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„Hier gilt das Gesetz der Straße“Wie ein Kölner den Straßen-Basketball populärer machen will

Lesezeit 5 Minuten
Vorne der Dunk-Versuch, hinten der Kölner Dom: Eine 3x3-Partei auf der Deutzer Werft.

Vorne der Dunk-Versuch, hinten der Kölner Dom: Eine 3x3-Partei auf der Deutzer Werft.

Paul Hörschler hat vor drei Jahren seine eigene Basketball-Turniermarke entwickelt. Der Erfolg hat ihn überrascht.

Noch verdient Paul Hörschler sein Geld mit der Programmierung von Webseiten für einen Onlineshop. Aber seine Liebe gehört dem Basketball. Genauer gesagt: dem 3x3-Basketball. Also der Straßenvariante des Sports, bei der es physischer, urbaner, ein bisschen cooler zugeht als beim klassischen Hallen-Basketball. Irgendwann will der 26 Jahre alte Kölner vom 3x3-Basketball leben. Aber nicht als Spieler, sondern als Organisator.

Mit den Kumpels an den Streetball-Körben an der Deutzer Brücke wird die Leidenschaft schnell sichtbar. Die ersten Würfe landen noch im Nirwana, aber nach und nach steigt die Trefferquote. Das Spiel der fünf jungen Männer und einer jungen Frau wird von Spielzug zu Spielzug ein bisschen ernster: verbissene Verteidigung, ambitionierte Würfe. Und Freudengeheul bei schönen Treffern.

Eigentlich ist diese Gruppe ein Organisations-Team, aber alle waren mal aktive Basketballer. Paul Hörschler hat sie zusammengetrommelt, nachdem er vor drei Jahren die Turniermarke „I called game“ entwickelt hatte. Der Arbeitsaufwand, aber auch der Erfolg haben ihn überrascht. „Das ist mir am Anfang fast um die Ohren geflogen“, sagt er. Die Freunde mussten helfen, auch der Kölner Basketballverein Deutzer TV ist als Kooperationspartner involviert.

1000 Euro Prämie für Turniersieg

In diesem Jahr wurden bereits drei Turniere ausgerichtet. Eines für Nachwuchsspieler, eines in der Straßenkickerbase von Lukas Podolski in Köln-Mülheim und das Hauptevent auf dem Neptunplatz. Dort werden Wettbewerbe in den Kategorien Damen, Herren und Rollstuhlbasketball ausgetragen, für die Sieger gibt es jeweils 1000 Euro Prämie.

Organisator Paul Hörschler.

Organisator Paul Hörschler.

„Es ist so toll, den Leuten 3x3-Basketball vor die Haustür zu bringen“, sagt Hörschler über sein Event auf dem Neptunplatz. Und die Menschen seien begeistert, Zuschauer wie Sportlerinnen und Sportler. „Der Bedarf ist da“, betont der Organisator.

Körperlicher als in der Halle

Beim Nachwuchsturnier hätten sich die Zahlen in diesem Jahr verdoppelt und auch die Top-Teams seien dankbar für Turniermöglichkeiten, denn viele Gelegenheiten gibt es in Deutschland bislang nicht – abgesehen von der ING 3x3-Tour und der NRW 3x3-Tour, die mehr auf Hobbyspieler und den Nachwuchs ausgerichtet ist.

Beim 3x3-Basketball spielen je drei Spieler pro Team auf dem Feld, es geht körperlicher zu als in der Halle. Es braucht weniger lange Sprints, da nur auf einen Korb gespielt wird, dafür mehr Tacklings. „Hier gilt das Gesetz der Straße“, sagt Hörschler und lacht. Er ist lang, aber schlaksig, nicht die beste Voraussetzung im Nahkampf. Aber Würfe von draußen sind im 3x3-Basketball ohnehin eine besonders gute Sache, da sie zwei Punkte zählen. Der einfache Korb bringt nur einen Punkt. Der „Dreier“ (so viele Punkte gibt’s in der Halle) ist also doppelt so viel wert wie der normale Treffer, für den es in der Halle zwei Punkte gibt.

