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„Eine Schande!“S-Bahnhöfe im Kölner Norden schneiden bei Fahrgästen schlecht ab

Lesezeit 5 Minuten

Die direkte Umgebung des Nippeser Bahnhofs wirkt heruntergekommen.

Köln-Nippes/Longerich – Die S-Bahnhöfe im Kölner Norden sind kein angenehmer Ort, da sind sich die Fahrgäste und die Fachleute des Nahverkehrs Rheinland (NVR) annähernd einig. Entlang der S-Bahn-Linie 11 sind die Stationen von Worringen bis zum Hansaring laut einer Studie, die der Zweckverband vor Kurzem veröffentlicht hat – dem Stationsbericht 2016 – nur gerade noch akzeptabel.

Für die Untersuchung hat sich der Verband Kriterien wie Sauberkeit, Wetterschutz, barrierefreien Zugang und Zustand der Sitzmöglichkeiten, Fahrkartenautomaten und Fahrplan-Vitrinen angeschaut. Die Bewertung der Bahnhöfe folgt einem Ampelsystem: Grün ist in Ordnung, Gelb ist gerade noch akzeptabel, Rot ist nicht mehr akzeptabel.

Auch wenn ein Bahnhof für einzelne Kriterien wie etwa den Zustand der Fahrkartenautomaten ein „Rot“ erhält, kann er insgesamt noch akzeptabel sein, also „Gelb“. Am Ende zählt für die Bahnkunden schließlich der Gesamteindruck.

Schlechte Bewertungen für den Kölner Norden

Neben den Bahnhöfen der S-Bahn-Linie 11 ab Hansaring Richtung Norden – alle mit Bewertung „Gelb“ – fallen im Kölner Stadtgebiet noch fünf weitere Bahnhöfe in diese Kategorie. Auffällig ist, dass unter den zehn am schlechtesten bewerteten Stationen Kölns ganze sieben im Norden liegen, weit über die Hälfte also. Und: Im Vergleich mit sämtlichen Kölner S-Bahnhöfen bildete der Stopp in Nippes sogar das Schlusslicht bei der Analyse.

Er rutschte bloß denkbar knapp über die Marke, die „noch akzeptabel“ von „nicht akzeptabel“ trennt. Der vorletzte Kölner S-Bahnhof ist laut der Studie Longerich, der drittletzte Worringen.

Die Bahnhöfe im Kölner Norden bieten keinen schönen Anblick.

Bei einigen Fahrgästen fällt das Urteil allerdings noch schlechter aus als „gerade noch akzeptabel“. Vor allem, was die Stationen in Longerich und Nippes angeht. „Der Longericher Bahnhof ist eine Schande!“ Katalin Bell aus Pulheim etwa mag kaum mehr mit der Bahn in die Stadt fahren, zu dreckig sei der Bahnhof, zu selten fahren die Züge oder die Busse dorthin, vor allem abends.

„Wenn ich mit meinem Mann unterwegs bin, können wir die Verbindung sowieso nicht nutzen. Er ist zu 100 Prozent gehbehindert.“ Kein Fahrstuhl, keine Rolltreppe, zwischen Bahnhof und Bushaltestelle gilt es, mehrere Straßen zu überqueren – in Sachen Barrierefreiheit gibt es in Longerich also einiges zu tun.

Eigentlich ist die Anbindung an die Innenstadt sehr gut: nur 13 Minuten Fahrtzeit zwischen Longerich und Hauptbahnhof – eine tolle Alternative zum Auto. Trotzdem legte die langjährige Bahnfahrerin Bell ihre Wege nun fast komplett mit dem Wagen zurück.

Unerfreuliches Bild auch in Nippes

Ein ähnlich unerfreuliches Bild erwartet die Reisenden in Nippes. Die Aufgänge zum Bahnsteig liegen unter der S-Bahn-Brücke. Schon auf dem Bürgersteig ist wenig Platz. Radler, eine Bushaltestelle mit Wartenden und ein schmaler Gehweg teilen sich den Platz vor und neben dem Aufgang.

Unter der Brücke der typische Taubendreck in dicker Schicht. Hier gibt es einen Fahrstuhl zu den Gleisen, der schmale Weg zur Treppe führt um den Aufzug herum und ist deswegen verwinkelt und nicht von allen Seiten einsehbar.

Für manche in den dunkleren Abendstunden ein nicht zu unterschätzender Gruselfaktor. „Durch die Unterführung gehe ich abends nicht gern. Man sieht nicht, ob hinter der Ecke jemand lauern könnte“, findet Bahnkundin Valeria Marzia. „Und der Aufzug stinkt, da würde ich nicht reingehen.“

Kaputt und dunkel: So sieht mancher Kölner Bahnhof aus.

