Der Schulträger der Kölner Friedensschule steht im Verdacht, ein hohes – als Fördervereinsbeitrag getarntes – Schulgeld zu nehmen.
Mehrere Eltern haben sich beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ gemeldet und die Praxis bestätigt.
Der Druck auf die teuren Privatschulen wächst, die Finanzierungspraxis wird Thema im Landtag.
Köln – Die Finanzierung der Internationalen Friedensschule in Widdersdorf hat landespolitische Konsequenzen. Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag hat für die nächste Schulausschuss-Sitzung des Landtags einen Bericht der Landesregierung beantragt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte über die Finanzierungspraxis der Schule und die Kritik betroffener Eltern berichtet. Der Schulträger steht im Verdacht, ein hohes – als Fördervereinsbeitrag getarntes – Schulgeld zu nehmen. Außerdem könnte der Betrieb einer Privatschule durch Quersubventionierungen sichergestellt werden.
„Wir wollen wissen, wie die Landesregierung die Finanzierung der Schulen bewertet“, so der schulpolitische Sprecher der SPD und Kölner Landtagsabgeordnete Jochen Ott. Es müsse geprüft werden, ob schulgesetzkonform gehandelt wird. Das NRW-Schulministerium und die Kölner Bezirksregierung haben auf Nachfrage mitgeteilt, dass der Schulträger der Internationalen Friedensschule zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Eingefordert werden Angaben zur Mitgliedschaft im Förderverein der Schule. Eltern berichten, dass der Eintritt in den Förderverein mit einem Jahresbeitrag von 16080 Euro die Voraussetzung dafür ist, dass das Kind an einer der drei Schulen unter dem Dach der „Internationalen Friedensschule“ aufgenommen wird.
Kölner Eltern darf kein Schulgeld berechnet werden
Die Konstruktion zum Betrieb der Schulen ist kompliziert. Unter dem Dach „Cologne International School/Internationale Friedensschule (IFK)“ arbeiten neben der rein privaten Ergänzungsschule „International Secondary School“ zwei sogenannte private Ersatzschulen: ein bilinguales Gymnasium und eine bilinguale Grundschule. Da diese mit rund zwei Millionen Euro an Steuermitteln pro Jahr bezuschusst werden, darf den Eltern kein Schulgeld in Rechnung gestellt werden, das höher ist als 140 Euro pro Monat. Staatlich geförderte Ersatzschulen dürfen keine finanziellen Hürden schaffen, die Kinder aus nicht so reichen Familien ausschließen. Mit dem sogenannten „Sonderungsverbot“ im Grundgesetz wird ihnen untersagt, ihre Schüler auch nach den Besitzverhältnissen der Eltern auszuwählen.
Die SPD im Landtag will nun von der Landesregierung wissen, wie hoch der Anteil der Familien ist, die aufgrund geringer finanzieller Möglichkeiten von einem Beitrag an die Friedensschule befreit sind. Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt das Schulministerium, dass „Ersatzschulträger durch die Schulaufsicht stets darauf hingewiesen werden, dass Beträge an einen Förderverein immer nur auf freiwilliger Basis erfolgen können, da es sich ansonsten de facto um Schulgeld handelt“. Die Schule selbst hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und auf Nachfrage betont, dass die Schule offen sei für alle unabhängig vom Einkommen. Eine Mitgliedschaft der Eltern im Förderverein sei „nicht zwingend“.„Klares Junktim“
Kölner Eltern melden sich bei der Redaktion
Genau diese Freiwilligkeit wird von Eltern vehement bestritten. Im Nachgang zur Berichterstattung des „Köln Stadt-Anzeiger“ haben sich weitere Eltern und auch ehemalige Mitarbeiter der Schule gemeldet, die bestätigen, dass es keine Freiwilligkeit gibt. Sie seien bereit, dies an Eides statt zu versichern. „Es besteht ein klares Junktim zwischen der Aufnahme des Kindes durch die Schule und dem Beitritt zum Förderverein“, sagt ein Vater, der nicht genannt werden möchte. „Faktisch darf kein Kind die IFK besuchen, ohne dass die Eltern teure Mitglieder im Förderverein sind“, bestätigt ein anderer Vater. Eine in den Statuten vorgesehene Beitragsstaffelung für finanzschwächere Familien spiele in der Praxis keine Rolle und habe nie den gesetzlichen Vorschriften entsprochen.
