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Konfliktherd in Köln-MülheimZukunft der Siedlung Egonstraße noch immer unklar

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Protestaktion der Anwohner während der Sitzung

Mülheim/Stammheim – Der Liegenschaftsausschuss des Rats hat zum wiederholten Mal seine Entscheidung darüber verschoben, was in Zukunft mit der Siedlung Egonstraße geschehen soll. Die CDU-Fraktion hatte beantragt, die Abstimmung zu vertagen. Als Grund nannte sie, dass alle Argumente von Befürwortern und Gegnern einer Bestandsgarantie für die Siedlung noch einmal fraktionsintern ausgewertet werden müssten. Anlass war der Auftritt der Fachanwältin für öffentliches Baurecht Petra Lenz-Voß, die die Interessen der Bewohner vertritt und ein entsprechendes Gutachten vorlegte.

Rechtsanwältin Dr. Petra Lenz-Voss legte im Liegenschaftsausschuss ihr Rechtsgutachten vor. 

Die Siedlung mit ehemals etwa 80 Wohnhäusern entstand nach dem Krieg auf dem Gelände eines damaligen Munitionsdepots, wo die Stadt Gebäude als Behelfsheime an ausgebombte Kölner vermietete. Jedes dieser Häuschen hat etwa 60 Quadratmeter Wohnfläche. Da die Bewohner viele Reparaturen selbst vornehmen, sind die Kaltmieten mit Preisen bis 3,50 Euro pro Quadratmeter niedrig. Mit der Begründung, der Abstand des Quartiers zum Großklärwerk Stammheim sei zu gering und der Bereich außerdem im Landschaftsplan als Grünfläche ausgewiesen, begann die Stadt als Eigentümer und Vermieter seit Beginn der 2000er Jahre, leerstehende Gebäude abzureißen. Zudem ist die Stadtverwaltung der Auffassung, die Häuschen seien nicht mehr wirtschaftlich instandzusetzen.

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Eine Hausbesetzung im Herbst 2013 mit Unterstützung der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) und ein Beschluss des Beschwerdeausschusses 2014, ein Abrissmoratorium zu erlassen, fruchteten wenig. Auch ein Vorschlag der Bewohner, die Immobilien zu kaufen, wurde abgelehnt. Mittlerweile sind nur noch etwa 50 der Gebäude vorhanden. Das veranlasste eine Bewohnerinitiative, für den Erhalt der Siedlung mit einem Rechtsgutachten – erstellt von Anwältin Petra Lenz-Voß – und wenn nötig mit einer Klage gegen den weiteren Abriss vorzugehen.

Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome (r.)

Eine Grundaussage des Gutachtens ist, dass der Flächennutzungsplan auf die Siedlung nicht anwendbar sei, weil sie zum geschlossenen Innenbereich von Alt-Stammheim gehöre. So müsse dieser auch nicht geändert werden. „Ich habe persönlich mit der Anwältin gesprochen und kann ihrer Argumentation nur zustimmen“, bekräftigte Mülheims Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs. Auch die Bezirksvertretung Mülheim hatte im Januar einstimmig ein erneutes Abrissmoratorium gefordert. Das solle so lange gelten, bis alle rechtlichen und finanziellen Mittel ausgeschöpft sind und endgültige Klarheit über die Zukunft der Siedlung bestehe.

Einen ähnlichen Antrag hatte die SPD-Ratsfraktion im Liegenschaftsausschuss eingebracht. „Für uns eröffnet das Gutachten die Möglichkeit, noch einmal ganz neu über alle Argumente nachzudenken“, sagte SPD-Ratsherr Michael Frenzel, der mit Mülheimer Mandat im Liegenschaftsausschuss sitzt. Susanne Tobi von der Initiative „Rettet die Egonstraße“ ist nach der Sitzung zufrieden, dass ihre Anwältin Rederecht bekam und äußert sich verhalten optimistisch: „Die Argumente der Stadt beginnen zu bröckeln und ich habe den Eindruck, die Politiker beginnen umzudenken.“ SSM-Aktivist Rainer Kippe wiederum sieht in dem Gutachten die Grundlage für eine Kölsche Lösung: „Die Siedlung kann weiter bewohnt werden und die heilige Kuh Flächennutzungsplan braucht nicht geschlachtet zu werden.“