Nach Auskunft der Deutschen Bahn, die die Kölner S-Bahnhöfe betreibt, ist die verwinkelte Treppenkonstruktion nicht anders möglich gewesen. Man versuche aber, mit guter Beleuchtung für ein besseres Sicherheitsgefühl zu sorgen.

Schönheitsmaßnahmen sind geplant

Unterdessen mag niemand die Verantwortung für die Sauberkeit des Gehwegs unter der Brücke in Nippes übernehmen. Laut der Kölner Stadtverwaltung muss die Bahn hier schrubben; die Bahn behauptet, dies liege in der Hand der Stadt. Bereiche, die zum Stationszugang gehören, werden jedoch von der Deutschen Bahn gereinigt, so ein Sprecher.

Dort hat man sich auch mit dem Stationsbericht auseinandergesetzt. Bahnhöfe, die schlecht abgeschnitten haben, will man sich demnächst näher anschauen.

Fachleute des Nahverkehrs Rheinland (NVR) und die Kunden sind sich einig: Die Bahnhöfe im Kölner Norden sind ganz schön heruntergekommen: „Gerade noch akzeptabel.“

Für Chorweiler, Longerich und Nippes sind Schönheitsmaßnahmen geplant. In Longerich werden neue Mülleimer und Vitrinen für die Fahrpläne aufgestellt, zudem wird es Braille-Schilder mit Punktschrift geben, damit sehbehinderte Fahrgäste sich besser orientieren können. Am Nippeser Bahnhof kommen Bänke dazu, auch hier werden Abfalleimer und Vitrinen erneuert.

Und der Worringer Bahnhof hat sich – auch nach Einschätzung des NVR – im Vergleich zu vorhergehenden Untersuchungsberichten schon etwas verbessert. 2016 hatte er noch den letzten Platz bei der Analyse belegt; inzwischen wurden etwa Wegeleitung, Sitzmöglichkeiten und Vitrinenscheiben umgestaltet.

Für 125 Bahnhöfe im ganzen Rheinland gibt die Deutsche Bahn 2,8 Millionen Euro für Leitsysteme, Bänke, Mülleimer und Vitrinen aus. Einige Punkte werden also auch im Norden angegangen, doch andere gravierende Schwachstellen wie die allgemeine Sauberkeit und das mangelnde Sicherheitsgefühl werden derzeit nicht in Angriff genommen.

Das sagen die Bürger zu ihren Stationen

Kathrin Kamphus, Nippes

Als Frau fühlt man sich in dem engen, dunklen Gang in der Nippeser Station unwohl, und mir steigt immer direkt dieser penetrante Uringeruch in die Nase. Was positiv auffällt: Die halbwegs leeren Mülleimer.

Hans-J. Merscheid, Longerich

Ich bin hier zehn Jahre zur Schule gefahren, alles war in Ordnung. Nun ist der Longericher Bahnhof einer der hässlichsten Kölns, es ist dreckig. Dafür kann die Bahn wenig, die Gesellschaft hat sich gewandelt.

Graciana Kubenka, Nippes

Der Nippeser Bahnhof erfüllt seine Aufgabe – er ist ein Bahnhof. Mir ist noch nichts Schlimmes aufgefallen. Toll ist, dass die Sitze und Automaten neu sind. Das muss man auch mal wertschätzen.

Susanne Riehl, Nippes

Der Aufgang in Nippes ist nicht wirklich ansprechend, man fühlt sich nicht gut aufgehoben. Der Bahnhof in Longerich in seiner Schäbigkeit setzt aber noch einen drauf. Dort gibt es nicht mal einen Fahrstuhl.

Irene Groo, Worringen

Es riecht am Worringer Bahnhof fürchterlich nach Urin. Man sieht zwar, dass geputzt wird, aber schnell ist es wieder eklig. Zigarettenstummel liegen überall, sogar direkt neben den Mülleimern.

Thomas Schneider, Nippes

Hier in Nippes ist eindeutig noch Platz für eine zweite Bank. Verbessern würde ich den Aufgang, der durchweg nach Urin stinkt und immer verdreckt ist – ihn heller gestalten, dass man auch alles einsehen kann.

Viktor Hoffmann, Longerich

Der Longericher Bahnhof ist veraltet und nichts Besonderes. Was hier fehlt, ist zumindest eine Rampe neben den Treppen, worauf man Koffer hochziehen kann. Barrierefrei ist die Station nicht.

Markus Weyhrauch, Nippes

Für die 7,80 Euro, die ich pro Fahrt zahle, ist es hier in Nippes ganz schön dreckig, und Sitzmöglichkeiten gibt es auch zu wenige. Es ist eine einfache Haltestelle, aber halbwegs zufriedenstellend für Köln. (esl)