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Kölner AnwesenVilla Meirowsky erscheint nach Rekonstruktion in neuem Glanz

Lesezeit 5 Minuten
Die Villa in ihrem rekonstruierten Zustand heute.

Die zur Gartenseite in die Fassade integrierten Reliefs mit ihrer Mischung aus Jugendstil-Ornamenten und historistischen Elementen erscheinen in neuer Pracht.

Der jüdische Unternehmer Max Meirowksy ließ sich die Villa 1911 als Privathaus bauen.

Schwarz-weiße Marmorböden, schmuckvolle Wandvertäfelungen, ein Baderaum mit dem „Luxus der römischen Kaiserzeit“. Max Meirowsky machte bei seinem Anwesen keine halben Sachen. Nicht beim Standort, nicht bei der Architektur und erst recht nicht bei der Gestaltung des Interieurs. „Architektur, Malerei und Plastik greifen ineinander und schaffen ein Gesamtwerk von großem künstlerischen Reize“, schrieb Max Creutz, Direktor des Kölner Kunstgewerbemuseums, im Jahr 1911 über die Villa Meirowsky. Das stattliche Gebäude war kurz zuvor fertig geworden – inklusive unverbaubarem Blick auf den Lindenthaler Stadtwald.

Köln: Max Meirowksky gründete seine Firma in Ehrenfeld

Max Meirowsky war jüdischer Unternehmer, Kunstsammler und Stifter. Ende des 19. Jahrhunderts hatte der gebürtige Ostpreuße in Ehrenfeld die Firma „Meirowsky & Cie.“ gegründet, mit der er erfolgreich Isoliermaterial für die Elektroindustrie herstellte. Für sein Lindenthaler Privathaus an der Ecke Fürst-Pückler-Straße und Joeststraße engagierte er große Namen aus ganz Deutschland. Der Entwurf für das Gebäude stammte von Ludwig Bopp, die Eingangshalle gestaltete Architekt Peter Behrens.

Die Villa Meirowsky kurz nach ihrer Fertigstellung 1911, Bild in schwarz-weiß.

Der Entwurf für das Gebäude stammte von Ludwig Bopp, die Eingangshalle gestaltete Architekt Peter Behrens.

Dem späteren Kölner Stadtplaner Fritz Schumacher überließ er die übrigen Räume sowie das Mobiliar. Malereien und Bildhauereien übernahmen Otto Gussmann, Fritz Erler, Richard Engelmann und Georg Wrba. An der südlichen Fassade schuf Bildhauer Max Heilmaier eine Prometheus-Skulptur mit Adler. Kunsthistoriker Creutz stimmte eine große Lobeshymne auf das Gesamtkunstwerk aus Wandmalereien, edlen Möbeln und Figuren an. Meirowsky habe den Künstlern eine „glänzende Gelegenheit“ geboten, ihre Kräfte zu entfalten.

Mit der Herrlichkeit war es Jahrzehnte lang vorbei. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt. Die imposante Dachlandschaft mit den Ecktürmen und das zweite Obergeschoss gingen verloren. Das schlichte Dach, das in den 1950-er Jahren folgte, raubte dem Bau seine Ausstrahlung. Auch der schmucke Erker an der Fürst-Pückler-Straße überlebte nicht, stattdessen verunstaltete ein halbkreisförmiger Balkon die Fassade. „Es sah einfach furchtbar aus“, sagt André Peto.

In den letzten Jahren wurde die Villa rekonstruiert

Ihm ist es zu verdanken, dass die Villa Meirowsky zumindest äußerlich Wiederauferstehung feiert. Vor einigen Jahren kaufte der Inhaber der „Wohnwert“-Gruppe das Grundstück samt Immobilie und rekonstruierte das Gebäude gemäß seines Vorkriegszustands. Der verlorengegangene Erker ist wieder da, die Dachlandschaft mit den Ecktürmchen bis auf kleinere Abweichungen ebenfalls. Die zur Gartenseite in die Fassade integrierten Reliefs mit ihrer Mischung aus Jugendstil-Ornamenten und historistischen Elementen erscheinen in neuer Pracht.

Für Ulrich Krings, ehemaliger Kölner Stadtkonservator, sucht das Projekt seinesgleichen in Köln: „Das ist das einzige Objekt im privaten Bereich, das so rekonstruiert ist.“ Auch Lindenthal-Kenner Konrad Adenauer, Enkel des gleichnamigen früheren Kölner Oberbürgermeisters, ist begeistert: „Das Haus ist ein Schmuck für die ganze Straße und Lindenthal.“ Das Grundstück sei ursprünglich jedoch viel weitläufiger gewesen. Heute teilt sich die Villa das Areal mit weiteren Wohngebäuden.

