Der Botanische Garten in Köln hat seit kurzem eine neue Leitung. Marina Tsaliki kommt von weit her.
Botanischer Garten KölnWarum die neue Chefin aus der Wüste kommt
Aus der exotischen Wüste nach Köln-Riehl. Statt sagenhaft reicher Scheichs nun die oft klamme Stadtverwaltung. Und heute wieder mal Regen. Diese kurze Zusammenfassung eines Werdegangs klingt zunächst einmal etwas ernüchternd. Doch Marina Tsaliki ist sehr glücklich mit diesem Wechsel. Die neue Leiterin des Botanischen Gartens geht in einem robusten Regenmantel durch das Gartengelände und sagt lächelnd: „In der Wüste ist es sehr heiß, das ist auch nicht immer angenehm.“
Schaugewächshäuser sind neue Attraktion in Köln
Die 45-Jährige arbeitet seit eineinhalb Jahren im Botanischen Garten, seit dem 1. November leitet sie die 1864 eröffnete Anlage und hat damit auch das große Projekt der Schaugewächshäuser mit übernommen. Die Botanikerin überwacht die Bepflanzung und die Justierung der hochmodernen Klimatechnik, damit die exotischen Pflanzen wie Palmen, Kakteen und Kaffeesträucher hier überleben können.
Mit Gewächshäusern hat sie Erfahrung. Die Tochter eines griechischen Diplomaten, die in vielen Ländern der Welt aufgewachsen ist, arbeitete von 2011 bis 2017 im Sultanat Oman. In der Nähe der Hauptstadt Maskat entsteht für 175 Millionen Dollar eine riesige Gewächshausanlage, die zu einer Touristenattraktion werden soll. Sie wird alle Vegetationsregionen des Wüstenstaates mit ihren einheimischen Pflanzen präsentieren. Und Marina Tsaliki half hier mit ihrer Expertise. Finanziert wird der Oman Botanic Garden vom Sultan. Dagegen sind die „nur“ 19 Millionen teuren Kölner Schaugewächshäuser natürlich winzig, aber das Prinzip ist dasselbe.
Als Botanikerin im Dienst des Scheichs
Als ihr Vertrag endete, ging Marina Tsaliki in die Vereinigten Arabischen Emirate und arbeitete dort bis 2022 ebenfalls im Auftrag des regierenden Scheichs als Ethnobotanikerin in einem der extremsten Klimas der Welt. In akribischer Kleinarbeit suchte sie in Ras Al Khaimah, einem der sieben Emirate, nach einheimischen Pflanzen und katalogisierte sie, um ihren Bestand für die Zukunft zu sichern. „Das war echte Feldarbeit“, erzählt sie. Es ging durch Wüsten, Dünenlandschaften, Gebirge und Flusstäler. Da habe man abends schonmal am Feuer im Zeltlager gesessen. Und wie war die Arbeit für eine Frau in den arabischen Ländern? „Der Umgang war sehr respektvoll. Die Emirate sind ausländischen Wissenschaftlern gegenüber sehr offen.“
Doch irgendwann war ihre Sammlerarbeit dann abgeschlossen. Bis dahin habe sie sich immer „treiben lassen“, sagt Marina Tsaliki. Aber irgendwie verspürte sie nun das Bedürfnis, wieder in Europa zu leben. Und entdeckte die Stellenausschreibung für die Leitung des Botanischen Gartens in Köln. Es war wie eine Fügung: „Köln habe ich schon immer geliebt.“ Nach ihrer Promotion in Bremen hatte sie aus persönlichen Gründen zwei Jahre hier gelebt. „Mit seinem liebevollen Chaos erinnert mich die Stadt an Athen, wo wir als Familie früher immer wieder Station gemacht haben.“ Sie engagierte sich in ihrer Kölner Zeit im Naturschutzbund Nabu und lernte bei einem Projekt auch den langjährigen Leiter des Botanischen Gartens Stephan Anhalt kennen. Und natürlich auch den Garten selbst.
„Das wäre ja ein Traum, wenn ich hier mal arbeiten könnte“, habe sie damals gedacht. Und der Traum wurde wahr. Der Garten habe eine wunderbare Geschichte und man sähe, wie viel Liebe und Aufopferung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seine Pflege und Gestaltung steckten. „Es gibt für jeden etwas: pompöse Ecken, aber auch wunderbare kleine und ganz stille Winkel.“ Es gibt eine Palmen-Allee und ein Gemüsebeet mit kölschen Bezeichnungen. Da wachsen Oellig (Zwiebel), Poppeköchekäppesche (Rosenkohl) und Suurampel (Sauerampfer).
„Ich habe einen wunderbaren, funktionierenden Garten übernommen, der sehr gut angenommen wird.“ Dabei habe es in der Vergangenheit ja durchaus Hochs und Tiefs gegeben. Zu Anfang der 2000er Jahre waren Flora und Botanischer Garten sogar in ihrer Existenz bedroht. Die Stadt wollte aus Spargründen die Gewächshäuser abbrechen, das Gelände teilweise mit Wohnungen bebauen oder dem Zoo zuschlagen. Doch nun geht es stattdessen nach vorne mit den neuen Schaugewächshäusern, die schon jetzt nicht nur in Deutschland für Aufmerksamkeit sorgen.
Kakao und Mango sollen Kölner Schülern die Pflanzenwelt näher bringen
Marina Tsaliki ist Mutter zweier Grundschulkinder. Nicht nur deshalb ist es ihr ein Anliegen, Kindern und Jugendlichen die Pflanzen und ihre Bedeutung näherzubringen. Der Kakao, die Mangos, die Ananas und all die anderen Früchte, die in den Gewächshäusern bestens gedeihen, werden da gute Anknüpfungspunkte sein. In der bewährten „Grünen Schule“ des Gartens sind schon jetzt täglich Schülerinnen und Schüler zu Gast, das findet sie wunderbar.
Die Gewächshäuser sollen, wenn alles nach Plan läuft, in der zweiten Hälfte 2024 eröffnet werden. Bis dahin müssen die Pflanzen anwachsen und die Klimatechnik justiert werden. Wie bei der riesigen Schwester im Sultanat Oman. Doch die Anlage in der Wüste ist noch lange nicht fertig. Für Ende 2023 war eine Teileröffnung angekündigt, doch dann versiegten die Nachrichten. Köln liegt also derzeit vorn. Marina Tsaliki geht in ihrem Regenmantel durch die gepflegten Anlagen und fühlt sich mit dieser Umgebung ganz eins.