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Mein VeedelTom Beck in den Gassen der Altstadt

Lesezeit 6 Minuten

Er ist dem Charme der Altstadt erlegen: Tom Beck gefallen die Sträßchen rings um den Alter Markt wie hier zum Beispiel die Salzgasse.

Mit einer Kuss-Szene wird es heute nichts, so rücksichtslos ist Tom Beck nicht. „Steht auch keine auf dem Drehplan“, sagt der 35-Jährige und beißt ins Mettbrötchen. Das ist der Nachschlag, mit einem Krautburger hatte er sein Frühstück begonnen, mit einem Brötchen also, belegt mit Schinken, Käse und Krautsalat. „Ich mag es einfach deftig“, sagt der Schauspieler, „da nutze ich es aus, wenn ich von der Arbeit her mal nicht auf meinen Atem achten muss.“

Seit fünf Jahren lebt der gebürtige Franke aus der 800-Seelen-Gemeinde Brunn bei Nürnberg in der Altstadt. Nach Köln gezogen war er, um seinen Dienst als Hauptkommissar Ben Jäger der RTL-Autobahnpolizei „Alarm für Cobra 11“ anzutreten. „Ich konnte mir eine Produktionswohnung an der Friesenstraße oder in der Altstadt aussuchen“, erinnert er sich. „Und ich dachte mir: Altstadt, da ist der Rhein gleich um die Ecke, das ist doch geil.“

Kaum Geschäfte für Anwohner

Nur wusste er damals noch nicht, was ihm in den zurückliegenden Jahren klar geworden ist: „Die Altstadt ist nicht ausgerichtet auf Einheimische. Es gibt hier kaum Geschäfte für den täglichen Bedarf.“ Einen Bäcker etwa. Beck lehnt am Stehtisch vor der Kaffeebud am Aldermaat, als er das erzählt und nippt am Kaffee. Eine Frau tritt dazu. „Entschuldigung“, fragt sie, „gibt es hier irgendwo auch einen richtigen Bäcker?“ Beck schüttelt den Kopf. „Hier gibt es nur die Kaffeebud, für den ersten richtigen Bäcker müssen sie fünf Minuten in die Richtung gehen.“ Er deutet die Große Budengasse hinauf.

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Er selbst läuft den Weg selten, zum einen, weil die Kaffeebud für ihn gleich um die Ecke seiner Wohnung liegt. Und dann steht ja auch Silvia hinter der Theke. Silvia Senn, deren verstorbener Mann Willi Ferling die Kaffeebud 1981 gegründet hatte. „Dat Silvia vun der Kaffeebud“, wie sie sich selbst vorstellt, erinnert sich noch genau an den Tag, an dem Beck zum ersten Mal vor ihr an der Theke stand. „Ich hatte am Abend vorher diesen Film gesehen“, erzählt sie. „Wie hieß der noch, Tom?“ „Ausgerechnet Sex“, antwortet er. „Da hast Du diesen Porno-Darsteller gespielt“, beschreibt Silvia. „Roy, das Rohr. Und als Du vor mir standst, dachte ich, den kenne ich doch, woher kenne ich den? Bis es mir eingefallen ist. Und dann musste ich lachen, ich konnte überhaupt nicht mehr bedienen.“ „Du hast mich ausgelacht, obwohl ich bloß ein Brötchen wollte“, bestätigt Beck.

Letzte Staffel als Autobahnpolizist

Das Lachen hat er ihr aber nicht übel genommen, ist Stammgast geworden und hat Silvia auch ein Autogramm für die Sammlung im Büdchen-Regal geschrieben.

Ob er noch lange in der Altstadt wohnen bleibt, weiß er nicht. Beck beendet diesen Monat den Dreh zu seiner letzten Staffel als Autobahnpolizist. Von Oktober bis Dezember sollen die Folgen zu sehen sein. Ob seine Figur Ben Jäger sterben wird, weiß er zwar inzwischen, „aber das verrate ich nicht. Nur so viel“, werbetextet er: „Mein Ende wird traurig, emotional und sehr vielversprechend.“ Was natürlich nichts heißt, und weil Beck das bewusst ist, grinst er entsprechend keck durch den Drei-Tage-Bart.

