Hobby-Imkerei wird in Köln immer beliebterFreche kölsche Bienen leben länger

Violetta und Christian Muck sehen nach, ob es ihrem Bienenvolk gut geht. Imkern in der Großstadt wird immer beliebter.
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Sülz – Überlebt haben nur die Bankräuber. Der Winter war hart – zumindest aus Bienensicht. Die Temperaturen schwankten und waren im Schnitt zu hoch für die fleißigen Tierchen. Violetta und Christian Muck sitzen in ihrem Kleingarten am Fliederweg 28 und erzählen vom Bienensterben im Kölner Westen.
„Im letzten Winter sind ein Drittel der Völker eingegangen.“ So lautete das Fazit des Kölner Imkervereins. „Normalerweise verliert ein Bienenzüchter zehn bis 15 Prozent seiner Schwärme. Dieses Jahr war die Ausfallrate exorbitant hoch“, sagt Christian Muck. Nur eines ihrer drei Völker habe den Winter überstanden.
Milde Temerpaturen verlängern Brutperiode
Eigentlich hält ein Bienenschwarm während der kalten Monate Winterruhe, die Königin legt dann keine Eier ab. Bei milden Temperaturen verlängert sich allerdings die Brutperiode, die Tiere sind länger aktiv. Das habe in diesem Jahr die Milbenpopulation, die den Bienen stark zusetzt, begünstigt, erklärt Violetta Muck. Die Tiere machten schlapp. Die Mucks fanden im Frühjahr haufenweise tote Insekten. Nur die kleinen Bankräuber schwärmten wieder aus.
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Den an kriminelle Zweibeiner erinnernden Namen tragen die Bienen wegen des Ortes, an dem sie gefunden wurden. Der Schwarm sei irgendwo ausgebüxt und habe es sich dann im Foyer einer Bankfiliale gemütlich gemacht, erzählt Violetta Muck. Die Mitarbeiter riefen die Feuerwehr, die einen Schwarmfänger beauftragte; der las die Insekten in der Bank auf.
Bienen sind eine „kölsche Mischung“
„Er hatte auch noch ein Volk ohne Königin gefunden. Das hat er dann »dazugekippt«“. Die Mucks übernahmen das neu geschaffene Bienenvolk. „Streng genommen sind unsere Bienen eine kölsche Mischung“, findet Violetta Muck. Die Stadt ist schließlich auch ein Mischmasch der unterschiedlichen Kulturen.

Violetta und Christian Muck in ihrem Kleingarten.
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Neben ihrem petrolfarbenen Gartenhaus im Kleingartenverein Kletterrose hat das Paar eine türkisfarbene Holzbox eingerichtet, die an ein Minihäuschen erinnert. Dort wohnt der kölsche Mischlingsschwarm. Dass ausgerechnet er den widrigen Umständen trotzte, überrascht seine Besitzer nicht.
Bienenmischung ist robust und frech
„Anders als die hochgezüchteten Buckfast-Bienen, die sehr viel Ertrag bringen und sehr sanftmütig sind, ist unsere Bienenmischung sehr robust – und auch ein bisschen frech“, sagt Violetta stolz. „Ja, klar, ein bisschen sind sie wie unsere Kinder.“ Aber eigentlich, so Muck, sei die Imkerei für sie auch in anderer Hinsicht etwas Besonderes.
„Wir möchten mit unserer Arbeit den kleinen Tieren huldigen, ohne die unsere Welt nicht existieren kann. Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Das hat Albert Einstein gesagt.“ Die Insekten sind klein, aber tatkräftig. Sie erledigen den Mammutanteil bei der wichtigen Bestäubung der Pflanzenwelt, eine Grundlage unseres Ökosystems.
Den heimischen Bienen gehe es schlecht
Um die heimischen Bienen stehe es aus vielerlei Gründen schlecht, sagt Christian Muck. Abgesehen vom Klimawandel setze ihnen die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe sehr zu. Zudem zerstörten Pestizide den Orientierungssinn der Bienen, so dass sie ihren Stock nicht mehr fänden und verendeten.
