Köln-Mülheim – 24 Teilnehmer taten sich für die jüngste Ausgabe der Mülheimer Nacht zusammen. Nach zweijähriger Corona-Pause brummte es in Cafés, Kulturstätten und Kirchen nur so vor lebendiger Kreativität und Vielfalt.
Menschentrauben vor und in den Locations zeugten vom Nachholbedarf der feierfreudigen Besucher aus dem Veedel und von außerhalb. Wie schon der Erstling vor 12 Jahren war auch die 11. Mülheimer Nacht ein Selbstläufer, der mit einem geballten Angebot aus Konzerten, Ausstellungen und Party-Feeling punktete. Mit einem für fünf Euro erhältlichen Bändchen war der Obolus für sämtliche Veranstaltungen erbracht. Ein Shuttle-Bus sorgte für den Transfer zwischen Berliner Straße und Deutz-Mülheimer Straße.
Kinder und Erwachsene tanzen zu Trommel-Rhythmen von Katakichi-Cologne
Pünktlich um acht Uhr lassen sich die Trommel-Arrangements von Katakichi-Cologne im ganzen Viertel vernehmen. Inan Durmus, stellvertretender Leiter des Bürgerhauses „MüZe“ auf der Berliner Straße 77, freut sich über den Auftritt der Kölner Sambagruppe vor dem Bürgerhaus. Er zieht Interessierte aller Altersklassen an, ausgelassen tanzen Kinder zu den Rhythmen der rechtsrheinischen Trommler-Gemeinschaft, auch Erwachsene reißt die Einlage sichtlich mit.
Im Anschluss an ihre Performance lädt das MüZe zum Kinofilm „Brings – nix för lau“ ein. Der Film sei ihnen von der Band kostenlos zur Verfügung gestellt worden, obwohl er noch im Kino laufe, erklärt Inan Durmus. Einzige Auflage sei eine Beteiligung am Erlös des Bändchen-Verkaufs, die Brings dann als Spende für allgemeinnützige Projekte weitergebe.
Konzerte im Kulturbunker, Partystimmung im Club Toré
Nicht weit vom Bürgerhaus entfernt, geht es ähnlich quirlig zu. Im Kulturbunker gibt es Konzerte und Ausstellungen, im Club Toré und jede Menge Party-Stimmung. Auf dem Hof des Clubs drängeln sich die Gäste um die Band „Easy Easy“, ihre chilligen Songs scheinen genau die Leichtigkeit zu vermitteln, an der es seit dem Lockdown gefehlt hat. Später wird die Johnny Priest Band im Saal des Kulturbunkers weiter für Stimmung sorgen.
Im Obergeschoss sind mehrere Ausstellungen zu sehen; die von Jens Emde ist eigens für die Mülheimer Nacht installiert worden. Sie zeigt Bilder aus seiner Serie „Anthropozän“ und solche, die mehr oder weniger mit dem Zeitalter zusammenhängen, das vom Einfluss des Menschen auf biologische, geologische und atmosphärische Prozesse geprägt ist. „Mich interessiert, was die Menschen tun auf der Erde und war daraus werden kann“, sagt der Autodidakt.
Durch die De- und Neu-Konstruktion verschiedener Motive fordert er die Sehgewohnheiten des Betrachters heraus. Zur Kernserie „Anthropozän“ gehören Bilder von Barcelona, Trier, Rotterdam, Mailand und Köln.
Neues Organisatoren-Trio für Events im Kölner Kulturbunker
Sevgi Demirkaya hat mit Sarah Plückthon und Vera Krämer nicht nur die Organisation der Kultur-Events im Kulturbunker unter sich, das Dreier-Team stemmte in diesem Jahr auch erstmals die Gesamtorganisation der Mülheimer Nacht.
Nachdem die eigentliche Initiatorin Silvia Beuchert ihr Café Jakubowski Ende 2020 verkauft hatte, übergab sie auch die Leitung des Veedel-Events. „Bei so viel Frauenpower war mir klar, dass Sevgi und ihr Team diese Aufgabe übernehmen können“, sagt sie zu ihrer Entscheidung, den Staffel-Stab an die Frauen vom Kulturbunker weiterzureichen.
„Wir bringen die Leute zusammen, die mitmachen wollen“, erklärt Sevgi Demirkaya. Sie beschreibt den Prozess von der Kontaktaufnahme über die Unterstützung bei der Planung bis zur Shuttle-Organisation und Öffentlichkeitsarbeit. Für den Kulturbunker als interkulturelles Haus ist den Macherinnen ein ausgewogenes Programm ohnehin wichtig, das spiegelt sich auch bei den Angeboten der Mülheimer Nacht wider.
Wechsel an der Spitze des Organisationsteams
„Zum ersten Mal bin ich Gast bei mir selbst“, scherzt Silvia Beuchert über ihren Perspektivwechsel von der Organisatorin zur Besucherin. Und natürlich kehrt sie im Lauf des Abends auch zur Wiege des Stadtteilfestes zurück. Das Café Jakubowski auf der Mülheimer Freiheit 54 wird ganz im ursprünglichen Gründergedanken von Jens Deselaers weitergeführt. Das Duo Ghost Town Traffic alias Wolly Düse und Seb Hynckel rockt das Haus mit Seemannsliedern und Cowboy-Weisen, der „Dead Pony Club“ übernimmt um 22 Uhr.
Jazzig wird es nach dem Auftritt von Klaus der Geiger und Gitarrist Marius Peters in der Evangelische Friedenkirche, Wallstraße 70. Die Friday Night Club Jazz Band spielt einen Mix aus Jazz Klassikern und eigenen Kompositionen. Christiane von Scheven, Vorsitzende des Kulturausschusses für die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Mülheim, erzählt, die Gemeinde mache zum zehnten Mal bei der Mülheimer Nacht mit. Neben den ausgesuchten Musik-Acts werden Getränke auch alkoholischer Natur geboten. „Wir wollen zeigen, dass die Kirche offen ist“, meint sie zum Programm.
Kunstvereine wie das Kunstwerk Köln, Gebäude 9, die Kunstetage Köln oder Raum 13 präsentieren Kunstprojekte verschiedenster Art. Stiftungen, Ateliers, Kneipen, Cafés und Kirchen tragen ebenso zum Erfolg des Konzepts bei. Zwar sind die aktuellen Teilnehmer nicht mehr in allen Fällen dieselben, die zu Beginn der Mülheimer Nacht dabei waren – unter anderem hat Corona zu einigen personellen Veränderungen geführt. Der Grundgedanke ist aber über die Jahre der gleiche geblieben. „Das Wichtigste“, so Silvia Beuchert, „war immer die Gemeinschaft“.