Basketball ist immer auch Show

Einen anderen Unterschied beschreibt Sitav, die einzige Frau in Hörschlers Organisationsteam. Sie ist deutlich kleiner als die Männer und dadurch im Nachteil, genießt das gemeinsame Spiel aber trotzdem: „Du bekommst öfter den Ball als in der Halle“, sagt sie: „Beim 3x3 kannst du alles zeigen, was du draufhast.“ Basketball ist eben immer auch Show, besonders auf der Straße.

Die Spieler und Spielerinnen an der Deutzer Werft.

Die Spieler und Spielerinnen an der Deutzer Werft.

Und dort liegen die Ursprünge dieser Sportart, auch wenn sie in den nächsten Tagen ins Licht der Weltöffentlichkeit rücken wird. Auf dem Place de la Concorde in Paris werden zum zweiten Mal nach 2021 in Tokio olympische 3x3-Wettbewerbe ausgetragen. Anders als bei den Corona-Spielen vor drei Jahren diesmal mit Zuschauern, mitten in der Stadt, vor einem Publikum, das sich schon in den ersten Tagen dieser Sommerspiele als überaus enthusiastisch erwiesen hat. Spektakel ist vorprogrammiert.

Hörschler und sein Orga-Team werden den Fernseher einschalten, sie freuen sich riesig drauf, haben schon in der Qualifikation mitgezittert mit dem deutschen Frauen-Team, das sich zum ersten Mal für Olympia qualifiziert hat. Los geht es direkt am Dienstag (17.30 Uhr) mit einer Partie gegen die USA, dem Olympiasieger der Spiele von Tokio. Deutsche 3x3-Männer sind in Paris nicht dabei.

Turniermarke „I called Game“ erschließt sich nicht sofort

Der Name, den Hörschler für seine Turniermarke erdacht hat, erschließt sich dem Laien nicht sofort: „I called Game“ beschreibt eine Situation aus diesem Spiel, in dem viel Selbstbewusstsein – wie so oft im Sport – nicht schadet. „Game“ rufe ein Spieler, wenn er am Ende einer Partie zum entscheidenden Wurf ansetzt, erzählt Hörschler. Im 3x3 also zum 21. Punkt oder zum Ende der zehn Minuten Spielzeit. Der Ruf soll signalisieren: Ich entscheide dieses Spiel jetzt für mein Team. Im Optimalfall geht der Ball rein und wird zum „Buzzerbeater“, einem Siegtreffer mit Schlusspfiff.

Ein Basketball-Match an der Deutzer Werft.

Ein Basketball-Match an der Deutzer Werft.

Ein solcher hat die deutschen 3x3-Frauen nach Paris gebracht. Beim Qualifikationsturnier im Mai im ungarischen Debrecen gelang Svenja Brunckhorst der entscheidende Treffer im Halbfinale gegen die Gastgeberinnen in letzter Sekunde. Die 32-Jährige war auch Kapitänin der Fünf-gegen-Fünf-Nationalmannschaft, die sich ebenfalls zum ersten Mal für Olympische Spiele qualifiziert hat.

Brunckhorst musste sich für Paris auf Ansage des deutschen Verbandes aber für eine der beiden Sportarten entscheiden. Sie startet nun im 3x3-Basketball, das sie 2019 für sich entdeckte und über das sie dem NDR sagte: „Es war auf einmal alles wieder neu und aufregend. Das Spiel hat Spaß gemacht und es war an coolen Locations. Es war draußen, es war mit Musik. Es war einfach alles anders.“

All das begeistert auch Paul Hörschler an diesem Sport, dem er sich verschrieben hat und den er in Köln noch populärer machen will. Dafür geht er in diesem Jahr mit seinem Organisations-Team in Serbien in die Lehre. „DEM 3x3-Land“, wie er sagt. Bei den Olympischen Spielen in Tokio gewannen die serbischen Männer Bronze hinter Lettland und der russischen Auswahl.

Ein Erasmus-Stipendium macht die Reise der Kölner nach Serbien möglich, sie treffen sich dort mit dem Team eines erfahrenen Turnier-Veranstalters. „Das ist wundervoll, wir können da sehr viel lernen“, sagt Hörschler. „Wir wollen uns genau angucken, wie die das machen, um unsere Kinderkrankheiten abzustellen.“ Und im kommenden Jahr dann schon fünf 3x3-Events in Köln zu veranstalten.