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„Froh über jedes Event, das nicht stattfindet“Das sagen Anwohner über das Aus der „Tour Belgique“

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Feiernde am Brüsseler Platz. Auf den Partymeilen wird in den ersten MAi gefeiert.  Foto: Uwe Weiser

Im Frühjahr und im Sommer ist am Brüsseler Platz abends besonders viel los.

Welche Rolle spielt die „Tour Belgique“ bei der Bewerbung von Köln als touristischem Ziel? Wir haben auch mit dem Köln-Tourismus-Chef gesprochen.

Wenn die „Tour Belgique“ ansteht, kommen auch Gäste von außerhalb. Sie in die Stadt zu locken, ist die Mission von Köln-Tourismus. „Wir werben für Köln als Tourismusdestination unter anderem mit der Tour Belgique“, sagt Geschäftsführer Jürgen Amann.

Diese stehe beispielhaft für die Kreativwirtschaft der Stadt. Mit Veranstaltungen wie der Tour im Belgischen Viertel, dem City-Leaks-Festival, aber auch Institutionen wie dem MAKK oder dem Kolumba-Museum möchte Köln-Tourismus ganz bewusst das sogenannte „postmaterielle“ sowie das „expedititve“ Publikum – eine Bezeichnung aus der Sinus-Studie, die verschiedene Milieus und deren Wertvorstellungen definiert – für Köln gewinnen, erklärt Amann.

Mit Le Tour Belgique oder dem City-Leaks-Festival kulturinteressierte Touristen nach Köln locken

„Diese kulturinteressierten Zielgruppen orientieren sich an Werten wie Nachhaltigkeit, Authentizität und suchen danach ihr Reiseziel aus. Dieses Publikum passt gut zu Köln“, sagt Amann. Die Tour Belgique sei ein sehr schönes Beispiel für Veranstaltungen, mit denen Köln-Tourismus den Köln als Standort für kulturinteressierte Touristen stärken wolle. Amann sehe sich jedoch nicht in der Lage, die Sachlage zu beurteilen. Zu einem Statement zum Aus lässt er sich nicht hinreißen.

Dr. Jürgen Amann ist der Geschäftsführer von Köln Tourismus.

Dr. Jürgen Amann ist der Geschäftsführer von Köln Tourismus.

Eindeutigere Positionen vertreten hingegen Anwohnerinnen und Anwohner, deren Beschwerden, wie der Stadtsprecher mitteilte, „die Veranstalter, die Polizei Köln und die Stadt Köln auf verschiedensten Kommunikationswegen“ erreichten.

Ulrich (76) wohnt seit über 20 Jahren in seiner Wohnung mit den Fenstern zum Brüsseler Platz hin, und sagt, dass dieses Jahr die Musik bei Le Tour Belgique besonders laut aufgedreht wurde. „Hier ist halt jedes Wochenende irgendeine Veranstaltung. Das ist schon eine Belastung.“

Ulrich befürwortet daher die Entscheidung, dass das Event nächstes Jahr nicht mehr stattfinden soll. Eine ähnliche Meinung hat Bernhard (69). Er arbeitet seit vielen Jahren in einem Büro an der Brüsseler Straße. „Dieses Viertel ist sowieso schon sehr geplagt von Lärm, speziell abends. Le Tour Belgique ist da ein zusätzlicher Faktor. Als Anwohner ist man froh über jedes Event, das nicht stattfindet.“

Anwohner im Belgischen Viertel sind geteilter Meinung über Le Tour Belgique

Aber nicht alle Anwohner wollen das Event nicht mehr in ihrem Viertel haben. Roger (58) lebt in der Neuen Maastrichter Straße und findet, dass jede Veranstaltung zwangsläufig mit ein bisschen Krach verbunden sei, gerade wenn man so nah an der Innenstadt wohne. „Ich fände es schön, wenn man da mehr Toleranz zeigt und das erdulden kann.“

Dieser Meinung ist auch Anwohnerin Katharina (41): „Es ist generell schlecht, wenn Kultur abgebaut wird. An Le Tour Belgique war gerade so schön, dass alle kostenlos teilnehmen konnten.“ Sie glaubt, dass es auch ohne die Tour im Sommer nicht weniger Müll und Lärm im Veedel geben wird als sonst. Und Anwohnerin Mailin Kube sagt: „Ich wohne seit knapp elf Jahren mitten im Belgischen Viertel und diese Veranstaltung war und ist immer ein friedliches und schönes Fest und Stück Kultur. An diesem Tag war es noch nie lauter als an einem anderen Wochenendtag im Sommer.“