In Köln-Mülheim hat ein neuer Club eröffnet: Das Lemuria. Hier soll es aber mehr geben als Party. Das Lemuria soll auch ein Ort für Kultur und Begegnung sein. Es gibt aber auch Startschwierigkeiten.
Neuer Club in Köln-MülheimStartschwierigkeiten im Lemuria – „Da entsteht ein Imageschaden“
Herr Spannagel, Herr Özipek, Sie beschreiben das Lemuria als „Club, Kultur, Bar“ - Was ist das Lemuria für ein Ort?
Tim Spannagel: Das Lemuria ist als neuer Veranstaltungsort in Köln gedacht. Es soll kein reiner Club werden, sondern auch ein Kulturraum, wo dann auch andere Veranstaltungen stattfinden können, wie zum Beispiel unter der Woche Lesungen, vielleicht Theater, Kabarettstücke. In die Richtung haben wir einige Sachen geplant. Es soll für alle Interessensgruppen etwas geben, auch für die Mülheimer Nachbarschaft. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Privatpersonen das hier zum Beispiel für Geburtstage mieten.
Emre Özipek: Wir wollen, dass eine Bühne entsteht. In Mülheim gibt es einen Durst danach. Wir betrachten es auch als Zeitenwandel. Vorher war hier eine Kegelbahn. Die Zeit hat sich geändert, wir haben viele junge Leute, die gerne auch Musik machen und kunstinteressiert sind. Es wird ein Ort, an dem Austausch möglich ist. So hat es hier auch angefangen. Wir haben mithilfe mehrerer Kollektive umgebaut und haben jetzt auch eine Künstlerin aus Mülheim da, die das Bild hinter uns malt. Das ist wirklich Familienstimmung hier. Nach wie vor engagieren sich viele Freunde hier auch ehrenamtlich.
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Was ist Ihre Motivation hinter dem Lemuria?
Spannagel: Für neue, kleinere Künstler ist es wirklich schwierig, an die Öffentlichkeit zu kommen. Die großen Veranstaltungsstätten denken da schon sehr wirtschaftlich. Diese Lücke wollen wir füllen.
Özipek: Wir haben außerdem ein Projekt: Vor drei Jahren haben wir das Konzept „Vana“ entwickelt, um eine Million Bäume in Armenien zu pflanzen. Es soll hier dann Veranstaltungen geben, bei denen man keinen Eintritt zahlt, sondern direkt Bäume spendet. Das wollen wir auch bei der Garderobe umsetzen: Eine Jacke, ein Baum. Man soll feiern, aber auch der Erde etwas schenken. Dieses Projekt soll auch komplett transparent gestaltet werden.
Sie haben in einer Zeit eröffnet, in der viele Clubs mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Warum jetzt?
Özipek: Der Laden ist super angekommen und war bei den ersten Veranstaltungen voll. Wir glauben daran, dass man Austauschorte braucht, egal ob es eine Krisensituation gibt. Kultur ist kein Luxus. Feiern ist kein Luxus. Es gehört zum Leben, Menschen wollen in ihrer Freizeit zusammenkommen und tanzen. Musik ist Heilung.
Das Lemuria liegt nicht auf der typischen Feiermeile von Köln. Ist das ein Nachteil?
Spannagel: Ich glaube es ist ein Vorteil. Ich habe in der Vergangenheit schon nach Locations gesucht, um etwas Neues zu eröffnen und die Möglichkeiten sind rar gesät. Orte in Köln, an denen früher Kapazitäten da waren, wurden nach und nach abgerissen, und es entstehen irgendwelche Neubauviertel. Von der Stadtplanung her ist nicht wirklich vorgesehen, neue Orte dafür zu schaffen. Viel findet drüben in Ehrenfeld statt. Hier auf dieser Rheinseite ist eigentlich relativ wenig. Es gibt das Bootshaus und im Schanzenviertel größere Locations für Konzerte. Bei den ersten Veranstaltungen kam aus Mülheim und ganz Köln viel Feedback, dass sich die Leute sehr gefreut haben, dass auch mal auf dieser Rheinseite etwas stattfindet und was Neues in Köln entsteht, nach dem man lange ein Sterben von kleinen Veranstaltungsstätten beobachten musste.