Die Villa vor der Sanierung in ihrem einfachen Nachkriegs-Zustand, 2020

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt. Das schlichte Dach, das in den 1950-er Jahren folgte, raubte dem Bau seine Ausstrahlung.

Auf den Denkmalschutz musste André Peto kaum achten, denn nur kleinere Bauteile wie die Prometheus-Skulptur stehen unter Schutz. Sonst hätte er die Villa auch nicht gekauft, sagt er. Schließlich gebe es unter Denkmalpflegern die Ansicht, dass selbst beschädigte Denkmäler unverändert bleiben müssten. Sein Projekt wäre dann womöglich nicht umsetzbar gewesen. Die Rekonstruktion habe ihm jedoch am Herzen gelegen: „So ein Haus hat es verdient, dass es wieder aufgebaut wird“, sagt Peto: „Das war eins der aufregendsten Häuser in der Zeit in Köln.“

Ein einfaches Unterfangen war die Sanierung jedoch nicht, Peto machten unter anderem verrostete Stahlträger zu schaffen. Die Bauarbeiten dauern mittlerweile dreieinhalb Jahre und sind fast abgeschlossen. Dank der neuen Dachlandschaft hat das Gebäude nun fünf statt bisher vier Wohneinheiten. Die Fassade wurde mit dem so genannten Neuville-Stein rekonstruiert. Innen ließ Peto die wenigen Relikte der originalen Ausstattung aufarbeiten. Lediglich vier Türen von Peter Behrens, eine Marmorrosette und eine Säule haben Krieg und Nachkriegszeit überdauert.

Zu sehen ist die Prometheus-Skulptur an der Südfassade der Villa.

Für seine Villa ließ sich Meirowsky eine Wiederholung der Münchner Prometheus-Skulptur anfertigen.

Die Künstler, die die Villa gestalteten, kannte Max Meirowsky von verschiedenen Ausstellungen. Dazu zählte die Ausstellung des Sonderbundes von 1912, in deren Ehrenausschuss er sich engagierte und die „Deutsche Kunstausstellung“ in der Kölner Flora 1906. In München entdeckte er die Prometheus-Skulptur, die Max Heilmaier 1901 für die dortige Max-Joseph-Brücke geschaffen hatte. Für seine Villa ließ sich Meirowsky eine Wiederholung des Kunstwerks anfertigen, die noch heute existiert. Der Titanensohn aus der griechischen Mythologie habe gut zu dessen Firma gepasst, sagt Ulrich Krings: Prometheus brachte den Menschen das Feuer, Meirowsky ermöglichte mit seinen Produkten das „künstliche Feuer“ – Licht durch Elektrizität.

Der Unternehmer stellte möglicherweise in seinem Haus auch Werke seiner Kunstsammlung aus. Darunter befanden Gemälde von van Gogh, Renoir, Monet oder Gauguin. Nach offenbar äußerst ertragreichen Jahren in Köln siedelte er 1925 nach Berlin um. Zuvor hatte Kabelproduzent „Felten & Guilleaume“ seine Firma übernommen. Die Produktion war um die Jahrhundertwende von Ehrenfeld nach Porz verlagert worden.

Meirowsky emigrierte während des Dritten Reichs

Aufgrund der Gefahr, die im Dritten Reich für Juden ausging, emigrierte Meirowsky 1938 von Berlin aus nach Amsterdam und von dort weiter nach Genf, wo er 1949 starb. Zur finanziellen Absicherung ließ er zehn seiner Kunstwerke weit unter Wert versteigern. Sein Bruder Emil Meirowsky, in Köln ein bedeutender Dermatologe, floh nach England und die USA und kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. Seine Tochter überlebte den Holocaust nicht.

Max Meirowsky ist in Köln weitgehend in Vergessenheit geraten. „Er ist gesellschaftlich nicht an die Spitze gekommen“, sagt Konrad Adenauer. Doch es hätte anders kommen können. Nach dem Hungerwinter 1916/17 hatte Meirowsky der Stadt Köln drei Millionen Mark gestiftet, um damit die Forschung über die „menschliche, besonders die kindliche Ernährung“ zu unterstützen.

Oberbürgermeister Konrad Adenauer setzte sich dafür ein, dass das „Institut für Physiologie“ der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft nach Köln verlegt wird. Doch dazu kam es nicht – auch, weil Köln (noch) keine Universität hatte. André Peto ist sich sicher, dass Max Meirowsky heute weitaus bekannter wäre, hätte die Geschichte eine andere Wendung genommen: „Das wäre eine sensationelle wissenschaftliche Ansiedlung gewesen.“