Schauspieler und Musiker

Nach fünf Jahren sei es Zeit gewesen, mit „Cobra 11“ aufzuhören, meint er. Beck hat Musical an der Bayerischen Theaterakademie in München studiert, er beherrscht Ballett, Jazz, Modern, Afro und Step Dance genauso wie das Klavier, die Gitarre, das Schlagzeug, die Orgel und das Akkordeon. Und er hat immer in einer Band gespielt. „Nur blieb dafür zuletzt wenig Zeit“, bedauert er. 16 Abenteuer der Autobahnpolizei entstehen pro Jahr, macht etwa 200 Dreh- und Produktionstage für Beck. „Und ich wollte einfach wieder mehr Zeit für anderes haben.“ So drehte er im Juli mit Matthias Schweighöfer für dessen neuen Film „Vaterfreuden“. Und bis in den November hinein spielt er mit seiner Band Konzerte, der Termin am 5. September in der Niehler Müllverbrennungsanlage AVG ist zum Beispiel längst ausverkauft.

Und nun? Was passiert im kommenden Jahr? „Keine Ahnung“, gesteht Beck. „Aber das ist ja normal in unserem Beruf. Als Schauspieler lebst Du von Woche zu Woche, von Engagement zu Engagement“, beschreibt er. „Die fünfeinhalb Jahre Cobra waren ein Luxus, eine Sicherheit, die ich aufgebe. Aber das ist nicht entscheidend für mich. Ich bin genügsam – und ich habe lieber einen erfüllten Job.“ Den hätte er in der Serie nicht mehr gehabt, er habe nicht mehr zu 100 Prozent gebrannt für seine Rolle. „Und dann“, ist er überzeugt, „ist es höchste Zeit, etwas Neues zu beginnen.“Allerdings mit der bewährten Basis: In seiner Wahlheimat Köln will Beck auf jeden Fall bleiben. „Ich finde es super hier“, schwärmt er. „Meine Band ist hier, mein Plattenlabel. Wenn ich von einem Dreh über eine der Rheinbrücken zurück in die Stadt komme, merke ich, wie gerne ich heimkehre. Und dann mag ich auch einfach die Kölner.“

Das amerikanische im kölschen Charakter

Er sieht etwas Amerikanisches im kölschen Charakter. „Es gibt da eine ähnliche Unverbindlichkeit“, findet er. „Die Kölner begegnen erst einmal jedem positiv offen, daraus können Freundschaften entstehen, das müssen sie aber nicht.“ Der Kölner sei kein Pseudo-Tiefgänger, wie es so viele Deutsche sein wollten. „Wenn ich jemanden frage, wie geht es Dir, will ich doch nicht hören, meine Frau hat mich verlassen, der Hund hat die Nacht durchgekotzt und mein Job ist weg. Mir reicht das typisch Kölsche: Un? Jo, un selbst?“

Ihm gefalle auch, wie frei er sich in der Stadt bewegen könne. Einfach mal am Alter Markt die Champions-League-Spiele im Corkonian Irish Pub anschauen, sich Jazz-Bands in Papa Joe’s Klimperkasten anhören oder durch die Gassen seines Veedels streifen. „Die sind ja einfach alle schön“, findet er und bleibt Auf dem Rothenberg stehen, um auf Groß Sankt Martin zurückzublicken. Dann biegt er ein in die Salzgasse auf dem Weg zum Rheinufer.

Musizieren in der Altstadt

An den Stufen der Frankenwerft hält er an, setzt sich mit Blick aufs Wasser, nimmt die Konzertgitarre auf den Schoß. Hier sitzt er zum Beispiel, wenn er neue Songs ausprobiert. Er arbeitet an seinem dritten Album, das will er in Nashville aufnehmen, im US-Bundesstaat Tennessee. Dort hatte er auch sein jüngstes Album „Americanized“ eingespielt. „Ich wollte, dass es amerikanisch klingt, nach Country.“ Etwa durch die Mundharmonika in „Nice Guys Finish Last“. Der sonnenbadenden Frau zehn Meter weiter auf der Wiese im Rheingarten scheint jedenfalls zu gefallen, was sie hört, sie richtet sich auf, schiebt die Sonnenbrille in den Pony und lächelt herüber.

Auch die Damen am Nebentisch der Rhein-Zeit an der Großen Neugasse blicken immer wieder zu Beck. „Hier komme ich abends gern mit meinen Kumpels hin“, schildert er über einer Apfelschorle. „Meist ist dann Angelo hier und bedient uns. Angelo ist ein echter Ur-Kölner aus Sizilien.“ Er bedenke sie reichlich mit Grappa. Und dazu? Na klar, muss es was Herzhaftes sein für Beck. „Am liebsten Flammkuchen mit Flönz, Bratkartoffeln und Röstzwiebeln. Schmeckt mega!“ Bloß sind eben Zwiebeln drauf – und mit einer Kuss-Szene würde es dann auch an dem Abend nichts.