Köln – Etwas mehr als zwei Jahre sind vergangen, seit drohende Fahrverbote für ältere Dieselautos in Köln vom Tisch sind. Das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Köln und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beendeten damals ein entsprechendes Klageverfahren mit einem außergerichtlichen Vergleich. Nun kehrt das Thema mit voller Wucht zurück.
Die EU-Kommission will den bisherigen Grenzwert für Stickstoffdioxid halbieren – statt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sollen in Zukunft nur noch 20 Mikrogramm des giftigen Gases erlaubt sein. Für Köln bedeutet die Verschärfung , dass erneut Fahrverbote drohen. Das Landesumweltamt hat zwar festgestellt, dass der derzeitige Grenzwert im Jahresdurchschnitt inzwischen an sämtlichen Messstationen im Stadtgebiet unterschritten wird – der künftige Grenzwert wird bislang allerdings nur in Chorweiler eingehalten.
An zehn der insgesamt 17 Messpunkte fallen mindestens 30 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter und mehr an. Insbesondere im März dieses Jahres kam es an einzelnen Stationen auch zur Überschreitung der 40-Mikrogramm-Grenze.
Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch kritisiert Stadt Köln
„Wenn die EU-Kommission den durchschnittlichen Jahreswert für Stickstoffoxid auf 20 Mikrogramm senkt, wird Köln das nie und nimmer erreichen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, am Dienstag auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er habe schon bei den Vergleichsverhandlungen vor zwei Jahren den Eindruck gehabt, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Kölner Stadtverwaltung nur wenig Einsicht gezeigt hätten, als es um konkrete Maßnahmen zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts ging.
Wie die Stadt mit den im Luftreinhalteplan und der außergerichtlichen Einigung mit der DUH enthaltenen Auflagen umgeht, zeigt sich am Beispiel der Expressbusse auf der Aachener Straße. Die Stadt und die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) hatten im Dezember 2019 die neuen Buslinien 172 und 173 eingerichtet – ursprünglich, um die Stadtbahnen der Linie 1 zu entlasten. Die beiden Buslinien verbinden Widdersdorf, Lövenich, Weiden und Junkersdorf mit dem Hauptbahnhof. Auf der Aachener Straße ließ die damalige Verkehrsdezernentin Andrea Blome Autospuren in Busspuren umwandeln – die Linien 172 und 173 fahren parallel zu den Bahnen der Linie 1.
In den Verhandlungen mit der Deutschen Umwelthilfe führte die Stadt die Expressbusse ins Feld, weil sie die Luftwerte im Kölner Westen verbessern sollten. In der Theorie sollen Autofahrerinnen und Autofahrer, die jeden Tag in die Innenstadt pendeln, auf die Busse umsteigen. So landeten die Linien 172 und 173 schließlich im offiziellen Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Köln.
Seit Sommer dieses Jahres sind die Busse allerdings nahezu aus dem Stadtbild verschwunden. Die KVB stellte die Linie 173 vollständig ein. Auf der Linie 172 gibt es täglich nur noch fünf Fahrten für den Schulverkehr. Als Begründung nennt das Unternehmen eine „angespannte Personalsituation“.
KVB nennt keinen Zeitpunkt für erneuten Busbetrieb
„Wann die Linien wieder fahren werden, können wir im Moment noch nicht genau sagen“, sagte ein KVB-Sprecher auf Anfrage. Dass es die beiden Expressbuslinien traf, lag laut KVB daran, dass die Fahrgäste alternativ andere Buslinien und die Stadtbahnen der Linie 1 benutzen können. „Es ist ausgesprochen ärgerlich, dass ausgerechnet die beiden Buslinien in Köln ausfallen, die Teil des Luftreinhalteplans sind und wichtig wären, um die Luft sauberer zu halten.“
Die Stadt sieht das deutlich gelassener. Der Ausfall der Expressbuslinien sei „bedauerlich“, weil das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs eingeschränkt werde, sagte ein Sprecher. Im Vergleich mit möglichen Einschränkungen auf anderen Linien halte die Verwaltung die Einschränkungen bei den Expressbuslinien aber für vertretbar. Die Linien 172 und 173 seien eine von zahlreichen Maßnahmen, durch die im Verbund die Einhaltung der Grenzwerte erreicht worden sei.
„Auch die bereits in den letzten Monaten zeitweise erfolgten Betriebseinschränkungen haben diese Zielerreichung nicht beeinträchtigt“, sagte der Sprecher und verwies darauf, dass der Messwert in Weiden im Jahresmittel bei 31 Mikrogramm lag. Dennoch sei eine „konsequente Maßnahmenumsetzung anzustreben“.
Die Bezirksregierung Köln teilte auf Anfrage mit, dass es nicht möglich sei, einzelne Maßnahmen aus dem Luftreinhalteplan einzufordern.