaufen und „tatsächlich kommen die meisten unserer Kunden zu Fuß und nicht mit dem Auto“, sagt er. So wie allen Gastronomen bereite ihm und seiner Mutter derzeit vor allem das Coronavirus Sorgen. Aber gerade nach einer Wiedereröffnung, zu welchem Zeitpunkt auch immer, sei natürlich jede weitere Einschränkung schlecht.
Gedämpfter Optimismus ist im Zusammenhang mit den ab Frühjahr geplanten Bauarbeiten am Waidmarkt von der Standortgemeinschaft Severinstraße zu vernehmen, die als Zusammenschluss die Interessen von Immobilienbesitzern, Einzelhändlern, Dienstleistern und Gastronomen vor Ort vertritt. Es stehe nicht zu befürchten, dass die Gewerbe entlang der Severinstraße in großem Umfang von den Umleitungen für Auto- Bus- und Radfahrer im Norden besonders betroffen sein werden, teilte ein Vertreter der IG mit. Man werde sich aber bemühen, die Mitglieder und die gesamte Straße zu unterstützen und stehe mit den Verantwortlichen bei den KVB in stetem Austausch. Das befürwortet auch Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister der Innenstadt. „Wenn sich alle Beteiligten früh und regelmäßig zusammensetzen und ehrlich miteinander umgegangen wird, bin ich optimistisch“, sagt er.
Er und weitere Innenstadt-Politiker wollen sich bei einem Ortstermin mit KVB, Stadt sowie Anwohnern und Fahrradverbänden so früh wie möglich treffen, um „für alle tragfähige“ Varianten zu beleuchten und dann zügig umzusetzen – sobald das nach Corona wieder möglich ist.