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Mülheimer Brücke bald einspurig?Was das Diesel-Urteil für Köln bedeutet

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In Köln drohen streckenbezogene Fahrverbote.

  1. Straßensperrungen, Pförtnerampel, weniger Fahrspuren: Mit Eingriffen und Verboten soll die Schadstoff-Belastung an besonders betroffenen Orten gesenkt werden.
  2. Kritiker bemängeln die Maßnahmen: Denn an der Gesamtbelastung der Luft ändere sich dadurch wenig.
  3. Welche neuen Vorschläge werden für Köln jetzt konkret diskutiert?

Köln – Nachdem ein flächendeckendes Fahrverbot für Dieselautos in Köln erst einmal vom Tisch scheint, beginnt eine Diskussion über mehrere punktuelle und streckenbezogene Einschränkungen für den Autoverkehr.

Das Oberverwaltungsgerichts in Münster hat die Sperrung von Straßenabschnitten als Maßnahme gegen die Luftverschmutzung von Bezirksregierung und Stadt eingefordert. Wie weit dürfen und sollen Einschränkungen für Auto- und Lastwagenfahrer gehen? Straßensperrungen, Durchfahrtsverbote für LKW, die Wegnahme Fahrspuren für den Individualverkehr zugunsten anderer Verkehrsträger, autofreie Tage – Zwangsmaßnahmen gegen Autofahrer sind längst Teil kommunaler Verkehrspolitik in Köln wie auch in anderen Großstädten. In der wachsenden Stadt wird der öffentliche Raum langfristig neu aufgeteilt. Doch es geht wie im Rechtsstreit um die Dieselfahrverbote auch darum, schnell auf akute Schadstoff-Belastungen zu reagieren.

Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome hat am Rande der Verhandlungen in Münster eine weitere konkrete Zwangsmaßnahme ins Spiel gebracht. Sie könne sich vorstellen könne, dass die Mülheimer Brücke dauerhaft für den Lastwagen-Verkehr gesperrt bleibt. Wenn das dazu beitrage, dass die Grenzwerte für Dieselabgase dauerhaft eingehalten werden, sei das eine Möglichkeit. Im Stadtrat könnten sich die Grünen und wohl auch eine Mehrheit bei SPD und Linken vorstellen, dass nicht nur Lkw-Fahrer bei ihrer Fahrt über den Rhein umdisponieren müssen. Sie können sich vorstellen, dass auch die einspurige Verkehrsführung, wie sie zur Zeit wegen der Sanierung der Brücke eingerichtet werden musste, eine Dauerlösung sein könnte.

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Kritiker bemängeln, dass solche Eingriffe nur dazu führen, dass sich Auto- und Lastwagenfahrer neue Wege suchen. Die Gesamtbelastung sinke nicht, sondern werde nur anders verteilt. Befürworter verweisen dagegen auf die gängige Praxis in fast allen anderen politischen Bereichen: Es sei richtig, Belastungen – solange sie bestehen – zu verteilen. Was für Industrieansiedlungen, Verkehrsströme oder soziale Herausforderungen gelte, ließe sich auch auf die Luftqualität einer Stadt übertragen.

Pförtnerampel zum Erftkreis?

Diese Argumente fallen auch, wenn es um die umstrittene Idee geht, an der Stadtgrenze zwischen Köln und dem Erftkreis eine sogenannte Pförtnerampel zu installieren, die den Pendlern die Fahrt in die Stadt erschweren würde. Die Verantwortlichen für die Kölner Verkehrspolitik in der Stadtverwaltung sagen, dass die Pförtnerampel in Kombination mit dem Einsatz von schadstoffarmen Bussen dazu führen wird, dass die Schadstoff-Werte dauerhaft sinken werden. Die Pförtnerampel werde in den Herbstferien getestet, so Dezernentin Blome. Das sei mit den Nachbarkommunen so abgesprochen.

Mit dem Test wolle man Erfahrungen sammeln. Klar ist: Solange der Öffentliche Personennahverkehr einschließlich der angeschlossenen Park-und-Ride-Plätze nicht leistungsfähiger wird, werden sich viele Auto fahrende Pendler andere Wege in die Stadt suchen. An der Aachener Straße wird die Belastung sinken. An anderer Stelle wird sie steigen.Ähnliche Folgen haben die Einschränkungen auf der Mülheimer Brücke. Wohin die Lastwagen ausgewichen sind, die hier zur Zeit wegen der Bauarbeiten nicht fahren dürfen, weiß die Stadt nicht genau. „Wir haben noch keine Zählungen gemacht, vermuten aber, dass die Severinsbrücke etwas stärker belastet ist“, so Blome. Die Stadt werde sich „modellhaft“ anschauen, wie sich der Lastwagen-Verkehr entwickeln könnte, wenn die neue Leverkusener Brücke einmal fertig sein wird.

FDP reagiert mit scharfem Ton

Mit einer Anfrage im Verkehrsausschuss des Kölner Stadtrates haben SPD, CDU, Grüne, Linke und die Ratsgruppe Gut eine Forderung aus dem Jahr 2016 wieder ins Spiel gebracht, die damals noch wenig Chancen hatte. Die Parteien wollen wissen, ob es zur Zeit „Überlegungen“ gibt, die Mülheimer Brücke auch nach dem Abschluss ihrer Sanierung für den Autoverkehr einspurig zu belassen. Der gewonnene Platz könnte den Fahrradfahrern gegeben werden, die sich bislang um Pylone, Fußgänger und Gegenverkehr schlängeln mussten. Man könne feststellen, dass das erwartete Stauchaos durch die Bauarbeiten ausgeblieben sei, so die Parteien. Die Stickoxid-Messwerte am Clevischen Ring sind deutlich zurück gegangen.

Auch wenn sich das Bewusstsein für eine Verkehrswende verstärkt, bleibt jede Einschränkung des Autoverkehrs ein brisantes Thema. So ist es dem Fraktionsgeschäftsführer der Kölner CDU, Niklas Kienitz, wichtig klarzustellen, dass seine Unterschrift unter der Anfrage im Ausschuss nicht bedeute, dass die CDU einer Einspurigkeit zustimmen werde. Es gehe um eine ergebnisoffene Prüfung.

Die FDP reagierte trotzdem prompt und mit scharfen Ton. Es sei „politisch in Mode, die wenigen Querungskapazitäten über den Rhein ideologisch motiviert umzuverteilen“. Die anderen Parteien im Rat seien „des verkehrspolitischen Wahnsinns fette Beute“. Lino Hammer von den Grünen gab den Ideologievorwurf zurück. Die FDP sei die einzige Partei, die sich durch „ideologische Scheuklappen“ beschränke und an einer überholten Verkehrspolitik festhalte. CDU-Mann Kienitz sagt: „Die FDP muss sich entscheiden, ob sie sich weiter mit taktischer Wahlkampfrhetorik oder sachlicher Politik profilieren will.“