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Neuer Chef im „Rex am Ring“„Älteres Publikum ist nach Corona teilweise nicht ins Kino zurückgekehrt“

Lesezeit 4 Minuten
Betreiberwechsel im Rex am Ring: die langjährige Betreiberin Catherine Laakmann gibt das Rex Kino und das Metropolis Kino an den Filmexperten Mustafa El Mesaoudi ab. Foto: Arton Krasniqi

Betreiberwechsel im Rex am Ring: die langjährige Betreiberin Catherine Laakmann gibt das Rex Kino und das Metropolis Kino an den Filmexperten Mustafa El Mesaoudi ab

Catherine Laakmann hat die beiden Kinos Rex am Ring und Metropolis fast vier Jahrzehnte lang geführt. Übernommen hat Filmexperte Mustafa El Mesaouidi.

Einen Film auch dann nicht absetzen, wenn die Kollegen ihn bereits aus dem Programm genommen haben: Dann wird er vielleicht doch noch ein später Erfolg. Diese Wendung hat zum Beispiel der oscarprämierte Film „Anora“ über eine Sexarbeiterin und einen russischen Oligarchen genommen. „Das sind zwei Themen, die aktuell in Deutschland schwer zu vermarkten sind. Da ist man mit der Handbremse ins Marketing gegangen: Zum Start im November war Anora daher ein Flop“, sagt Mustafa El Mesaoudi, der neue Betreiber der Kinos „Rex am Ring“ und „Metropolis“ am Ebertplatz.

11.03.2025, Köln: Das Rex Kino auf den Ringen. Foto: Arton Krasniqi

In den Nullerjahren lockte das Rex vor allem als One-Dollar-Kino. Man konnte alte Filme für sehr wenig Geld anschauen. Seit 2013 zeigt das Kino allerdings nur noch Neustarts.

„Wenn es ein guter Film ist, glaube ich fest, dass es ein Publikum gibt. Wir haben hier sieben Säle und daher auch den Spielraum,“ so El Mesaoudi. Diese Strategie des 55-Jährigen Wuppertalers befürwortet auch die langjährige Chefin Catherine Laakmann.

Rex am Ring: Neuer Chef betreibt auch Kinos in Wuppertal

Laakmann hat nach fast vier Jahrzehnten im Kinogeschäft vergangenen Sommer die Entscheidung getroffen, sich Unterstützung zu holen. Das Geschäft hatte zuletzt nach der Pandemie wieder an Fahrt aufgenommen, doch aufgrund von Personalmangel habe sie den Betrieb nicht mehr allein stemmen können. „Ich war dermaßen erschöpft“, sagt Laakmann. Auf El Mesaoudi konnte sie sich von Anfang an verlassen: Der erfahrene Kinobetreiber – er führt zwei Arthouse-Kinos in Wuppertal und hat schon mehrere Häuser unter anderem auch in Bonn betrieben – hat im August direkt das Programm übernommen und sich um die Verstärkung im Team gekümmert.

Die beiden kannten sich aus mehreren Netzwerktreffen. „Die Branche ist klein, in Deutschland gibt es 1200 Kinobetreiber, man sieht sich regelmäßig auf Messen oder Vorführungen“, sagt El Mesaoudi. Der hat hier eine spannende Herausforderung gewittert: Ein Arthouse-Kino in Montabaur oder Wuppertal oder in Köln zu führen, sei eben etwas anderes. „Köln hat ein deutlich breiteres kulturelles Angebot, in der Großstadt kann man kann viel mehr inhaltlich arbeiten. In einer Stadt mit 20.000 Einwohnern funktioniert eine Filmreihe über Architektur unter Umständen nicht mehr.“

Der Filmexperte hat sich dem Arthouse-Film verschrieben und engagiert sich zum Beispiel im Vorstand des Verbands „Europa Cinemas Network“. Im vergangenen Jahr erhielt er den Preis der Film- und Medienstiftung NRW für „sein Lebenswerk im Dienst von Kino- und Filmkultur“ für den Standort Wuppertal.

Rex am Ring und Metropolis: Catherine Laakmann liebt das Kino, war zuletzt aber zu erschöpft

Catherine Laakmann hatte also ein glückliches Händchen bei der Wahl ihres Nachfolgers. Dennoch fällt es der Vollblut-Unternehmerin, die auch Wochenenddienste an der Theke nicht scheute, Krisen und mehrjährige Umbaumaßnahmen meisterte, nicht leicht, komplett loszulassen. „Ich dachte immer, ich werde arbeiten bis ich sterbe, doch es ging nicht mehr.“ Ganz weg ist sie aber nicht: Die Gebäude, in der die Kinos sich befinden, gehören der 72-Jährigen, die weiterhin mit bürokratischen Dingen befasst ist.

Mustafa El Mesaoudi im Kinosaal im Rex

Mustafa El Mesaoudi bendeidet Frankreich um seine Kinokultur: „Die Franzosen zelebrieren ihre Filme, die auch ein Exportschlager sind.“

Und wie sieht die Zukunft in einem der ältesten Kinos Kölns und im Metropolis aus? „Es sind erfolgreiche Kinos, wir werden sie in diesem Sinne weiterführen, und natürlich immer mal wieder überprüfen. Das Kinoprogramm ist das A und O eines Kinos. Nun ist aber zunächst das Teambuildung ganz wichtig“, sagt El Mesaoudi. Inhaltlich werde er noch mehr auf Kooperationen und Themenabende setzen. Letztlich zähle aber das „Zusammenspiel zwischen Kuration, gutem Team und gutem Film.“

Die Branche spüre immer noch die Langzeitfolgen der Pandemie: das ältere Publikum, das ein starkes Arthouse-Publikum ist, sei nicht vollständig zurückgekehrt. „Die Jüngeren waren hingegen schnell wieder da.“ Die Gründe sind vielfältig: zum Teil waren sie möglicherweise selbst von Corona betroffen, Gewohnheiten haben sich verändert oder die Angst, in geschlossene Räume zurückzukehren, sei geblieben.

Folgen der Corona-Pandemie auf das Kino noch zu spüren

„Eine gesellschaftliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie ist ja so richtig bisher nicht erfolgt“, so El Mesaoudi. Zum anderen stagnierten zu der Zeit viele Filmprojekte oder wurden aufgeschoben. Das und der Hollywoodstreik 2023, bei dem tausende Drehbuchautoren ihre Arbeit niedergelegten, wirke bis heute nach. „Ab dem zweiten Halbjahr 2025 werden wir eine Erholung spüren, was die Anzahl der Filme angeht.“ 

Als engagierter Filmliebhaber arbeitet er weiter daran, dass das Kino ähnlich wie in Frankreich, mehr gesellschaftliche Selbstverständlichkeit erhält und sich etwa im Rahmen der Schule mehr etabliert. Im Nachbarland sei es die Regel, dass Klassen ins Kino gehen. „Kino ist ein Kompass für die Gesellschaft. Im Arthouse-Film wird das Zeitgeschehen abgebildet. Wir reden über Migration, Identität, viele politische und historische Themen, die im Film verhandelt werden. Zu vermeintlich komplexen Themen erhält man einen anderen Zugang als allein über sperrige Schulbücher.“