Mülheim – Seit vier Monaten kümmern sich Azis Gyunay Efraim und Mitglieder seiner Familie im Auftrag der Stadt um die Sauberkeit der Toiletten von Zochs Biergarten auf dem Wiener Platz. Diese stehen damit nicht nur für Gäste des Lokals, sondern auch für alle anderen Passanten offen. Was als kurzfristige Notlösung geplant war, droht zu einem typisch kölschen Provisorium zu werden – gefühlt ewig während. Als die Bezirksvertretung Mülheim über den Haushalt 2022 diskutierte, waren die Toiletten eines der zentralen Themen.
Helmut Zoch, der Inhaber des Biergartens, stellte im April seinen Container mit getrennten Damen- und Herrentoiletten für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Das wurde möglich, weil die Stadt Köln eine Finanzierung der Anlage für zwei Monate ermöglichen konnte. Die Toilette ist seitdem an sieben Tagen in der Woche jeweils von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Als Toilettenaufsicht arbeitet Familie Gyunay Efraim im Mehrschichtbetrieb. Das Projekt wird aktuell aus Mitteln des interkulturellen Dienstes der Stadt gefördert. „Ich dränge darauf, dass die Stadt nun eine dauerhafte Lösung findet, indem sie eine eigene Anlage zur Verfügung stellt“, teilt Zoch auf Anfrage mit.
Haushaltsmittel für öffentliche Toilette auf Wiener Platz
Nijat Bakis (Linke) forderte nun bei der Sitzung der Bezirksvertretung, den Haushaltsplan-Entwurf dahingehend zu ergänzen, dass Mittel zur Einrichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Toilette auf dem Wiener Platz bereitgestellt werden: „Es ist doch nur ein Provisorium. Ich sehe das Problem, dass die derzeitige Lösung nicht beständig sein kann.“ Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs allerdings wies darauf hin, dass die Toilette weiter von der Stadt finanziert werde. Bürgeramtsleiterin Susanne Hohenforst räumte ein, dass sie selbst keinen genauen Zeitpunkt kenne, wie lange die Toilette finanziert werden solle: „Die Verwaltung hat aber die Problematik erkannt.“ Für die Stadt sei die jetzige Lösung eine kostengünstige Variante. „Eine Forderung der Vollfinanzierung kommt mir wenig aussichtsreich vor“, folgerte sie.
Beate Hane-Knoll (Linke) fragte, ob das von der Bezirksvertretung Mülheim beschlossene Toilettenhäuschen im Haushalt berücksichtigt worden sei. André Schultheis vom Bürgeramt verneinte dies. „Deshalb besteht der nächste konsequente Schritt darin, nach der Forderung der Toilette nun auch die Geldmittel dafür einzufordern“, schlussfolgerte Winfried Seldschopf (Grüne).
Stadtteilmütter in Mülheim auch künftig fördern
Die Toilette war aber nicht der einzige Kritikpunkt am Haushalt 2022. Alle Politiker waren sich einig, dass die Stadtteilmütter auch in Zukunft von der Stadt gefördert werden müssen – was bisher nicht vorgesehen ist. Scharf kritisiert wurde von Alexander Lünenbach die mangelnde Förderung von Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren in Mülheim sowie der schleppende Ausbau von E-Ladestationen im Stadtbezirk. Seldschopf (Grüne) wiederum bezeichnete die Absicht der Stadtverwaltung, an den Sitzungen der Bezirksvertretungen kaum noch persönlich teilzunehmen, als Unding: „So kann man keine richtige Bezirksarbeit leisten.“
Abschließend stimmte das Gremium dem Haushalt 2022 zwar einstimmig zu; gleichzeitig wurde gefordert, das Programm Stadtteilmütter weiter zu unterstützen sowie Mittel zur Einrichtung und Betrieb einer öffentlichen Toilette auf dem Wiener Platz in Höhe von 250.000 Euro pro Jahr bereitzustellen. Außerdem regten die Politiker die sofortige Besetzung einer weiteren Stelle als Ansprechpartner für die Beratung bei Verkehrsangelegenheiten an. Zudem soll die Bezirksvertretung eine sachgerechte Ausstattung erhalten, um die Sitzungen zukünftig in hybrider Form durchzuführen, so dass eine Teilnahme der Verwaltung über Video erfolgen kann.
Die bezirksbezogenen Haushaltsmittel des Stadtbezirks Mülheim werden im kommenden Jahr 189.400 Euro betragen. Davon entfallen für die Kulturförderung 19.100 Euro, für freiwillige Sozialleistungen und interkulturelle Hilfen 56.900 Euro, für die Kinder- und Jugendarbeit 94.300 Euro und die Sportförderung 19.100 Euro.