Was sie gegen die widrigen Umweltbedingungen unternehmen können, erfahren die Mucks im Imkerverein. Er ist ein wichtiger Treffpunkt und eine Informationsstelle für jeden Hobby-Imker. Seit vier Jahren sind der IT-Spezialist und die Kommunikationsdesignerin Bienenzüchter. Die Imkerei sei schon eine Wissenschaft für sich, sagen sie. Sie haben viele Kurse besucht und Zertifikate erworben, die ihre Kenntnisse nachweisen und sie offiziell als Bienenzüchter zulassen.
Das Leben der Bienen
Ein Bienenvolk umfasst zur Hochsaison bis zu 50000 Bienen und besteht aus einer Königin, Arbeiterinnen und Drohnen. Während die Arbeiterinnen putzen, Wache halten und sammeln, besteht die einzige Lebensaufgabe der Drohnen darin, eine Königin zu befruchten. Zusammen bilden sie den Superorganismus „Bien“. Arbeitsbienen, die im Frühling und Sommer schlüpfen, leben durchschnittlich 35 Tage. Winterbienen können sogar bis zu sechs Monate alt werden. Über die Bienenzucht informiert der Kölner Imkerverein.
Ein bisschen haben die Mucks die Leidenschaft für die Bienen im Blut. „Mein Großvater war bereits Imker“, sagt Christian. Sein Enkel half ihm bei der Bienenzucht. Die Idee, selbst zu imkern, hatte aber seine Frau Violetta. „Wir haben diesen wunderschönen Kleingarten – und ich wollte gerne ein eigenes Produkt, das der Natur nutzt und zugleich nachhaltig ist.“
Muck’sche Bienen produzieren drei Sorten
So beschlossen sie – mit Erlaubnis der Gartennachbarn –, Honig herzustellen. Drei Sorten produzieren die Muck’schen Bienen – den milden Frühlinghonig, der vor allem aus den heimischen Obstbaumblüten stammt, den Sommerhonig, der nach Akazien-, Kastanien- und Lindenblüten schmeckt, und den sogenannten Waldhonig.
Den produzieren die Bienen im Spätsommer, wenn sie keinen Nektar und keine Pollen mehr finden und auf das Zuckersekret zurückgreifen, das Läuse an Bäumen ausscheiden. „Das klingt zwar nicht so, der Honig schmeckt aber ebenfalls sehr gut“, sagt Muck. Gerade die Produkte von Stadtbienen seien wegen der Vielfalt an Blüten, Pollen und anderen Nahrungsquellen besonders köstlich.
Honigherstellung ist arbeitsaufwändig
Die Honigherstellung erfordert allerdings einige Arbeit. Wenn die Waben fertig sind, also von den Bienen mit einer Wachsschicht verschlossen wurden, müssen die Mucks die Rahmen entnehmen und mit einer Art Metallkamm von der Schicht befreien. Das geschieht in ihrer heimischen Küche. Dort kommen die Rahmen dann in eine Zentrifuge.
Der Honig wird herausgeschleudert, am Boden gesammelt, gefiltert und abgefüllt. Auch wenn die Waben gerade nicht voller Honig sind, müssen die Mucks die Bienenstöcke mindestens einmal in der Woche inspizieren, schauen, ob es den Tieren gut geht, die Wabenrahmen säubern und nach Weiselzellen Ausschau halten.
Imkern wird beliebter
Dabei handelt es sich um besondere Zellen in den Waben, die nötig sind, um eine Bienenkönigin aufzuziehen. Wenn ein Bienenstock viele Weiselzellen aufweise, könne das zwei Ursachen haben, erklären die Sülzer Imker. Entweder das Bienenvolk plant eine Revolution. Dann will es seine alte Königin durch eine neue ersetzen, weil die alte nicht mehr genug Nachwuchs produziert. Oder es möchte sich teilen, und die Mucks bekommen einen neuen Schwarm. Den können sie selbst behalten – oder sie müssen Menschen suchen, die ihn adoptieren möchten.
Neue Hobby-Imker zu finden, sei allerdings nicht so schwer, meint Violetta Muck. Das Imkern werde in den Stadtgärten immer beliebter, einen passenden Namen für das Trendhobby gibt es auch schon: Urban Beekeeping.
Den Honig der Mucks gibt es unter dem Label „C’est Bien“ in der Weinbar Pradels, Gottesweg 157.