Köln-Widdersdorf – Es war ein überraschender und wenig erfreulicher Besuch zum Schuljahresende: Staatsanwaltschaft und Polizei haben in dieser Woche die Räume der Internationalen Friedensschule in Widdersdorf durchsucht, um digitale und analoge Unterlagen sicher zu stellen. Die Staatsanwaltschaft hatte im Herbst des vergangenen Jahres Ermittlungen gegen die Schule wieder aufgenommen, nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die ungewöhnliche Finanzierungsstruktur der Bildungseinrichtung berichtet hatte. Mehrere Eltern hatten über mögliche Unregelmäßigkeiten und Intransparenz berichtet.
Zuständig für die Ermittlungen ist bei der Staatsanwaltschaft die Abteilung für Steuerstrafsachen. Im Raum stehen Betrugsvorwürfe, die die Schule und ihre Unterstützer stets zurückgewiesen haben. Die Ermittler prüfen die Finanzierung der Schule und ihre Berechtigung, Steuermittel zu bekommen. Konkret geht es um die Frage, ob es sich bei dem hohen Fördervereinsbeitrag, den die Schule von den Eltern nimmt, um ein verschleiertes und verpflichtendes Schulgeld handelt. Das wäre nicht erlaubt, weil auch Millionenbeträge aus Steuermitteln in den Schulbetrieb fließen. Zweiter Vorwurf: Die staatlichen Mittel könnten zur Quersubventionierung einer reinen Privatschule genutzt worden sein.
Unter dem Dach der Internationalen Friedensschule werden faktisch drei verschiedene Schulen betrieben: Ein bilinguales Gymnasium und eine Grundschule sind formal sogenannte Ersatzschulen. Sie werden vom Staat finanziert, der Schulträger darf nur einen geringen Elternbeitrag von 140 Euro im Monat für zusätzliche Leistungen nehmen. Die Familien der Kinder im bilingualen Gymnasium und der Grundschule zahlen jedoch ein Vielfaches mehr. Die Ermittler prüfen, ob die Mitgliedschaft im Förderverein bei der Schulanmeldung verpflichtend ist. Eltern, die ihr Kind anmelden, sollen neben einer Aufnahmegebühr von 3500 Euro einen Jahresbeitrag von über 16 000 Euro zahlen müssen.
Dritte Schule unter dem gemeinsamen Dach ist eine private internationale Schule. Hier sollen die Eltern die gleichen Beträge zahlen, was den Verdacht nahelegt, dass die staatlichen Gelder für die Ersatzschulen zur Finanzierung mitgenutzt werden. Die Schule beruft sich darauf, dass diese Konstruktion – drei unterschiedliche Schulen unter einem Dach – bewusst gewählt wurde, sich als „eine Schule“ verstehe und dass dieses Konzept beim Start der Internationalen Friedensschule von den Aufsichtsbehörden genehmigt worden sei.
Die Staatsanwaltschaft wollte am Freitag keine weiteren Angaben zum Stand des laufenden Verfahrens machen. Von der Schule gab es nur eine kurze Stellungnahme. Die Ermittler hätten Unterlagen sichergestellt, so Schulleiter Jan Hülsmann. „Die Schule unterstützt die Staatsanwaltschaft bei deren Untersuchung, soweit ihr das möglich ist. Uns selbst ist an einer Klärung der Vorwürfe sehr gelegen.“
Die Friedensschule baut zurzeit am Butzweiler Hof in Ossendorf auf 19 000 Quadratmetern einen neuen Campus. Mit Hilfe der Investoren Christoph Kahl und Dietrich Gottwald entsteht ein modernes Gebäude für rund 40 Millionen Euro. Kahl und Gottwald hatten sich nach Bekanntwerden der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hinter die Schule gestellt. Man fördere hier keine Eliteschule, auf die nur Kinder reicher Eltern gehen könnten. Die Friedensschule habe dargelegt, „dass die Finanzierungspraxis allen Vorschriften“ entspreche. Auf der Baustelle geht es zügig voran. Zum Schuljahr 2022/23 soll es bereits mit dem Schulbetrieb am neuen Standort losgehen.