Sie hatten bei der Eröffnung Probleme mit dem Ordnungsamt, mussten die Eröffnungsveranstaltung abbrechen, und dürfen die untere Etage mit dem Dancefloor aktuell nicht nutzen. Was ist das Problem?
Spannagel: Bei allen beteiligten Behörden lagen unterschiedliche Informationen über die Konzessionen vor, sodass die Veranstaltung am 29. Oktober vom Ordnungsamt der Stadt Köln im laufenden Betrieb beendet wurde. Was nicht nur einen Imageschaden, sondern auch einen wirtschaftlichen Schaden verursacht hat. Für den 11.11. hatten wir extra noch eine Sondergenehmigung beantragt und erhalten. Am 9. November wurde die Veranstaltung dann trotzdem untersagt. Wenn man zwei Tage vorher absagen muss, obwohl man sich eigentlich noch mal offiziell abgesichert hat, dann bleibt man auf vielen Kosten sitzen.
Özipek: 2018 wurde der Laden in Sachen Brandschutz, Elektrik und Lüftung abgenommen. Jetzt muss der Notausgang verbessert werden. Da werden wir natürlich kooperieren, aber das hat uns etwas überrascht.
Cem Konuk: Ursprünglich war es eine Kneipe mit Kegelbahn. Schon vor der Corona-Pandemie kam der Wandel, dass hier Veranstaltungen stattgefunden haben. Damals wurde verlangt, die Konzession von einer Gastronomie zu der einer Veranstaltungsstätte zu ändern. Jetzt nach der Pandemie wollten wir diesem Ort neues Leben einhauchen und was Neues und Schönes für Mülheim und Köln entstehen lassen, was es an anderer Stelle so gut wie gar nicht mehr gibt.
Und nun?
Spannagel: Die Eröffnung hat großes Interesse geweckt, damit haben wir selber überhaupt nicht gerechnet. Ich vermute, dass man dadurch auch die Aufmerksamkeit der Stadt Köln geweckt hat, die gesehen hat, dass hier was entsteht, was doch sehr im öffentlichen Interesse steht. Die wollen sowas dann natürlich unter die Lupe nehmen. Es geht hier in erster Linie um die Sicherheit unserer Gäste, was wir auch absolut nachvollziehen können.
Özipek: Dann, glaube ich, wird das Lemuria zu einem tollen und bekannten Veranstaltungsort hier in Köln wachsen.
Tim Spannagel, 31, ist Booker & Assistenz der Geschäftsführung im Lemuria. Vor etwa zehn Jahren hat er angefangen, mit Freunden aus Leidenschaft kleine Events zu organisieren. Mit den Jahren hat er mit mehreren Musiklabeln und Kollektiven Veranstaltungen in verschiedenen Veranstaltungsstätten in Köln realisiert. Heute arbeitet er für das Label Nonchalance Music und das Lemuria. Vor acht Jahren lernte er Emre kennen. Mit der Freundschaft begann auch die Zusammenarbeit in verschiedenen Projekten.
Emre Özipek, 45, ist früherer Geschäftsführer der „Nachtigall“, jetzt unterstützend im Lemuria. Engagiert sich für ein Aufforstungsprojekt in Armenien.
Cem Konuk, 45, ist Geschäftsführer des Lemuria, das vorher das „Haus Regent“ mit Kegelbahn und Restaurant war.
Im Lemuria soll eigentlich im unteren Bereich Party zu hauptsächlich elektronischer Musik gefeiert werden. Aufgrund der Auflagen ist derzeit nur der obere Bereich in Betrieb. Neben dem Barbetrieb soll es hier verschiedene Veranstaltungen geben – im Dezember etwa ist ein wöchentlicher, kostenloser Yoga-Kurs zu elektronischer Musik geplant. Eine Website ist noch im Aufbau. Instagram: @lemuria_cgn Regentenstraße 11, 51063 Köln