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Lolli-Test-ModusKölner Klassen warteten teils zwei Tage in Quarantäne auf Ergebnis

Lesezeit 5 Minuten
Lollitest

Nach positiven Pooltests blieben viele Klassen leer.

Köln – Eigentlich hatten sich die Schülerinnen und Schüler der Peter-Lustig-Grundschule in Ossendorf nach den Weihnachtsferien riesig auf die Schule gefreut. Aber dann musste Schulleiterin Barbara Baumgarten schon am Montag gleich zwei ihrer neun Klassen wieder nach Hause schicken, weil ihre Pooltests positiv waren. Das Problem: Am Mittwoch saßen die betroffenen Kinder immer noch Zuhause und warteten auf ihre Testergebnisse – quasi in ungeplanter Kurzquarantäne für die ganze Klasse. Obwohl es doch eigentlich nach den Weihnachtsferien mit dem neuen optimierten Verfahren „Lollitest 2.0“ besonders schnell gehen sollte und alle Familien bereits am Morgen nach der Testung Klarheit haben sollten, welches Kind infiziert ist und wer die Schule wieder besuchen kann. So hatte es das Schulministerium versprochen.

„Der Start war holprig. Jetzt hoffen wir, dass es zumindest am Donnerstag für die betroffenen Klassen hier in der Schule weitergeht“, sagt Schulleiterin Baumgarten. Sicher ist sie nicht. Einstweilen hat sie Homeschooling angekündigt. Die Ossendorfer Schule war kein Einzelfall. Auch andere Kölner Schulen warteten am Mittwoch noch auf Ergebnisse des Montagstests.

„Hohes Risiko der Weiterverbreitung"

Das Warten stellt die Familien nach zwei Jahren Pandemie auf eine Geduldsprobe und sorgt auch für Betreuungsprobleme. Hanna Sturm, die eigentlich anders heißt, und Mutter einer Drittklässlerin ist, stand als Berufstätige vor der Frage, wie sie mit den beiden jüngeren Geschwistern umgehen soll, wenn sie tagelang nicht sicher weiß, ob ihr Kind im PCR-Pool positiv getestet wurde. „Wir haben uns entschieden, die anderen beiden mit täglichem Test weiter in Schule und Kita zu schicken. Aber mit Bauchschmerzen“, sagt die Mutter.

„Das Risiko der Weiterverbreitung, das durch diese Testverzögerungen entsteht, ist wirklich hoch“, gibt sie zu bedenken. Auch die Ungewissheit sorgt für Belastungen: Eltern stünden mit ihrem Kind morgens pünktlich vor der Schule mit dem Handy in der Hand - in der Hoffnung, dass die Labornachricht doch noch pünktlich kommt und der Arbeitstag wie geplant starten kann.

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Dabei sollte doch eigentlich alles anders laufen: Mit der Optimierung des Lolli-PCR-Test-Verfahrens sollten die Eltern künftig schon am nächsten Tag wissen, ob ihr Kind positiv ist, so dass für die übrige Klasse kein Unterrichtsausfall entsteht. Möglich werden sollte das dadurch, dass die Kinder an den Testtagen zusätzlich zum Pooltest einen Einzel-Lolli-Test in der Schule durchführen. Dieser wird als so genannte „Rückstellprobe“ mit an die Labore gesendet und im Fall eines positiven Pooltestergebnisses direkt ausgewertet. Dadurch sollte wertvolle Unterrichtszeit gesichert werden, da bislang bei einem positiven Pool erst am nächsten Tag alle Eltern eine Einzelprobe ihres Kindes in die Schule bringen mussten.

„Jetzt steht ihnen bereits um 6 Uhr am Morgen nach der Pooltestung das Einzelergebnis zum Abruf per Mail oder SMS zur Verfügung“, heißt es in einem Brief, den das Schulministerium den Schulleitungen als Formblatt für die Eltern zur Verfügung gestellt hat.

„Alles hat wie geplant funktioniert"

Das Schulministerium erklärte auf Anfrage, dass mit Ende der Weihnachtsferien in NRW 750.000 Schülerinnen und Schüler am selben Tag an der PCR-Lolli-Testung teilgenommen hätten. Das neue PCR-Lolli-Testverfahren habe fast überall auch nach der Umstellung „wie geplant sehr gut funktioniert“. Lediglich in einem Labor habe es technische Probleme gegeben – wovon vornehmlich einige Schulen im Regierungsbezirk Arnsberg betroffen gewesen seien. Bei einem solch komplexen Verfahren seien technische Probleme bedauerlich, könnten aber nicht ausgeschlossen werden.

Die Proben der Kölner Schulen werden in den Großlaboren Wisplinghoff und Dr. Quade ausgewertet. Wer dort nachhört, bekommt eine Ahnung davon, vor welch enormen Aufwand der neue Lolli-Test-Modus mit den Rückstellproben bedeutet. Vor allem wenn - wie am ersten Schultag - alle Schulen in NRW die Lolli-Tests gleichzeitig machen und sehr viele positive Pools dabei sind.

So viele positive Pools wie noch nie

„Allein bei unserem Labor waren in dieser ersten Runde neun Prozent aller Klassenpools positiv. So viele wie noch nie.“, erläutert Annegret Quade, ärztliche Leiterin und Geschäftsführerin des Labors Dr. Quade, wo derzeit alle Mitarbeiter nonstop Nachtschichten schieben. Die positiven Pools bedeuteten dann im Nachgang bis zu 10.000 Einzel-PCR-Tests. „Das war einfach nicht planmäßig zu schaffen“, wirbt sie um Verständnis bei den Eltern.

Ein ganz eigenes EDV-System habe das Labor auf die Beine gestellt, um den neuen Lolli-Testungsmodus zu bewältigen. Zusätzlich ist jede Menge Handarbeit dabei: Die mit Barcodes beklebten Einzelproben in nach Klassen sortierten Tüten von 500 Schulen muss ja auch jemand im Keller des Labors raussuchen. „Wir haben allein am Montag das Material von 100.000 Schülern aus NRW bekommen.“ Und die Unmengen PCR-Proben, die über die Gesundheitsämter und Arztpraxen kommen, wollen ja auch ausgewertet werden. Auch diese Betreffenden warten ja bisweilen schon mehrere Tage auf ihr Ergebnis.

„Es braucht einen Plan B"

Aber Quade hat die Hoffnung, dass sich das neue Verfahren zügig einspielt und keine Klasse mehr tagelang warten muss. Anders als am ersten Tag werde ja künftig an den Schulen versetzt getestet. Das heißt, ein Teil der Schulen testet montags und mittwochs, die anderen dienstags und freitags.

Dennoch hängt alles von der Dynamik des Infektionsgeschehens ab: Wenn bald zwanzig statt zehn Prozent der Pools positiv sind, wird es schwierig. „Es braucht jedenfalls einen Plan B“, sagt Quade. Zwischenzeitlich könnte der dann auch wieder Antigen-Schnelltest heißen. Das sieht auch das Schulministerium so: „So lange einer Schule das Pool-Ergebnis noch nicht vorliegt, ist der hilfsweise Einsatz von Antigen-Schnelltests möglich, um Schülern die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen“, hieß es auf die Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

An der Schule von Schulleiterin Baumgarten ging es heute bereits in die nächste Runde der Pooltestungen für die Erst- und Zweitklässler. Währenddessen einige Drittklässler noch auf das Ergebnis ihres ersten Tests warteten. Zu Hause.