Durch die Existenz der dritten Schule unter dem Dach des Schulträgers wird die Finanzierungspraxis noch problematischer. Bei der International Secondary School handelt es sich um eine Ergänzungsschule – also eine echte Privatschule, die ohne staatliche Zuschüsse auskommen muss. Hier ist es auch erlaubt, ein hohes Schulgeld zu verlangen. Doch auch hier muss sich die Schule unangenehme Fragen gefallen lassen. Da in alle drei Schulen gleich viele Schüler gehen und fast alle Eltern den gleichen Betrag an den Förderverein zahlen, die Privatschule aber keine Steuergelder nutzen darf, liegt der Verdacht einer Quersubventionierung nahe.
Die Bezirksregierung spricht von intensiven Prüfungen. „Der Umstand, dass eine Quersubventionierung ausgeschlossen werden muss, ist und war seit der Schulgründung im Jahr 2007 ein wichtiger Prüfungsbestandteil“, so die Aufsichtsbehörde. Einige strittige Punkte hätten sogar gerichtlich geklärt werden müssen. Die Bezirksregierung schließt aus, dass Steuergelder zur Quersubventionierung der Privatschule genutzt werden. Wenn dies aber tatsächlich ausgeschlossen werden kann, liegt der Verdacht nahe, dass die Privatschule nicht unwesentlich über die Fördervereinsbeiträge der Eltern der beiden Ersatzschulen mitfinanziert wird. Sie würden dann nicht nur für die eigenen Kinder ein nicht erlaubtes Schulgeld bezahlen. Sie würden unfreiwillig auch den Unterricht von Kindern an einer reinen Privatschule mitfinanzieren.
Eltern müssen sich bei Bezirksregierung melden
Es überrascht, dass in all den Jahren des Schulbetriebs nur wenig Kritik nach außen gedrungen ist. Nun hört man Klagen über die Qualität des Unterrichts – allerdings nur aus dem bilingualen Gymnasium, nicht aus der International School. „Vieles, was uns einst versprochen wurde, wird schon lange nicht mehr eingehalten“, sagt ein Vater. Er glaubt, dass viele Eltern wohl deshalb geschwiegen haben, weil sie Spendenbescheinigungen und „Bescheinigungen für Sonderunterricht“ erhalten hätten und so weit mehr bei der Steuer absetzen konnten, als das unter normalen Umständen möglich gewesen wäre. Da der Förderverein der Schulen als gemeinnützig anerkannt ist, kann so eine weitere Subvention des Staates mit einkalkuliert werden.
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Nach Angaben der Bezirksregierung hätten sich bis heute bei ihr keine Eltern mit Hinweisen auf eine fragwürdige Finanzierungspraxis gemeldet. Ohne diese Hinweise sei es nicht möglich, eine Minderung der Landeszuschüsse zu prüfen oder die „persönliche Zuverlässigkeit der handelnden Personen“ in Frage zu stellen. Die Grünen im Landtag halten das für nicht akzeptabel. „Wenn gesetzliche Vorgaben wie das Sonderungsverbot und Finanzierungsgrundsätze verletzt sein könnten, bedarf es keiner Beschwerde durch Eltern, um tätig zu werden“, sagt die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer. Gerade angesichts der Vorgänge um die Internationale Schule Düsseldorf, die mit Millionen-Rückzahlungen endeten, müsse sofort in eine Prüfung eingestiegen werden, wenn sich ähnliche Verdachtsmomente ergäben.