Bei den „Begnadeten Körpern“ turnen wöchentlich 31 Männer aus drei Generationen zusammen – ohne Leistungsdruck. Auch liegt der soziale Aspekt im Fokus.
Männer-TurnvereinLongericher „Begnadete Körper“ fördern seit 40 Jahren Fitness und Gemeinschaft
Es ist jede Woche das gleiche, liebgewonnene Ritual – schon seit Jahrzehnten. Nach ein paar Aufwärm-Laufrunden durch die Turnhalle der Grundschulen an der Altonaer Straße geht es, angeleitet von Philipp Schwedes, zu Gymnastik und Bodenturnen auf die Matten. Als Nächstes kommen die Turngeräte wie Pferd, Reck, Seile oder Ringe an die Reihe.
Den Abschluss des zweistündigen Trainings bildet eine lockere Partie Hallenfußball. Auch die Älteren in der Runde, mitunter jenseits der 70 oder sogar der 80, halten gut mit. Zwischen den Übungen wird viel erzählt und gelacht. Und alle freuen sich auf das Abschluss-Kölsch in der Gaststätte „Zwergnase“, die praktischerweise direkt nebenan liegt.
„Wir haben schon lustige Erfahrungen gemacht, wenn jüngere Neumitglieder zu uns kommen“, erzählt Ingo Lamberty, ein Mitglied der Sportgruppe „Begnadete Körper“. „Die denken dann, aufgrund ihres Alters können sie die Übungen spielerisch meistern. Aber dann merken sie, wie schwer es ihnen fällt.“
Anstoß kam von Frau eines Gründungsmitglieds
Im Jahr 1984 hatte sich das Männer-Gymnastikteam gebildet – nachdem damals die Partnerin des heute 78-jährigen Gründungsmitglieds und langjährigen Vorsitzenden Reinhard Dahm befunden hatte, dass ihm ein wenig Sport doch mal ganz guttäte. Die Sache bekam Eigendynamik: Nach einer Rundfrage im Bekanntenkreis schlossen sich immer mehr Mitstreiter der Gruppe an, die sich einen Sportstudenten als Trainer suchte. Es traf sich dabei gut, dass Dahms Frau als Lehrerin an der katholischen Marienschule tätig war; somit war die Turnhallenfrage quasi geklärt.
„Ich hatte zuvor in ganz Köln nach einem Angebot speziell für Männer-Gymnastik gesucht“, erinnert sich Dahm. „Doch in der ganzen Stadt gab es nichts, außer an der Sporthochschule – und die war uns zu weit weg.“ Zu ihrem Namen kam die Gruppe kurz nach der Gründung, als der Zirkusmacher André Heller unter dem Titel „Begnadete Körper“ mit 60 chinesischen Akrobaten durch Europa tourte.
Mit einer großen Prise Selbstironie übernahm die Gruppe den Namen für sich. Seit kurzem ist Ernst-Willi Kaul Vorsitzender, mit Jans Schauerte als Vize. Schwedes hat die Übungsleitung von Meinolf Arnold übernommen, der die Truppe 30 Jahre lang trainiert hatte. Heute sind die Sportsfreunde Mitglied im DJK Köln-Nord – dies erleichtert die Hallenbuchung; zudem ist man so versichert und hat Zugang zu Fortbildungen.
Eine richtig bunte Truppe
Die 31-köpfige Gruppe der Aktiven hat, neben ihrer Altersspanne von 34 bis 86, Mitglieder aus sämtlichen Berufen – von Polizisten, Bestattern, Schornsteinfegern und Lehrern bis zu aktiven und früheren Fordlern. Es sind Mitglieder der katholischen und evangelischen Gemeinde vertreten, sowie von unterschiedlichen Parteien. „Wir schätzen sehr unseren Zusammenhalt über Partei-, Berufs- und Konfessions-Grenzen hinweg“, so Lamberty. „Gerne diskutieren wir mal über politische Themen, aber nie verletzend.“
Neben dem Training unternimmt die Gruppe mehrtägige Bus-Urlaube, Wander- oder Bootsreisen sowie Tagestouren. Und ein Nachwuchsproblem gibt es erfreulicherweise nicht. Nach wie vor gilt: Alles kann, aber nichts muss. „Wenn einer mal eine Übung nicht mitmachen will, ist das in Ordnung“, resümiert Dahm. „Was wir dagegen nicht so gerne sehen ist, wenn jemand die ‚dritte Halbzeit‘ im Zwergnase nicht mitmacht.“